Fiebig fordert Preis-Disziplin Immer mehr können sich keinen Urlaub mehr leisten

Fiebig fordert Preis-Disziplin Immer mehr können sich keinen Urlaub mehr leisten

  Wer Verbandsarbeit macht an vorderster Front, kennt das leicht schizophrene Gefühl: auf der einen Seite erfordert Lobbyismus, das Jammern über die Zustände zu perfektionieren. Denn only bad news are good news, um in die Medien zu kommen.
21 Minuten

Beschreibung

vor 2 Jahren

 
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Wer Verbandsarbeit macht an vorderster Front, kennt das leicht
schizophrene Gefühl: auf der einen Seite erfordert Lobbyismus,
das Jammern über die Zustände zu perfektionieren. Denn only bad
news are good news, um in die Medien zu kommen. Auf der anderen
Seite dürsten die eigenen Mitglieder nach Seelen-Massage, dass
sie doch einen hervorragenden Job machen – weswegen die Branche
auch so erfolgreich sei.


So musste auch Norbert Fiebig auf dem Hauptstadt-Kongress des DRV
lavieren zwischen Erfolgsmeldungen (Rekord-Ergebnis beim Umsatz,
Beweis der Krisen-Kompetenz vor allem zugunsten der
Pauschalreisenden) und Kassandra Rufen beim Blick in die Zukunft.


Es ist nicht leicht mit Prognosen. Ja, es scheint so, als sei die
Reiselust der Deutschen grenzenlos und nicht kaputt zu bekommen.
Aber zur Wahrheit gehört auch, dass sich immer mehr Deutsche den
Urlaub nicht mehr leisten können. 16 Prozent Rückgang bei den
Pax-Zahlen; das ist schon dramatisch. Hat die Demokratisierung
des Urlaubs ein Ende gefunden? Die Situation, dass die Industrie
es ermöglicht hat jahrzehntelang, dass durch gute
Preis-Verhandlungen nahezu jeder sich Reisen erlauben konnte?


Unabhängig vom erstaunlich hohen Nachholbedarf nach Urlaub in
diesem Sommer, der so gute Umsatz-Zahlen generierte, aber
eingedenk der Tatsache, dass viele Familien derzeit mit einem
monatlichen Kaufkraft-Verlust von bis zu 500€ konfrontiert sind,
wäre es leichtsinnig, auf ein „weiter-so“ zu vertrauen, dass die
Reisebranche auch künftig nur einen Weg kennt: Jahr für Jahr neue
Rekorde.


70 Prozent der Deutschen haben sich angeblich einer Umfrage
zufolge vom Mantra verabschiedet, dass – egal, was auf der Welt
passiert – Deutschland am Ende gestärkt daraus hervor geht. Und
weitere statistische Zahlen untermauern diesen Pessimismus: schon
bald werden jedes Jahr doppelt so viele ältere Menschen aus dem
Arbeitsleben ausscheiden, wie junge in den Berufsstand eintreten.
Kurzfristig mag das noch schön sein für die Reisebranche. Denn
die fidelen Alten aus der Babyboomer Zeit haben dann viel Zeit
(und Geld) für Urlaub. Aber irgendeiner muss es bezahlen. Vor
allem vor dem Hintergrund, dass unsere Lebenserwartung (und damit
auch Rentenzeit) jeden Tag um rund sechs Stunden anwächst…


Bereits heute sollen 2,4 Millionen Deutsche zwischen 18 und 34
keinen Berufsabschluss haben; Hunderttausende unter 25jährige
beziehen Bürgergeld. Das sind alarmierende Zahlen für eine
Branche, die schließlich nichts Werterhaltenes produziert,
sondern nur wenig nachhaltige Träume verkauft, die man sich, wenn
man kann, on-top vielleicht leisten möchte…


 


Bewegte Zeiten also. Und nach wie vor leidet die touristische
Industrie darunter, dass sie trotz aller warmen Grussworte auf
Tagungen wie dieser von der Politik nicht so recht ernstgenommen
wird. In Deutschland wird grosszügigst Standort Politik gemacht
mit Milliarden Subventionen, die sich nie auszahlen werden. Aber
die Touristik sieht sich stattdessen eher permanent in einer
Abwehr-Situation, wohlfeilen Verbraucher-Schutz (der von der
Politik gerne unterstützt wird, weil er den Staat nix kostet) auf
Machbarkeit zu hinterfragen.


Kann es nur dazu kommen, weil die Branche angeblich aus
Politiker-Sicht nicht Kampagnenfähig sei, da so kleinteilig durch
Partikular-Interessen gelähmt und kakophonisch auftretend? Würde
man mehr erreichen mit nur einer kraftvollen Stimme eines neuen
„Super-Verbandes“, die für alle spricht? Ein solcher Vorschlag
wurde in den Tagen vor dem DRV Hauptstadt-Kongress von der
VUSR-Vorsitzenden Marija Linnhoff lanciert. Hört sich
oberflächlich betrachtet charmant an; eine solche Alleinstellung
in der Positionierung zu allen Herausforderungen der Branche ist
aber schlicht undenkbar. Dafür ist die Touristik zu komplex und
die Interessenslagen der Player zu uneins. 


Da müssen viele unterschiedliche Bretter gebohrt werden. Welche?
Darüber unterhalte ich mich im Reiseradio-Podcast mit DRV
Präsident Norbert Fiebig.


Um den Podcast zu hören, bitte auf den PLAY Button oben klicken.


 


 




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