Patent Panel #2 - Weihnachts-Special: (Champagner)Glasflasche (offenkundige Vorbenutzung)

Patent Panel #2 - Weihnachts-Special: (Champagner)Glasflasche (offenkundige Vorbenutzung)

Diskussion basierend auf der Entscheidung T 301/94 über die offenkundige Vorbenutzung eine Glasflasche für Champagner
30 Minuten

Beschreibung

vor 2 Tagen
In dieser Folge diskutieren Lukas Fleischer, Michael Stadler, Gerd
Hübscher und Fabian Haiböck die Entscheidung T 301/94 einer
Beschwerdekammer des Europäischen Patentamts aus den 1990er-Jahren.
Passend zur Weihnachtszeit befasst sich die Entscheidung mit einem
festlichen technischen Gegenstand: dem Glas von Champagnerflaschen.
Im Zentrum steht die Frage der offenkundigen Vorbenutzung und die
Anforderungen an deren Nachweis, insbesondere bei chemischen
Zusammensetzungen von bereits vor dem Prioritätstag ausgelieferten
Produkten. Die Entscheidung behandelt grundlegende Aspekte des
Einspruchsverfahrens, darunter den Beweismaßstab bei Vorbenutzung,
die Rolle externer Beweismittel sowie die rechtliche Einordnung
sogenannter „versteckter Merkmale“. Erfindung Die Erfindung
betrifft ein spezielles Flaschenglas, vorgesehen für Champagner-
bzw. allgemeiner für Schaumweinflaschen. Das Glas weist eine
definierte chemische Zusammensetzung auf, die optische
Eigenschaften bedingen: Das Glas lässt Licht im grünen
Wellenlängenbereich durch und absorbiert gleichzeitig mehr als 95 %
des ultravioletten Lichts bei einer Glasdicke von etwa fünf
Millimetern. Ziel ist der Schutz des Flascheninhalts vor
UV-Strahlung, da diese die Qualität des Champagners beeinträchtigen
kann. Die beanspruchte Zusammensetzung umfasst unter anderem
Siliziumdioxid sowie definierte (sehr geringe) Mengen an Sulfiden.
Einspruchsverfahren Das Patent wurde angegriffen, wobei sich der
Einspruch im Wesentlichen auf eine behauptete offenkundige
Vorbenutzung stützte. Der Einsprechende, ein französischer
Glashersteller, machte geltend, bereits vor dem Prioritätstag eine
große Anzahl von Flaschen mit identischer Zusammensetzung an einen
Winzer geliefert zu haben, der diese Glasflaschen nachfolgend mit
Champagner befüllte. Der Patentinhaber bestritt einerseits die
Zulässigkeit des Einspruchs und machte andererseits geltend, dass
die offenkundige Vorbenutzung nicht ausreichend nachgewiesen worden
war, insbesondere rügte er die verspätete Vorlage von
Beweismitteln. Offenkundige Vorbenutzung und „versteckte Merkmale“
Zentrale Frage war, ob die Lieferung der Flaschen an einen
einzelnen Winzer eine offenkundige Vorbenutzung darstellt und ob
sämtliche Merkmale – einschließlich der chemischen Zusammensetzung
des Glases der gelieferten Flaschen – dadurch zum Stand der Technik
wurden. Die Beschwerdekammer bestätigte die Entscheidung der
Einspruchsabteilung, dass die vorbehaltlose Übergabe an ein
einziges Mitglied der Öffentlichkeit ausreicht, sofern keine
Geheimhaltungsvereinbarung besteht. Der Einsprechende konnte eine
geschlossene Beweiskette vorlegen, bestehend aus Bestellungen,
Lieferscheinen, Rechnungen sowie eidesstattlichen Erklärungen
/"Ehrenerklärungen") des belieferten Winzers. Zudem wurden
eingelagerte Flaschen sichergestellt und unabhängig analysiert. Die
Untersuchungen bestätigten, dass die Flaschen aus einem die
beanspruchte Zusammensetzung aufwiesen. Das Argument des
Patentinhabers, es handle sich um „versteckte Merkmale“, die ein
Fachmann nicht analysiert hätte, ließ die Kammer nicht gelten.
Maßgeblich sei allein, dass die Merkmale objektiv vorhanden und der
Gegenstand öffentlich zugänglich gewesen sei. Ergebnis Die
Beschwerdekammer bestätigte die offenkundige Vorbenutzung und damit
den Widerruf des Streitpatents. Weiters wies sie einen Antrag auf
Vorlage an die Große Beschwerdekammer zurück, da die aufgeworfenen
Rechtsfragen bereits geklärt waren. Zusammenfassung Die
Entscheidung T 301/94 stellt ein anschauliches Beispiel aus der
Praxis dar, das zeigt, dass an den Nachweis einer offenkundigen
Vorbenutzung zwar hohe Anforderungen gestellt werden, bei
sorgfältiger Beweisführung ein solcher Angriff jedoch durchaus
erfolgreich sein kann. Das ip courses Podcast Team wünscht frohe
Weihnachten und ein besinnliches Fest!

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