Katrin Crameri, BAG: "Wir wollen weg von digitalen Silolösungen"
26 Minuten
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Beschreibung
vor 3 Wochen
Digitalisierung im Gesundheitswesen – mit Katrin Crameri
(Fachleiterin DigiSanté, Co-Abteilungsleiterin Digitale
Transformation beim BAG)
EPD, E-Rezept, Praxisinformationssysteme: Wo es heute hakt – und
wie es besser wird. Lukas Golder und Jenny Roberts sprechen mit
Katrin Crameri über den Gesundheitsdatenraum: welche Basisdienste
der Bund aufbaut, welche Standard- und Interoperabilitätsvorgaben
kommen und warum mittelfristig auch gesetzliche Verbindlichkeit
nötig ist – sie schafft Investitionssicherheit für
Softwareanbieter und entlastet Fachpersonen. Konkrete
Anwendungsfälle (E-Rezept, Medikationsplan,
Spitalaustrittsbericht) zeigen, wie weniger Doppelerfassung und
weniger Medienbrüche zu mehr Patientensicherheit führen.
Im Podcast erwähnte Studien:
Swiss eHealth Barometer 2025
Transkript zur Episode
00:00:12 Lukas Ja Jenny, heute haben wir ein Thema, bei dem ich,
eigentlich seitdem ich mich darum kümmere, auch bei gfs.bern,
viel Hoffnung drin habe. Aber manchmal ist es fast ein bisschen
hoffnungslos. Das Thema ist Digitalisierung im Gesundheitswesen.
Meine Hoffnung zum Beispiel ins EPD hat sich ein bisschen
zerschlagen. Ich bin schon beim Onboarding-Prozess irgendwie
nicht mehr weitergekommen. Da hat's mich immer rausgeschmissen in
diesem Prozess. Ich habe nicht einmal ein EPD. Ich habe das
Gefühl, die Schweiz ist hinten drin, wir kommen nicht vorwärts.
00:00:37 Jenny Also ich würde fast erwarten heutzutage, dass das
meiste digital läuft im Gesundheitswesen. Vielleicht liegt das
auch an meiner Generation. Aber ich kriege tatsächlich nicht so
wahnsinnig viel davon mit. Also ich habe das Gefühl, es gibt
schon noch viele Bereiche, wo man da Luft nach oben hat. Und ich
kenne jetzt eher wenig Beispiele von Sachen im Gesundheitswesen,
die schon rein digital ablaufen.
00:01:00 Lukas Ich glaube, dieser Eindruck von dir täuscht nicht.
Wir haben aber jetzt eine Person, die geeignet ist, um das Thema
nochmal ganz neu aufzurollen, um das Thema nochmal neu anzupacken
und zu diskutieren. Das ist Kathrin Crameri. Sie ist die
Fachleiterin von DigiSanté und Co-Abteilungsleiterin digitale
Transformation beim Bundesamt für Gesundheit. Herzlich
willkommen. Und wieso ausgerechnet die Digitalisierung in diesem
Schweizer Gesundheitswesen, das so kompliziert funktioniert?
00:01:27 Katrin Also der digitale Wandel, der vollzieht sich
heute ja schon in allen unseren Lebensbereichen. Und die Frage
ist doch eigentlich nur, inwiefern wollen wir ihn aktiv
mitgestalten und ausrichten? Also ausrichten so, dass er
einerseits mit den Werten und Prinzipien unserer Gesellschaft
vereinbar ist und andererseits aber auch so, dass die
entstehenden digitalen Lösungen unseren Bedürfnissen, unseren
Erwartungen auch tatsächlich entsprechen und für uns als
hilfreich wahrgenommen werden. Im Gesundheitswesen ist das so,
dass ja hauptsächlich die Patientinnen und Patienten oder
Bürgerinnen und Bürger von diesem digitalen Wandel profitieren
sollen. Vor allem mit Blick auf eine noch bessere
Gesundheitsversorgung oder noch bessere Prävention. Aber auch zum
Beispiel mit Blick auf eine höhere Patientensicherheit.
Gleichzeitig sollen ja aber auch unsere Gesundheitsfachpersonen
und andere Akteure, die im Feld aktiv sind, durch die
Effizienzsteigerung, die wir durch Digitalisierung ins System
bringen, profitieren. Ihre Arbeit soll erleichtert werden. Wir
wollen, dass sie wieder Zeit haben, sich um die Patientinnen und
Patienten zu kümmern und nicht so viel Computerarbeit leisten
müssen, nicht so viel administrativen Overhead haben, weil die
Computer ihnen die Arbeit abnehmen, wenn wir das sauber
digitalisiert haben.
00:02:43 Lukas Jetzt ist die Schweiz ein bisschen im Hintertreff,
oder?
00:02:44 Jenny Ja, also eben, du sprichst es ja schon an, aber
Digitalisierung, das passiert sowieso in den Schweizern. Wir
wissen, wie du auch sagst, Lukas, aus den Daten vom
eHealth-Barometer, die Bevölkerung ist sehr offen für
Digitalisierung, auch im Gesundheitswesen, aber aktuell hat nur
so ein Viertel das Gefühl, dass wir da schon weit vorgeschritten
sind. Hast du auch den Eindruck?
00:03:03 Katrin Ja, ich habe leider auch den Eindruck, das ist
sicher so, dass die Schweiz in vielen Bereichen schon sehr gut
digitalisiert ist. Also wir haben etliche wirklich gute, wirksame
digitale Lösungen am Start. Man denkt natürlich auch an die
heutigen Technologien im Spital oder wie wir behandelt werden.
Das ist ja alles digital, diese Roboter, die es dort gibt und die
Medizinsysteme. Aber es ist tatsächlich so, dass diese digitalen
Lösungen, die bestehen, ganz schlecht miteinander vernetzt sind.
Und deswegen figurieren wir auch auf den untersten Ranglisten
dieser E-Health oder Readiness-Indizes, weil eben diese fehlende
Vernetzung wirklich das Problem ist, dass der Mehrwert der
Digitalisierung auch bei den Leuten ankommt. Bei den Patienten
natürlich auch am Ende der Kette, aber vor allem auch bei den
Gesundheitsfachpersonen, die das eher als mühsam und aufwendig
empfinden. Wir sprechen da von Silo-Lösungen. Also Silo-Lösungen
sind Lösungen, die in einem bestimmten Setting sehr gut
funktionieren, aber sobald man über das Setting rausgeht,
funktionieren sie schon wieder nicht mehr. Ein Beispiel wäre, ich
kriege ein elektronisches Rezept auf mein Smartphone geschickt
und es gibt aber jetzt nur ganz spezielle, ganz spezifische
Apotheken, wo ich das einlösen kann. Wenn ich nicht neben so
einer Apotheke wohne, ist der Mehrwert von so einem
elektronischen Rezept für mich nicht vorhanden. Anderes Beispiel
ist, dass diese Praxisinformationssysteme, also die IT-Systeme,
die die Patientendaten managen in den Praxen oder auch in den
Kliniken, dass diese Informationssysteme nicht fähig sind,
Informationen untereinander auszutauschen. Das heisst, die passen
nicht zusammen. Das heisst, es ist immer bei zum Beispiel einer
Überweisung von meiner Hausärztin, die mich ins Spital überweist,
muss immer händisch dazu getan werden, eine E-Mail zu öffnen,
dort Dokumente anzuhängen, PDFs anzuhängen, das dann zu schicken.
Und die andere Person, die es empfängt, die macht diese PDFs auf
und tippt daraus die Informationen in ihr Informationssystem ab.
Redundant, ineffizient und wir sind im 2025 und eigentlich
könnten wir das viel besser. Also diese Vernetzung dieser Systeme
hinzukriegen, dass sie miteinander kommunizieren und das
automatisiert werden kann. Das ist das Stichwort, oder? Dass
Computer die Arbeit abnehmen, die die Menschen im Moment noch
machen.
00:05:19 Lukas Von Software zu Software interagieren und jetzt
kommt der grosse Hammer, jetzt haben wir 390 Millionen Franken
für DigiSanté. Ein Programm, das sehr viel vereinen will und
genau in diesem Kern bei diesem Problem anpacken will. Was
passiert jetzt mit diesem Programm?
00:05:37 Katrin Also, die DigiSanté hat diesen
Verpflichtungskredit bekommen, oder? 390 Millionen Franken. Das
ist wie zusätzliches Geld, was der Bund jetzt investiert in ein
Programm, was die Schaffung eines digitalen, effizienten,
patientenorientierten, vernetzten Gesundheitswesens nach vorne
bringen soll oder. Da Schwung reinbringen soll. Einerseits haben
wir die Aufgabe jetzt dort auch Dinge zu entwickeln, neu zu
entwickeln, wie zum Beispiel... digitale Lösungen, die wir in der
Bundesverwaltung im Einsatz haben oder wo die Leute draussen
Daten reinliefern müssen, die bei uns ankommen müssen. Dort muss
harmonisiert werden. Wir wollen das Leben auch für die Personen,
die beim BAG Daten eingeben müssen, aufgrund von irgendeiner
gesetzlichen Grundlage erleichtern. Und diese Harmonisierung,
also diese Anforderungen an, wie können wir in irgendeiner Form
so normieren, dass wir zu einem effizienteren Arbeiten kommen.
Genau diese Anforderungen wollen wir natürlich auch für das
gesamte Gesundheitswesen formulieren. Und das machen wir nicht
alleine. Wir haben dazu einerseits andere Vertreter der
Bundesverwaltung mit an Bord bei DigiSanté. DigiSanté steht in
der Verantwortung des Eidgenössischen Departments des Inneren.
Aber wir haben in Ausführung, macht das nicht nur das BRG,
sondern auch das BFS, das Bundesamt für Statistik. Wir haben das
Bundesamt für Informatik und Telekommunikation, BIT an Bord. Wir
haben die Eidgenössische Finanzverwaltung an Bord, die
Bundeskanzlei. Also wir sitzen da alle zusammen, inklusive der
Kantone. Und wichtigerweise haben wir entschieden, dass wir die
Branche, also die Branchenvertreter der Gesundheitsorganisationen
da draussen, ganz eng in dieses Programm mit einbinden. Wir haben
45 Vertreter in diesem Gremium jetzt vertreten und wir arbeiten
gemeinsam mit denen. Wir können das als Bundesverwaltung
natürlich nicht alleine stemmen. Wir gehen jetzt in Vorleistung.
Die Grundinvestition ist jetzt mal gegeben mit diesen 390
Millionen. Aber wir sind natürlich darauf angewiesen, dass das,
was wir jetzt da bauen mit DigiSanté, dass das skaliert, dass das
in der Branche tatsächlich aufgenommen wird, dass wir alle
zusammen in die gleiche Richtung gehen. Dass die Jenny natürlich
nachher nicht mehr das Gefühl hat, dass da einzelne Lösungen
sind, aber irgendwie geht sich das nicht aus. Da ist keine
Vernetzung da, sondern ich muss hier das machen und dort was
anderes machen. Und ich frage mich, warum können die Systeme
nicht untereinander kommunizieren, dass ich das nicht zweimal
machen muss.
00:07:59 Lukas Jetzt haben wir oft den Eindruck gehabt, wenn man
so über DigiSanté diskutiert hat, wo es halt recht auch um
abstrakte Sachen geht. Ja, jetzt haben wir eHealth, jetzt haben
wir die Diskussion um das EPD, das Patientendossier, das irgendwo
im Moment im Parlament steckt. Wir hatten eine Diskussion über
Fax, wo man irgendwie Grippenmeldungen plötzlich auch Covid
müssen wir... Es hat sehr viele Diskussionen gegeben. Wo gliedert
sich das an? Manchmal hatte ich das Gefühl, das ist wie eine
Architektur, die man jetzt noch drüber legt und darunter ist die
Diskussion noch gar nicht fertig.
00:08:31 Katrin Genau. Also E-Health oder wenn wir uns um das EPD
kümmern oder auch um andere Beispiele sind E-Health zum Beispiel
die Telemedizin, also die Ferndiagnose über Video und so weiter.
Das sind alles digitale Abbildungen der heute bestehenden
Gesundheitsprozesse oder der Prozesse im Gesundheitswesen. Das
heisst digitale Unterstützungen der Prozesse, die es ohnehin
schon gibt. Die digitale Transformation hingegen, die liegt nicht
oben drüber. Wir setzen das Fundament jetzt sozusagen. Also der
Grund, warum es so viele heterogene Silo-Lösungen gibt, ist, dass
bis jetzt niemand Vorgaben gemacht hat. Jeder konnte so ein
bisschen machen, was er wollte. Hat auch, wie gesagt, tolle
Geschäftsmodelle, die da zutage kamen und die auch funktionieren,
aber eben nicht im Zusammenspiel funktionieren. Und was wir mit
der digitalen Transformation, mit DigiSanté jetzt vorhaben, ist,
das Grundgerüst so auszustatten, dass mal alle auf diesem
Fundament aufbauen können. Das heisst, wir werden im Rahmen von
dem grossen Projekt im Gesundheitsdatenraum in DigiSanté Services
bauen. Der Bund stellt sich in die Verantwortung, Services zu
bauen, Infrastrukturkomponenten zur Verfügung zu stellen und zwar
für alle. Das heisst, alle können die nutzen, nicht jeder muss
das Rad nochmal erfinden. Wir nehmen da auch ganz viel Redundanz
aus dem System, indem der Bund sagt, wir stellen das einmal für
alle zur Verfügung und alle können sich da andocken. Gleichzeitig
geht dieses Andocken nur, wenn wir Standardvorgaben machen oder
wenn wir sagen, das ist der Stecker, also... Wenn man das jetzt
mit so einem Ladekabel vergleicht, das muss alles USB-C sein. Ihr
könnt da nicht mit 24 verschiedenen Adaptern kommen oder Steckern
kommen, sonst funktioniert das nicht mit euren Systemen,
aufbauend auf diesem Grundgerüst, sondern es muss sich ausgehen.
Wir werden Standardvorgaben machen, Interoperabilitätsvorgaben
machen oder welche Kommunikationskanäle zwischen den Systemen
müssen bespielt werden können, damit dieser Austausch möglich
ist. Und auf diesem Grundgerüst dann... kann natürlich die
Branche mit allen Lösungen, die da kommen, Applikationen,
Systemen, modulieren und sagen, jetzt gibt es ein grosses Ganzes.
Weil jetzt kann endlich das elektronische Rezept, was ich
bekommen habe, tatsächlich in allen Apotheken eingelöst werden.
Oder ich kann tatsächlich das Patienteninformationssystem von
meiner niedergelassenen Ärztin kann tatsächlich mit dem anderen
automatisch Daten austauschen. Das passiert jetzt schon, dieser
Datenaustausch. Es ist auch jetzt schon alles elektronisch, aber
es sind wahnsinnig viele Medienbrüche im Spiel. Man muss eine
E-Mail aufmachen, man muss das System aufmachen, man muss aus dem
System was abtippen in ein anderes System, weil diese Vernetzung
nicht gegeben ist. Und das ist der Kern von DigiSanté.
00:11:10 Jenny Wir wissen ja auch aus der Befragung der
Gesundheitsfachpersonen, wie du so schon sagst, dass die meisten
vor allem viel Potenzial für Verbesserung sehen, wenn es um die
externe Vernetzung geht. Also z.B. zwischen Ärztinnen und Ärzten
im Spital, mit anderen Institutionen, oft mit Hebammen z.B. oder
mit Pflegeheimen. Wenn ich die richtig verstehe, ihr setzt
eigentlich genau dort an, dass das in Zukunft besser ausgesehen
wird für die Gesundheitspersonen in der Praxis.
00:11:37 Katrin Ja. Ganz genau. Also wir wollen wegkommen von
diesen zusätzlichen administrativen Belastungen, sage ich jetzt
mal. Also wenn man zum Beispiel zur Physiotherapeutin überwiesen
wird, wäre ja schön, würde dort gleich mit überwiesen werden. Was
ist eigentlich mein Problem? An was muss sie eigentlich arbeiten,
wenn ich zu ihr in die Therapie komme? Häufig geht das halt, da
kommt dann die Überweisung und dann geht man zur
Physiotherapeutin, die sagt, und was fehlt dir? Und ich sage, das
wäre ja schön, hätte ich dann noch das CT oder das MRI oder was
auch immer, gerade dort, oder? Und das ist so ein bisschen die
Idee dieses Gesundheitsdatenraums, dass wir diese B2B, diese
Business to Business, also jetzt von meiner Hausärztin zur
Physiotherapeutin oder ins Spital oder zu Spitex, dass wir diese
Prozesse so nahtlos hinkriegen, so medienbruchfrei hinkriegen,
dass die Informationen, die einmal ohnehin schon eingegeben
wurden in irgendeinem System, nicht nochmal eingegeben werden,
sondern tatsächlich von Computer zu Computer ausgetauscht werden.
Und dann hat man eben diese Probleme ausserhalb von seiner
Organisation, dass sie mit denen nicht gut kommunizieren kann,
immer noch mal das Telefon machen muss, immer noch mal nachfragen
muss. Das hätten wir damit eliminiert und können recht viel
Effizienz dadurch ins System bringen.
00:12:46 Lukas Und hoffentlich auch Effektivität. Das Stichwort
ist ja integrierte Versorgung. Das heisst, dass es zwischen den
verschiedenen Akteuren auch in der richtigen Qualität der Daten
fliessen kann und dass man die Informationen auch als
Patientinnen und Patienten hat und immer ein wenig mitverfolgen
kann, wie der Pfad weitergeht, wenn ich z.B. in die
Physiotherapie wechsle. Das wäre ja schön, würde auch ein wenig
Qualität geben. Was aber jetzt schon angesprochen ist, sind die
45 Organisationen, also die verschiedensten Leistungserbringer,
die vielfach einfach für ihre eigenen Interessen geschaut haben.
Jetzt braucht es eben ein neues Umdenken, es müssen Daten
irgendwo eingegeben werden, die dann wirklich direkt,
transparent, vollständig am anderen Ort gelesen werden können.
Und mich dünkt schon noch, dass das Vertrauen noch nicht
grundlegend zwischen Akteuren vorhanden ist. Was kann das System,
was kann DigiSanté hier beitragen, dass das Vertrauen gestärkt
wird zwischen den Akteuren?
00:13:43 Katrin Es ist ganz wichtig anzumerken, dass die
DigiSanté nicht die Regeln ändert, oder? Es werden jetzt nicht,
es kriegen jetzt nicht plötzlich Leute Zugang zu Daten oder
Institutionen Zugang zu Daten, die die vorher nicht sehen
durften. Die Regeln bleiben die gleichen. Wir versuchen nur die
Grundlage zu schaffen, dass der digitale Austausch besser
funktioniert. Das heisst, man muss im Prinzip keine Sorge haben,
dass DigiSanté jetzt alles den gläsernen Patienten schafft und
diese Daten für alle einsehbar sind. Die Prozesse dass Daten von
A nach B geschickt werden. Die bleiben bestehen. Sie werden nur
nicht mehr geschickt von Hand per E-Mail, sondern sie können im
System ausgetauscht werden. Dieser Gesundheitsdatenraum hat dafür
auch eine Governance in place, wo wir tatsächlich sagen, wir
definieren, wer darf was, zu welcher Zeit, unter welchen
Bedingungen. Wir tracken, wir loggen. Das heisst, jeder Zugriff
auf Daten, jeder Transfer von Daten wird ganz genau
nachvollziehbar sein. Und eben auch insofern sehr transparent für
mich als Patientin. Vorher wusste ich natürlich nicht, wenn meine
Hausärztin mich überweist und dort eine E-Mail schickt mit lauter
Dokumenten, die kam nicht cc zu mir, oder? Jetzt habe ich die
Möglichkeit, über diesen Gesundheitsdatenraum zu sagen, ich hätte
noch gerne eine Kopie davon ins EPD. Das EPD ist ein integraler
Bestandteil dieses Gesundheitsdatenraums, wo normalerweise B2B
kommuniziert wird. Aber ich als Patientin habe immer die
Möglichkeit, weil die Daten ja elektronisch, digital vorhanden
sind, dass ich diese Kopie auch bei mir noch habe. Das stärkt
natürlich... das Empowerment der Patientinnen und Patienten, dass
die sich mehr beteiligen können an diesen Prozessen, die rund um
sie herum in der Gesundheitsversorgung passieren. Dass sie eben
auch diese Daten haben und mit denen auch woanders hingehen
können, was wir heute ja auch häufig vermissen. Und diese
Prozesse haben im Prinzip einfach dann für alle einen gewissen
Gewinn. Die Gesundheitsfachpersonen bekommen mehr Effizienz ins
System. Die Patientinnen und Patienten kriegen im Prinzip viel
mehr mit. Also das heisst, die Prozesse werden transparenter. Und
dadurch, dass wir das jetzt in einer gesicherten Umgebung machen,
ist natürlich auch die Sicherheit viel grösser diesen Daten
gegenüber, wie wenn man eben zum Beispiel das dann über private
E-Mail-Accounts von A nach B schickt, was ja heute durchaus immer
noch passiert. Oder dass wir sagen, das ist alles in einem
kontrollierten, sicheren Umfeld, wo Höchststandards an
Datenschutz und Datensicherheit gewährleistet werden.
00:16:11 Jenny Ich glaube, du sprichst einen Punkt an, der auch
für die Bevölkerung extrem wichtig ist, die Vertrauensfrage. Und
dort finde ich, es ist ganz spannend zu sehen, in den Daten
einerseits das Grundsatzvertrauen ist um in der Bevölkerung oder
zumindest bei einer Mehrheit, dass man die eigenen
Gesundheitsdaten digital speichert. Hingegen, man sieht noch sehr
viele Unterschiede, je nachdem, welcher Akteur es geht. Und die
hast du jetzt zum Teil auch schon erwähnt. Aber die Leute schauen
es halt anders an. Je nachdem, ob es darum geht, teile ich meine
Gesundheitsdaten mit behandelnden Ärzten und Ärztinnen oder mit
anderen Institutionen, beispielsweise Krankenkassen oder auch
private Unternehmen, ist das Vertrauen halt einfach weniger hoch.
Wie kann man am besten mit dieser Herausforderung umgehen?
00:16:52 Katrin Also im Prinzip ist es ja heute auch im EPD schon
so geregelt, dass ich entscheiden darf als Patientin, wer darf,
mit wem sollen die Daten geteilt werden, oder? Und die DigiSanté
macht im Prinzip auch nichts anderes, als die bestehenden
Erlaubnisse sozusagen zu respektieren, was darf die Kasse sehen,
was darf die Ärztin sehen, was darf der Physiotherapeut sehen,
etc. Wir machen es nur expliziter. Also das heisst, wir haben ein
System, wo ganz genaue Regeln greifen und wo dann die digitalen
Datenflüsse zwischen denen, die die Erlaubnis haben, die Daten zu
sehen, auch gesehen werden können. Das muss man der Bevölkerung
natürlich klar machen. Also sie müssen uns insofern vertrauen
oder auch ihren Gesundheitsfachpersonen vertrauen, zu sagen, dass
da jetzt nicht eine grosse Änderung des Systems kommt, sondern
dass wir die gleichen Prozesse, die heute schon laufen, einfach
auf digital umschalten. Wenn wir um die Weiterverwendung dieser
Gesundheitsdaten zum Beispiel zu Forschungszwecken reden, oder?
Das ist wieder was anderes. Aber dort werden, und das ist auch
heute schon so, entsprechend der gesetzlichen Vorgaben, dort
werden die Daten anonymisiert. Das heisst, die Daten, die
weitergegeben werden, zum Beispiel für Forschungsprojekte, da
können auch Versicherer mit beteiligt sein. In diesen Datensätzen
kann ich mich als individuellen Patienten nicht wiederfinden,
sondern das ist einfach eine Aggregation von Daten, wo ich als
Einzelperson nicht mehr erkennbar bin. Die sind anonymisiert.
00:18:16 Lukas Wenn es in den Alltag geht von diesen Lösungen,
von den digital transformierten Lösungen, die alle vernetzt
miteinander zusammenarbeiten können, dann ist eine Grundangst,
vor allem von den Akteuren, vor allem von den Ärztinnen und
Ärzten, dass man im Prinzip noch weitere administrative Aufwände
hat, weil man muss die Daten in der gewünschten Qualität wirklich
aufbereiten. Und wir wissen, dass gerade sie, aber auch andere
Akteure extrem unter administrativer Last leiden. Es muss nicht
unbedingt eine behördliche Vorgabe sein, es kann beispielsweise
eine Krankenkassennachfrage sein. Aber das ist die grosse Angst,
die ich spüre, dass man neue Softwarelösungen kaufen muss, neue
Antockungslösungen, also Schnittstellen bauen muss von sich aus
und Daten aufwendig eingeben muss. Wie kann das Programm dort
entgegnen?
00:19:04 Katrin DigiSanté hat ja eine Laufzeit von zehn Jahren.
Das heisst, wir reformieren jetzt auch nicht das gesamte System
und sagen dann, morgen muss jeder ein neues Software-System
kaufen, was eben zum Beispiel diese Schnittstellen bewirtschaften
kann, oder? Sondern wir versuchen, schrittweise vorzugehen, wie
das auch sehr erfolgreiche andere europäische Länder gemacht
haben, die jetzt viel, viel weiter sind als wir in diesem
E-Health-Bereich, dass wir sagen, wir sprechen vor allem ja auch
die Systemhersteller an, gar nicht die zum Beispiel
niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte, die mit ihrem System
hoffentlich geht so zufrieden sind und sagen, ich möchte das
unbedingt nicht tauschen, mich geht es gerade daran gewöhnt,
sondern wir versuchen, dass die Systemhersteller mit uns
gemeinsam diesen Gedanken gerichtet, alle in die gleiche Richtung
gehen, vorwärts entwickeln, zu sagen, mein System, die entwickeln
das ja permanent weiter, ihre Software-Systeme. Nur bis jetzt in
alle Richtungen und nicht in eine Richtung. Die Digisanté
versucht, die Richtung vorzugeben. Das heisst, wir versuchen mit
denen gemeinsam zu entscheiden, welches ist die gute Richtung,
was sind die Standards, die erfüllt werden müssen, die diese
Systeme liefern können. Und dann wird die Weiterentwicklung
dieser Systeme in diese Richtung vorangetrieben. Und irgendwann
kommen wir natürlich an den Punkt, wo wir sagen, jetzt ist es
schön fertig mit der Freiwilligkeit. Dann legiferieren wir das
natürlich auch, giessen das in Gesetze. Und das ist ganz wichtig,
da geht es nicht um Kontrollen, oder in irgendeiner Form, um die
Leute zu bevormunden, sondern es geht darum, dass diese
Softwareentwickler ja auch eine Investitionssicherheit brauchen.
Wenn ich denen heute sage, das ist der Standard, den dein System
bedienen muss und ich ihnen morgen sage, das ist doch ein ganz
anderer, dann können die natürlich nicht planen, dann können die
nicht effizient ihre Dinge nach vorne bringen. Also brauchen die
Planungssicherheit, Investitionssicherheit, indem sich der Bund
und die Branchenmitglieder committen und sagen, in die Richtung
wollen wir gehen und wir schreiben das auch in ein Gesetz, sodass
ihr wisst, für die nächsten zehn Jahre ist das die Richtung. Ihr
müsst keine Angst haben, dass der Wind übermorgen wieder dreht.
00:20:56 Jenny Um ein paar konkrete Beispiele aus dem Alltag der
Gesundheitsfachpersonen zu nennen. Wir wissen, das ist für die
eine sehr hohe Priorität, unter anderem, dass man in Zukunft
digital Rezepte und Medikationsdaten austauschen kann oder dass
das auch eine hohe Priorität hat, was Laborberichte,
Austrittsberichte usw. anbelangt. Könnt ihr also hoffen in
Zukunft, dass die Sachen schnell besser werden, dank dem Programm
DigiSanté?
00:21:21 Katrin Richtig, das ist so. Also wir haben ja natürlich
auch mit ganz vielen Leuten vorher gesprochen, bevor wir uns auch
so auf die Prioritäten geeinigt haben, gemeinsam mit unserem
Branchengremium. Und dort kommt immer wieder der
E-Medikationsprozess oder der steht ganz oben auf der Liste. Es
gibt auch dort super Lösungen am Start, sind aber auch
Insellösungen, Silolösungen.
00:21:40 Lukas Das Epic, das zum Beispiel jetzt die Inselgruppe
eingeführt hat, die haben eine Lösung, wo das zum Beispiel auch
direkt in der Software möglich ist, ohne dass irgendwo der Staat
da mitmacht, oder?
00:21:50 Katrin Ganz genau. Epic hat das super gelöst, oder? Das
ist Ende zu Ende der ganzen Medikationsprozess durchgedacht. Nur
wenn ich jetzt von einem Hausarzt komme, wo ich, also Epic ist an
der Insel, oder? Und im Lux noch und vielleicht noch in zwei,
drei weiteren Spitälern in der Schweiz in Zukunft. Aber meine
Hausärztin hat nicht Epic. Also das heisst, diese Lösung
funktioniert dort, wo sie implementiert, ist sehr gut. Aber an
den Schnittstellen und darüber hinaus, dann halt schon wieder
nicht mehr. Das heisst, wir brauchen eine Lösung, die
funktioniert. Oder wir brauchen mehrere Lösungen, wir können ganz
viele Lösungen haben, aber die müssen im Zusammenspiel
funktionieren. Das heisst, das Rezept, was die Insel mir
elektronisch ausstellt, wenn ich das Spital verlasse, muss in der
anderen Apotheke einlösbar sein. Das Rezept, was ich von meiner
niedergelassenen Ärztin bekomme, muss eben auch dann im Spital
als erkannt werden auf meinem Medikationsplan, das ist der
Eintrag, dass mit diesen Medikamenten oder diese Medikamente
nehme ich, wenn ich ins Spital eingeliefert werde. Das muss
gesehen werden, oder? Und das meinen wir mit, die Systeme müssen
miteinander kommunizieren können. Dafür braucht es nicht ein
System, um Himmels Willen. Also wir wollen nicht, dass alle
dasselbe System benutzen, sondern wir wollen, dass die
Vielfältigkeit am Markt bestehen bleibt, aber diese Systeme sich
nach zentralen Vorgaben richten, die in diesem
Gesundheitsdatenraum angewendet werden und eben auch eingefordert
werden.
00:23:14 Lukas Ich habe das Gefühl, es ist eben gleichzeitig die
digitale Transformation auf einem Weg, aber wie immer auch in
solchen Prozessen der Kulturwandel. Was mir optimistisch stimmt,
sind eben die 45, die mit eingehen können, mit einzahlen auf das,
was in Zukunft kommt, dass der Kulturwandel auch stattfindet,
weil am Schluss Sie soll auch Bürgerinnen und Bürger gestärkt
werden, sie soll mehr Kompetenz haben, sie soll mehr verstehen,
was mit ihnen passiert. Sie gibt sich also nicht mehr einfach in
die Abhängigkeit, zum Beispiel von Hausärztinnen und Hausärzten.
Also da kann man gewissen Optimismus haben, dass das gleichzeitig
passiert. Aber trotzdem, am Schluss muss ja, der Nutzen, du hast
es am Anfang gesagt, irgendwo bei den Bürgerinnen und Bürgern
ankommen, bei den Leuten, die Patientinnen und Patienten sind
oder werden. Was ist deine quasi finale Botschaft von diesem
Gespräch an die Bürgerinnen und Bürger? Was versprichst du ihnen?
00:24:01 Katrin Also wir versprechen mit DigiSanté jetzt dieses
Grundgerüst so zu bauen, dass die E-Health-Lösungen, die jetzt im
Moment schon die Gesundheitsversorgung digital unterstützen und
hoffentlich auch verbessern, dass die überhaupt möglich sind,
dass die skalieren können, dass die vernetzt national
funktionieren, was eben Jenny vorher gesagt hat, viele nicht tun.
Und vor allem versprechen wir mit dem, was wir tun, dass wir auch
zukünftige innovative Lösungen entwickeln, durch diese fundierte
digitale Basis, die wir jetzt bauen, dass wir auch zukünftige
Innovationen ins System einbringen können. Das ist ein bisschen
so, wie wenn ich immer noch einen VHS-Kassettenrekorder zu Hause
habe und mich wundere, dass ich die Filme der Streamingdienste
nicht abspielen kann. Wir müssen uns weiterentwickeln, um von den
neuen Innovationen zu profitieren. Wir können nicht Neues auf
Altes aufsetzen. Das geht nicht. Auch mit Blick auf die
künstliche Intelligenz, die in aller Munde ist jetzt. KI kann uns
hier Arbeit abnehmen, kann den Gesundheitsfachpersonen Arbeit
abnehmen, kann den Patientinnen helfen, besser informiert zu
sein. Aber das funktioniert nur, wenn wir Systeme haben, wo wir
diese KI-Komponenten auch sinnvoll integrieren können, wo das
Grundgerüst schon steht, wo das digital schon etabliert ist. Und
nur so können wir auch in eine zukunftsorientierte
Gesundheitsversorgung gehen, die auch in Zukunft Mehrwert zum
Patienten bringt.
00:25:24 Lukas Katrin Crameri, eine leidenschaftliche Kämpferin
für den Boden zu bauen. Du nimmst sehr viel vor. Ich glaube, man
hat sich sehr viel vorgenommen, sehr viel Luft geholt. Ich hoffe,
du kannst die Luft behalten. Das hat meine Hoffnung mindestens
gestärkt. Danke vielmals für das Gespräch, Katrin Crameri, und
für den Besuch bei uns. Danke euch. Ja, Jenny. Jetzt, als wir da
so gesprochen haben, du hast ja gesagt, du wünschst dir irgendwie
ein bisschen mehr und ein bisschen mehr Energie, ein bisschen
mehr Lösungen, die nachher am Schluss für dich auch einfacher
sind. Hast du auch ein bisschen Hoffnung gefasst heute?
00:25:55 Jenny Ja, also ich merke, es sind sicher noch viele
Baustellen rum, oder? Also es ist ein schwieriger Prozess, es ist
ein komplexer Prozess, aber es gibt mir schon ein bisschen
Hoffnung, dass man sieht, hey, man fängt jetzt an, wirklich den
Boden zu schaffen, dass man von dort auch hochskalieren kann. Und
in dem Sinn habe ich schon die Hoffnung in ein paar Jahren, dass
wir da deutlich weiter sein werden, als wir es heute sind.
00:26:13 Lukas Haben wir ein bisschen Hoffnung gefasst. Danke
vielmals.
00:26:15 Jenny Genau. Und wer es genauer wissen möchte, die
aktuellen Resultate von eHealth-Parametern sind online aufrufbar
für alle, die es genau nachlesen möchten.
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