#54 Wenn die Mutterliebe ausbleibt ...

#54 Wenn die Mutterliebe ausbleibt ...

ein Plädoyer für ein sowohl als auch
30 Minuten
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Beschreibung

vor 1 Monat

Auch wenn es Mütter oft anders vermittelt bekommen: Nicht immer
geht das Herz auf, wenn sie ihr Baby nach der Geburt in den Armen
halten. Manchmal bleibt dieses erwartete Glücksgefühl aus. Viele
Frauen sind enttäuscht darüber. Enttäuscht von sich. Enttäuscht
von ihrem Kind. Das ist für betroffene Frauen nicht einfach,
nicht zuletzt weil in unserer Gesellschaft die Mutterliebe
glorifiziert wird, so als läge es in der Natur der Dinge, dass
sich innige Mutterliebe unmittelbar und selbstverständlich
einstellt. 



Barbara möchte in dieser Folge Zuversicht vermitteln. Nicht immer
ist der erste Kontakt mit dem Baby herzwärmend. Manchmal erwächst
die Mutterliebe erst nach Wochen oder Monaten, manchmal erst nach
Jahren und manchmal bleibt sie ganz aus. Oft entfaltet sie sich
in unscheinbaren leisen Momenten, unerwartet. Wichtig ist zu
wissen: Es geht vielen Frauen so. Liebe nimmt ganz
unterschiedliche Wege. Niemals ist sie linear, immer ein Prozess,
der sich nicht auf Kommando oder unter Druck entfaltet. Stellt
sich das Mutterglücksgefühl nicht ein, erleben viele Frauen
Schuld, Scham oder ein Gefühl von Verlust: „Ich habe etwas nicht
erlebt, von dem ich glaubte, es erleben zu können.“





Neben anderer Faktoren, beeinflusst das Geburtserleben selbst
unmittelbar diesen Prozess. Unter der Geburt wirken körperliche,
emotionale und soziale Faktoren zusammen. Vaginale Untersuchungen
oder Eingriffe können Überforderung, oftmals das Erleben von
Übergrifflichkeit auslösen. In solchen Situationen reagiert das
körperliche Schutzsystem: Der Körper schaltet auf Überlebensmodus
und betäubt sowohl das körperliche als auch das emotionale
Erleben. Somit wird auch der Zugang zu den Liebesgefühlen
eingefroren. Im diesem Notmodus ist es neurologisch unmöglich,
Wärme und Nähe zu empfinden. Dieses Wissen entlastet Betroffene:
Es ist kein persönlicher Mangel, sondern eine Schutzreaktion des
Körpers. 

Solche schmerzhafte Geburtserfahrungen können verarbeitet und
integriert werden, dann wenn die Eltern Unterstützung erfahren,
wenn jemand wohlwollend zuhört und anerkennt, wie schwierig
dieses Erleben war. Darüber können sich Schmerz, Wut und
Verzweiflung zeigen. Das gibt den Raum frei für andere Gefühle.
Wann und ob das passiert, dafür gibt keinen Garant. Hartmut Rosa
beschreibt solche Zustände als "unverfügbar", etwas über das wir
nicht bestimmen bzw. verfügen können. Entscheidend ist das
Vertrauen: Jede Mutter, jeder Vater, jedes Kind, kurzum jede:r
von uns trägt dieses lebendige Liebesband in sich, das sich
entfalten will. Bleibt es aus, bleibt die Sehnsucht danach.




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