Sind deutsche Autozulieferer die Verlierer der Transformation?

Sind deutsche Autozulieferer die Verlierer der Transformation?

Ein Gespräch über verpasste Chancen und immer neue chinesische Wettbewerber
35 Minuten
Podcast
Podcaster
Die Elektromobilität wächst – und wir schauen hinter die Kulissen, beleuchten Trends und Kontroversen.

Beschreibung

vor 3 Monaten

Bosch, Continental und ZF gehören weiter zu den
Schwergewichten der globalen Automobilzulieferer. Doch die
deutschen Player haben ihre besten Zeiten womöglich hinter sich
und sind in "einer angespannten Situation", sagt Dr. Alexander
Timmer. Liegt das nur an der Transformation zur Elektromobilität?
In unserem Podcast erläutert der Autoexperte von Berylls by
AlixPartners die Hintergründe!
Während deutsche Zulieferer seit 2020 im Schnitt
um 5,7 Prozent jährlich wachsen, kommen chinesische Wettbewerber
auf stolze 14,7 Prozent, so die neue Zulieferer-Studie von
Berylls. Die Entwicklung mag stabil erscheinen, doch 27 der 34
europäischen Unternehmen im Ranking mussten 2024 Umsatzrückgänge
verkraften. Über die Gründe dafür hat electrive-Chefredakteur
Peter Schwierz mit Alexander Timmer von Berylls by AlixPartners
gesprochen.


Auffällig ist, dass Bosch, Conti und ZF nie ernsthaft in die
großskalige Batteriezellproduktion eingestiegen sind – einem der
wichtigsten Geschäftsfelder der Branche für den Wechsel zur
Elektromobilität. Rückblickend hält Timmer das für ein
zweischneidigen Schwert: „Für den Standort Deutschland oder
Europa ist es keine gute Entscheidung gewesen. Für die
Unternehmen selbst aber sehr wohl.“ Denn die Zellfertigung sei
eine chemische Prozessindustrie, die sich nur schwer mit dem
klassischen Automotive-Geschäft vereinbaren lasse. Jetzt noch mit
der Batterieproduktion zu starten, sei kaum machbar, denn die
Führerschaft asiatischer Hersteller sei so weit voraus, dass ein
Einstieg einem „Uphill-Battle über viele Jahre“ gleichkäme.


Die Kehrseite: Der Abstand zu Korea, Japan und vor allem China
ist heute „unaufholbar“. Während europäische Player wie das
mittlerweile insolvente und nun im Übernahmeverfahren durch Lyten
steckende Northvolt mit Verzögerungen bei der Produktion kämpfen,
dominieren die chinesischen Player CATL und BYD den Weltmarkt –
trotz jüngster Rückgänge. „Der Wachstumspfad für CATL ist weiter
gezeichnet“, betont Timmer. Damit einher geht eine Wachablösung
in der Zuliefererbranche: Wo keine Zylinderkopfdichtungen mehr
gefragt ist, sondern eben Batteriezellen, verändern sich
Marktanteile.


Timmers jährliche Studie listet übrigens auch sechs neue
Zulieferer unter den Top 100 – allein vier davon aus China.
Darunter den Elektronikkonzern Huawei, dessen Automotive-Sparte
um „sagenhafte 465 Prozent“ zulegte. Diese Dynamik sei kein
Zufall, so Timmer: „Da kommen Player in den Markt mit einer sehr
großen Marktmacht und auch mit dem Willen, Marktanteile zu
gewinnen.“


China baue nicht nur seine Fahrzeugproduktion aus, sondern
etabliere parallel eine mächtige Zulieferindustrie. Prognosen von
Berylls zufolge könnten chinesische Unternehmen schon rund um das
Jahr 2031 Deutschland und Japan als führende Zulieferernationen
ablösen.


Wie ist die Lage konkret? ZF kämpft mit Margendruck und hohen
Verlusten in der Antriebssparte, Bosch baut Stellen ab,
Continental strukturiert sich radikal um. Positiv sei immerhin,
dass Bosch früh Trends wie das „Software-Defined Vehicle“ besetzt
habe, während Continental sich mit Spin-offs fokussiere. Trotzdem
wird der Kuchen kleiner: Hersteller holen mehr Wertschöpfung ins
eigene Haus – vom Antrieb bis zu Softwarelösungen. „De facto wird
das, was übrig ist für den Zulieferer, weniger“, fasst Timmer
zusammen.


Neben der technischen Umstellung erschweren politische
Schwankungen die Planung. Die jüngste Flexibilisierung der
EU-Flottengrenzwerte verschafft Verbrennungskomponenten zwar
Luft, verzögert aber Elektromobilitätsprojekte.
„Planungssicherheit ist Gold wert – die gibt es derzeit nicht“,
kritisiert Timmer.


Für deutsche Zulieferer sieht er Chancen vor allem bei Software,
Elektronik und auf neuen Märkten wie Indien – nicht jedoch in
einer späten Aufholjagd bei Batteriezellen. Das nachdenkliche
Gespräch über die Umbrüche im Markt der Zulieferer im Vorfeld der
IAA Mobility in München sollten Sie nicht verpassen!

Kommentare (0)

Lade Inhalte...

Abonnenten

Teci777
Bad Laasphe
jannemann11
München
15
15