Im Gespräch mit ... Matthias Heine

Im Gespräch mit ... Matthias Heine

1 Stunde 11 Minuten

Beschreibung

vor 5 Monaten

Auf eine sonderbare Weise hat sich in den letzten Jahren eine
fast Orwellsche Sprachpolitik eingebürgert, bei der sich einige
Zeitgenossen, wie eine Art informeller Sprachpolizei, dazu
ermächtigt fühlen, die Verlautbarungen ihrer Zeitgenossen zu
klassifizieren. Mag man sich in der Überzeugung, dass die Welt
nichts weiter ist als ein Sprechakt, ja dass selbst das Schweigen
einen Gewaltakt darstellen kann (»silence is violence«), auf
höchst zweifelhaftem philosophischen Fundament bewegen, hat die
Sprach-Regulierungswut unterdessen auch Verwaltungen und Konzerne
erfasst. Ja, im Gefolge der Hate-Speech-Hysterie kommt es nicht
selten vor, dass die Verwendung eines »falschen« Wortes auch
juristische Konsequenzen hat. Matthias Heine, der als
Wissenschaftler an der Neubearbeitung des Deutschen Wörterbuchs
mitgewirkt hat, hat sich dem Phänomen des Sprachumbaus, den er
als gesamtgesellschaftliche Katastrophe begreift, in gleich
mehreren Büchern genähert. Stellen diese zugleich einen Streifzug
durch unsere Kulturgeschichte dar, der von Martin Luthers
spätmittelalterlicher Legasthenie (14 Schreibweisen des Wortes
»Wittenberg«) bis hin zu den Sprachinterventionen der Tagesschau
reicht, wird darüber sichtbar, wie exzeptionell die derzeitigen
Eingriffe in unsere Sprache sind. Wenn selbst ein Josef Stalin
auf die Forderung seiner Parteigenossen, die russische Sprache
von feudalen Überresten zu säubern, entgegnete, dass die Sprache
seit jeher ein Volkseigentum darstelle, eine solche Forderung
mithin unsinnig sei, begreift man, dass man es mit einem
revolutionären Furor zu tun hat, der an Radikalität noch manche
Verstiegenheit der Vergangenheit in den Schatten stellt. Schon
aus diesem Grund war die Unterhaltung mit Matthias Heine überaus
lehrreich – hat das Gespräch Perspektiven eröffnet, welche den
großen Sprachumbau der Gegenwart in ein neues, durchaus
überraschendes Licht tauchen.


Matthias Heine, der zunächst als freier Journalist für die Welt,
die FAZ und den Cicero schrieb, ist seit 2010 als
Feuilletonredakteur bei der Welt tätig.


Matthias Heine hat (u.a.) veröffentlicht:


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