Als Erster mit dem Schiff nach Indien

Als Erster mit dem Schiff nach Indien

Er segelte als erster Europäer nach Indien - Vasco da Gama
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vor 7 Monaten

Als Erster mit dem Schiff nach Indien


Er segelte als erster Europäer nach Indien und wurde als kühner
Seefahrer gefeiert. Seinem Land erschloss er den lukrativen
Gewürzhandel, seine Reisen stehen am Beginn des Kolonialismus.
Doch seine Brutalität steht zu Recht in der Kritik. 


 


In Hamburg stehen zwei Denkmäler, eines für Christoph Kolumbus
und eines für Vasco da Gama. Wer den Zollkanal überquert, um in
die Speicherstadt zu gelangen, passiert die beiden steinernen
Figuren.


 


Wer war dieser Portugiese, Zeitgenosse des ungleich bekannteren
Kolumbus? Vasco da Gama lichtete im Juli 1497 in Lissabon die
Anker und landete im Mai 1498 in Calicut (heute Kozhikode) in
Indien. Er begründete die Route, auf der bis zur Eröffnung des
Suezkanals alle europäischen Schiffe nach Asien fuhren.


 


Seit Beginn des 15. Jahrhunderts strebte das Königreich Portugal
danach, das arabische Monopol im Handel mit indischen Gewürzen zu
brechen. Der Seeweg nach Indien, das wusste man, führte um die
Südspitze Afrikas: Erstmals 1434 gelang es, Kap Horn zu umsegeln.
Die Portugiesen waren in Europa führend als Seefahrernation.
Wirtschaftliche wie auch politische Interessen waren die
Triebfeder: Es ging darum, neue Länder zu unterwerfen und
auszubeuten und den Islam zu bekämpfen.


 


So startete König Manuel I. 1497 eine Expedition nach Indien. Zum
Oberbefehlshaber ernannte er den jungen Vasco da Gama, der sich
einen Ruf als fähiger Navigator erworben hatte. Als Sohn eines
königlichen Beamten wurde er um 1469 geboren.


 


Dass die Reise ein Erfolg wurde, war auch dem Mut des
Kommandanten zu verdanken, denn bis dahin fuhren die Schiffe fast
nur in Sichtweite der Küsten. Niemand traute sich, unbekannte
Ozeane zu durchqueren: Man fürchtete Stürme und Seeungeheuer als
tödliche Gefahren. „Um gegenüber der See, dem Wetter, den
Mannschaften, den Krankheiten, der Feindseligkeit der Afrikaner,
Araber und Inder, dem tropischen Klima und politischen Intrigen
bestehen zu können, bedurfte es neben navigatorischer Fertigkeit
einer Mischung aus Diplomatie, Entschlossenheit, Schläue,
Geistesgegenwart (…) und einer Hartnäckigkeit, die selbst in den
hoffnungslosesten Situationen nicht zu erschüttern war“, schreibt
Gernot Giertz, Herausgeber der zeitgenössischen Reiseberichte.


 


Als das Flaggschiff „São Gabriel“, vollbeladen mit kostbaren
Gewürzen, im September 1498 wieder in Lissabon eintraf, wurde
Vasco da Gama triumphal empfangen. Doch er hatte in Indien und
Afrika „Hass gegen alles Portugiesische gesät“, wie Giertz
feststellt: durch sein stolzes, anmaßendes und skrupelloses
Auftreten. 1502 stach Vasco da Gama zu seiner zweiten Indienfahrt
in See, diesmal mit 21 schwer bewaffneten Fahrzeugen. Portugals
Stellung an der indischen Malabarküste wurde von Vasco da Gama
ausgebaut und militärisch gestärkt. Er begründete das
portugiesische Kolonialreich in Asien.


 


Gernot Giertz: „Seine zweite Reise hinterließ eine breite Spur
von nutzlos vergossenem Blut, fast unvorstellbarer Grausamkeit,
Tod und Verderben“. Seitdem herrschten die portugiesischen
Vizekönige in Indien mit Raub und Mord und bereicherten sich
durch Günstlingswirtschaft, Bestechung und Betrug. Die Kolonie
verfiel.


 


König João III., Manuels Nachfolger, wollte die Missstände
abstellen. 1524 ernannte er Vasco da Gama zum Vizekönig von
Indien und entsandte ihn auf seine letzte Reise dorthin. Nachdem
er eine „gnadenlose Säuberungswelle“ (Giertz) in Gang gesetzt und
mit rigorosen Verordnungen und drakonischen Strafen gegen
Korruption und Misswirtschaft vorgegangen war, starb er drei
Monate nach seiner Ankunft, wahrscheinlich an Malaria.


 


Wie ist Vasco da Gama heute zu sehen und zu beurteilen? Im 19.
Jahrhundert, der Hoch-Zeit des europäischen Kolonialismus und
noch lange danach, galt er – wie Kolumbus – als Pionier, dessen
Tat für die Entwicklung der Menschheit von größter Tragweite war.
Deshalb errichtete man Denkmäler. Heute werden sie gestürzt. In
den USA, aber auch in Südamerika sind seit 2020 zahlreiche
Kolumbus-Statuen vom Sockel gestoßen worden – weil sie Rassismus
und Kolonialismus verherrlichen würden.


 


Für den Historiker Franz-Josef Arlinghaus besteht Vasco da Gama
eigentlich aus drei Personen, auf die sich heute der Blick
richtet: Zunächst die historische Figur, um 1500 unterwegs, um
das arabische Handelsmonopol zu brechen; dann der Entdecker, den
das 19. Jahrhundert aus ihm machte; und schließlich der
menschenverachtende Kolonialist, wie ihn heute einige sehen. Aus
dieser Perspektive werde der Vasco da Gama des 19. Jahrhunderts
angegriffen, nicht der historische. „Die postkoloniale Diskussion
tut sich keinen Gefallen, wenn sie zwischen den Epochen nicht
genug differenziert“, so Arlinghaus, der in Bielefeld Geschichte
des Hoch- und Spätmittelalters lehrt.


 


Das 19. Jahrhundert sei ebenso in den Blick zu nehmen wie die
Zeit um 1500, um zu einem differenzierten Urteil zu kommen. Das
bedeutet für den Historiker jedoch nicht, alles zu tolerieren.
Für Vasco da Gama war die Folter ein selbstverständliches
Herrschaftsmittel. Auch wenn es die Menschenrechte in der
Vormoderne noch nicht einmal als Idee gab, sagt Arlinghaus klar:
„Wer foltert, hat unrecht.“ Von Denkmalstürzen hält er trotzdem
nichts. Das Schwarzweißdenken der Bilderstürmer widerstrebt
ihm. 


 

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