Im Gespräch mit ... Aldo Haesler
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Beschreibung
vor 11 Monaten
Mag die klassische Ökonomie schnell zur Tagesordnung übergegangen
sein, lässt sich das in den frühen 70er Jahren aufgekündigte
Bretton Woods-Abkommen als Wendepunkt in der Geschichte des
Kapitalismus begreifen. Seither nämlich ist das Kapital nicht
mehr in den Kapitalen zuhause, sondern ist zum Spekulationsobjekt
gesichtsloser Finanzmärkte geworden, zudem hat es sich von der
Golddeckung gelöst und ist ins free floating eingetreten. Mag
diese Revolution unterdessen der Vergessenheit anheimgefallen
sein, hat sie in Aldo Haesler doch einen Chronisten gefunden, der
den Übertritt in die Postmaterialität, in die Welt des
Plastikgeldes, als eine tiefe Krise des Kapitalismus begreift,
ja, als Eintritt in einen Gesellschaftszustand, den er, in der
Abgrenzung zur Postmoderne, als irreflexive Moderne bezeichnet.
Wenn damit ein Gesellschaftszustand gemeint ist, in dem sich
Ponzischemen und clickblait-Verheißungen ausbreiten, kehren hier
darüberhinaus Gespenster zurück, die zu entziffern es einen
weiterem Blickes bedarf, als die klassische Ökonomie ihn zu
liefern vermag. Das Gespräch mit Aldo Haesler, der sich
wunderbarerweise selbst als Mäanderthaler bezeichnet, war
insofern eine große Wanderung, als das Ende von Bretton Woods
immer auch Anlass war, tief und tiefer in die fundamentalen
Fragen des Geldes hinabzusteigen. War dies eine Frage, die
bereits den Vierjährigen so sehr beschäftigt hatte, dass er, um
sich in den Besitz einer Spielzeugindianer-Armada zu bringen,
einen erfolgreichen Gurkenhandel aufgebaut (und sich dabei, en
passant, mit der Arithmetik vertraut gemacht) hatte, so wurde
eine Thematik daraus, die ihn ein ganzes Leben beschäftigen
sollte. So wandte sich der Student der Wirtschaftswissenschaften,
der zunächst an der St. Gallener Universität
Wirtschaftswissenschaften studiert hatte, der Philosophie und der
Anthropologie zu – und promovierte unter Aufsicht von Jean
Baudrillard und Alfred Sohn-Rethel, einem der großen Unbekannten
der Frankfurter Schule. Ziel war auch hier, jenem großen
Geldrätsel auf die Spur zu kommen, das von der klassischen
Ökonomie, der Soziologie, aber auch von den Humaniora niemals in
seiner ganzen Gänze in den Blick genommen worden ist. Und genau
das in den Angriff zu nehmen, war ein großes Vergnügen für mich,
umsomehr, als mich die Problematik von Bretton Woods vor langer
Zeit schon umgetrieben hat.
Nach Lehrtätigkeit in St. Gallen, Montréal und Lausanne wirkte
Aldo Haesler von 2001 bis zu seiner Emeritierung als Professor
der Soziologie an der Universität Caen.
Von Aldo Haesler sind erschienen:
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