Oldboys in Sippenhaft - E18 - Saison 22/23

Oldboys in Sippenhaft - E18 - Saison 22/23

1 Stunde 6 Minuten
Podcast
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Beschreibung

vor 1 Jahr
Leute, diesmal melden wir uns aus einem viel zu kleinen Zimmer in
München, in dem wir seit etwa einer Woche festgehalten werden. Von
einem Mann, dessen Stimme sehr nach Uli Hoeneß klingt. Hotel Mutti.
Hin und wieder spricht er mit uns, lobt Katar, wettert gegen die
FIFA. Dann geht ein grelles Licht an, dann dröhnt eine Hupe, dann
bekommen wir essen. Drei Oldboys in Sippenhaft, ernähren uns
ansonsten von Weißbier und Eigenurin. Oder lecken verzweifelt an
der Tapete, die aussieht, als wären wir tatsächlich in den 70ern
gefangen. Draußen der Nachthimmel von Belgrad, draußen die Schergen
der Junta, Pistolenschüsse. Kein Sommermärchen, Hinschauen heißt
mithitlern. Erst haben sie uns den Spaß und schließlich auch den
Kontext genommen. Wir gären im eigenen Saft, im Wandschrank auch
nur noch die Mode von gestern, die abgetragenen Devotionalien, am
Kragen einer verlaufenen Schminke. Wir wissen nicht mehr, was wir
noch anziehen sollen. Die alten Träume passen nicht mehr. Und das
Boateng-Trikot aus 2016 kann man nur noch als Wife Beater tragen,
was so ehren- wie ärmellos wäre. Tanktopspieler. Immerhin, am
Wochenende wurde uns ein Fernseher in den sonst kahlen Raum
gestellt. Darin die Welt, die ganze Symbolik. Die alten und die
neuen Helden. Sie sitzen sich fremd gegenüber. Boateng und Basler,
der Kevinprince und der Supermario. Sinnbilder auch, für die
Generationen. Dort die Einstigen, Weltmeister mal, die immer gleich
klare Kante zeigen, poltern, auf den Tisch hauen. Hier die
Jüngeren, auch sie Weltmeister, aber stiller im Glanze. Sie finden
andere Töne. Weil ihnen Haltung wichtiger ist als Meinung. Und
mittendrin stehen zwei, die sich schon lange gut kennen. Sami
Khedira und Bastian Schweinsteiger. Sie waren das Herz unter Löw,
ohne ständig nach Eiern zu suchen. Jetzt halten sie das Mikro in
der Hand, und könnten dabei unterschiedlicher kaum sein. Antipoden
im Splitscreen. Denn während Schweinsteiger, in Würde ergraut,
etwas hemdsärmelig am Spielfeldrand steht und dabei so wirkt, als
müsste er sich auch in dieses Turnier erstmal grätschend und
blutend hinein arbeiten, thront Khedira am Pult der ARD,
staatsmännisch und bedacht, das Einstecktuch auf der Zunge, ein
Aristokrat der Analyse, als wäre jeder Satz bereits eine Bewerbung
für höhere Aufgaben. Er weiß, was er tut. Manchmal verschluckt er
sich dabei und ist dann selbst überrascht. Lachen allerdings tun
die anderen. Und wenn ihr jetzt wissen wollt, worüber eigentlich.
Und wenn es euch wirklich interessieren sollte, wie und ob wir uns
aus unserer Lage befreien konnten, dann solltet ihr unbedingt
reinhören, in diese neue Folge FUSSBALL MML. Denn alles andere ist
nur Quartalspatriotismus. Viel Spaß!
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