Handbuch Innere Führung von 1957

Handbuch Innere Führung von 1957

22 Minuten

Beschreibung

vor 2 Jahren

In dieser Folge von Angelesen, dem Buchjournal des
Zentrums für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der
Bundeswehr, stellen wir das "Handbuch Innere Führung" in seiner
Ursprungsfassung vor. Das Werk erschien im Jahr 1957. Es wurde
letztmalig 1972 in fünfter unveränderter Auflage in der
Bundeswehr verteilt.


Die Entstehungsbedingungen des „gelben Buchs“ (Koller) waren
1956/57 nicht einfach, die gestellte Aufgabe nicht weniger. Für
den Aufbau der Bundeswehr war ein Tempo angesetzt, das die Zeit
der Heeresvermehrung in den 30er Jahren noch übertraf. Alles
geschah gleichzeitig – Wehrgesetzgebung, Organisationsaufbau und
Aufstellung. Was man glaubte entbehren zu können, wurde gekürzt
und vertagt. Dazu gehörte, trotz anderslautender Bekenntnisse,
die Gründlichkeit der Führerausbildung, die Ausgestaltung der
Inneren Ordnung und damit die Über- und Umsetzung der
Leitvorstellungen der neuen Konzeption Innere Führung, die im Amt
Blank entwickelt worden war. Vorschriften und Ausbildungshilfen
waren Mangelware.


Hier sprang das „Handbuch“ ein. Darin waren Texte versammelt, die
auf Referate der ersten Offizierlehrgänge zurückgriffen oder noch
ausstehende Vorschriften erläuterten. Mit Beiträgen über den Eid,
das Leitbild des Staatsbürgers in Uniform, die soldatische
Tradition und den 20. Juli 1944 steuerte Graf Baudissin knapp die
Hälfte des Bandes bei. Andere Beiträge befassten sich mit den
Leitsätzen für Menschenführer, Gruppenselbstarbeit,
Truppen-Information und Truppen-Betreuung. Heraus kam – so der
Untertitel – eine „Hilfe zur Klärung der Begriffe“, die sich im
Grundsätzlichen bewegte, aber auch handfeste
Handlungsanweisungen, Führungshilfen und Erfahrungswissen anbot.
Fazit

Nicht nur die Form des „Handbuchs“ war anders als gewohnt, auch
der Inhalt barg seinerzeit Sprengstoff. Der Denk- und
Handlungsanleitung, die die Militärreformer den Soldaten
vorlegten, lag eine Kernthese zugrunde: Militärische Schlagkraft,
soldatische Professionalität und demokratische Lebensform sind
vereinbar: „Verteidigungswert ist, was lebenswert ist.“ Damit war
der Rechtsstatus des Soldaten als Staatsbürger gemeint, aber auch
die Ausgestaltung des militärischen Erfahrungsraums, die
Dienstgestaltung und das Vorgesetztenverhältnis, die Kräftigung
von Teamgeist und Mitwirkung. Ziel war ein „freiheitliches
Binnengefüge“ der neuen Armee, in der sich Rechte und Pflichten,
Hierarchie und Partnerschaft die Waage halten. Beflügelt wurde
dieser Ansatz von der Überzeugung, dass parlamentarische
Demokratie, industrielle Arbeitsbeziehungen, liberale
Gesellschaft und eine moderne Militärverfassung einander nicht
ausschließen. Das „Handbuch“ sprach eine deutliche Sprache, wenn
es unterstrich, dass „sittliche, geistige und seelische Kräfte
mehr noch als fachliches Können den Wert des Soldaten in Frieden
und Krieg bestimmen.“ Der Soldat konnte „eingebürgert“ werden,
ohne an „abwehrbereiter Kriegstüchtigkeit“ zu verlieren. Es wäre
eine lohnende Herausforderung, die heute zwischen Gesellschaft,
Politik und Militär bestehenden Synergien mit der gleichen
Ernsthaftigkeit zu entfalten!


Artikeltext und Sprechtext: Dr. Uwe Hartmann
Sprecher: Michael Gutzeit
Produktion: Andrea Nimpsch

Kommentare (0)

Lade Inhalte...

Abonnenten

15
15