Weihnachten ist der Horror: Familienfeste zwischen Stress und Konsumzwang
Eines vorweg, um die Gemüter zu beruhigen und die Anwälte der
Familienwerte in Schach zu halten: Ich liebe meine Familie. Ich
verbringe gerne Zeit mit ihr und ich feiere im Grunde auch gerne
Weihnachten. Dieser Disclaimer ist wichtig, damit im Laufe diese
20 Minuten
Podcast
Podcaster
Ein Late Night Comedy Podcast. Gesellschaft, Politik, Klima, Alltag satirisch betrachtet, mit viel schwarzem Humor.
Je dunkler die Nacht, umso dunkler der Humor.
Beschreibung
vor 1 Tag
Eines vorweg, um die Gemüter zu beruhigen und die Anwälte der
Familienwerte in Schach zu halten: Ich liebe meine Familie. Ich
verbringe gerne Zeit mit ihr und ich feiere im Grunde auch gerne
Weihnachten. Dieser Disclaimer ist wichtig, damit im Laufe dieser
Analyse nicht der Eindruck entsteht, ich sei ein einsamer Grinch,
der im Keller hockt und Lametta verbrennt. Doch machen wir uns
ehrlich: Weihnachten ist furchtbar. Es ist der pure Horror, ein
logistischer Albtraum und purer Stress. Während das Fest an sich
– entkoppelt von jedem religiösen Zwang – ein schönes
traditionelles Familienfest sein könnte, zerfällt der Zauber der
Kindheit mit jedem Jahr, in dem man älter wird, ein Stück mehr.
Die Magie weicht der harten Arbeit, und plötzlich merkt man, dass
der Tisch sich eben nicht von selbst mit Braten und Dekoration
füllt.
Die Illusion der Ruhe im kapitalistischen Mühlenrad
Das Grundproblem beginnt bei der künstlichen Erhöhung dieses
einen Datums. Wir werden darauf trainiert, auf diesen einen Tag
hinzufebern – unterstützt durch Adventkalender, die uns täglich
die verbleibende Zeit bis zum Eskalationspunkt vor Augen führen.
Als Erwachsener weicht die Vorfreude jedoch oft dem puren Druck.
In der Arbeitswelt müssen vor den Feiertagen noch schnell alle
Projekte abgeschlossen werden, als gäbe es nach den zwei freien
Tagen keine Zukunft mehr. Man gerät mitten in die Mühlen des
Kapitalismus, nur um sich danach in die nächste Arbeit zu
stürzen: Die Vorbereitung des Festes. Dass ich mich als Mann hier
leicht rede, ist mir bewusst, denn den Löwenanteil dieser
Vorbereitung – vom Geschenkekauf bis zum Küchendienst – leisten
immer noch überwiegend die Frauen, während der männliche Teil der
Verwandtschaft oft schon den ersten Weihnachtsbrand auf dem Sofa
kultiviert.
Der Geschenkfluch: Warum wir Klemmbausteine einzeln verpacken
Ein besonderes Kapitel des Wahnsinns sind die Geschenke. Wir alle
wissen, dass das Christkind eine Lüge war, doch anstatt als
Erwachsene ehrlich miteinander zu sein, verstricken wir uns in
absurde Rituale. Wer kennt es nicht? Man macht aus, sich nichts
zu schenken, nur um dann sicherheitshalber doch ein
„Angstgeschenk“ im Schrank zu verstecken, falls die Gegenseite
sich nicht an die Abmachung hält. Das Ergebnis ist oft ein
Kreislauf aus minderwertigem Plunder, den man im nächsten Jahr
frustriert zurückschenkt. Bei den Kindern hingegen fährt die
Eisenbahn drüber: Da gibt es keine Ausnahme. Aus schierer Angst
vor dem weihnachtlichen Zorn des Nachwuchses greift man zu
verzweifelten Mitteln. Um die Erwartung nach „vielen Packerln“ zu
erfüllen, verpackt man inzwischen schon jeden einzelnen
Klemmbaustein eines Sets separat, nur damit der Berg unterm Baum
groß genug ist und man selbst fünf Minuten Ruhe vor dem nächsten
Aufstand hat.
Familien-Hetze und das heilige Silvester-Bett
Die wahre Prüfung ist jedoch die Familien-Logistik. Wer in einer
Beziehung lebt oder Kinder hat, besitzt plötzlich Familien im
Plural. Anstatt den Heiligabend gemütlich mit Bratwürsteln und
schlechter Musik zu Hause ausklingen zu lassen, hetzt man von
einer Feier zur nächsten. Man sitzt mit Menschen, die man kaum
kennt, an wackeligen, provisorisch verlängerten Tischen und isst
viel zu viel, obwohl die Oma hochheilig versprochen hatte, dieses
Jahr „weniger zu machen“. Es ist ein eng getakteter Marathon der
Höflichkeit, bei dem die Kinder still sein müssen, während die
Erwachsenen sich den Bauch vollschlagen. Wenn der ganze Spuk
vorbei ist, wartet jedoch die finale Ironie: Die Kinder haben
Ferien, man selbst muss arbeiten, und die Großeltern sind so
erschöpft vom Fest, dass sie als Betreuungspersonen für das
nächste Jahr ausfallen. Kein Wunder, dass Silvester heute nicht
mehr die Nacht der Partys ist, sondern der heilige Moment, in dem
man um 22:00 Uhr das Licht ausmacht und einfach nur froh ist,
dass es vorbei...
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