#19 Noch ein Ritterschlag

#19 Noch ein Ritterschlag

3 Minuten

Beschreibung

vor 3 Tagen

Preisverleihungen bieten die Gelegenheit zum Rückblick, nicht
zuletzt für den Geehrten selbst. Als Cem Özdemir den
Ignatz-Bubis-Preis für Verständigung der Stadt Frankfurt erhielt,
erinnerte er an den früheren Vorsitzenden des Zentralrats der
Juden als prägende Gestalt für ihn ganz persönlich. In Solingen
sei Bubis zur Trauerrede gebeten worden, weil Türken, Kurden,
Aleviten, Sunniten, Kemalisten und Religiöse sich nicht auf einen
aus den eigenen Reihen einigen konnten. Und dann habe er, der
Jude, allen aus dem Herzen gesprochen. Später gründeten die
beiden gemeinsam mit Smudo das Netzwerk „Schule ohne Rassismus“.


Allein Bubis‘ Frage, ob er dabei mitmachen wolle, sei ein
Ritterschlag gewesen, erzählt Özdemir und davon, wie eine nicht
korrekt gebundene Krawatte die beiden Männer einander
näherbrachte. Vor der ersten gemeinsamen Veranstaltung saßen sie
in der Maske, und der Ältere erklärte dem deutlich Jüngeren, dass
er so nicht auf die Bühne gehen könne. Es folgte eine
Schnellbleiche in Sachen Knotenbinden. Immer wieder traten sie
danach im Duo auf. „Ich als Vorgruppe, er als Hauptprogramm“,
sagt er. Immer ging es um die Grundlagen gesellschaftlichen
Zusammenhalts und darum, wie Rassismus erfolgreich bekämpft
werden kann. Die beiden Männer haben sich bis zu Bubis‘ Tod nicht
aus den Augen verloren. Die Auszeichnung 2019 ging auf seine
Witwe zurück, deren Worte ihm am Abend der Verleihung die Tränen
in die Augen trieben: Cem Özdemir setze sich ein für Werte, „die
allgemein sind“, sagte Ida Bubis, „wie mein Mann es getan hat,
denn der hat nicht nur die jüdischen Belange verteidigt.“ Und
genau das sei die Zukunft.

Kommentare (0)

Lade Inhalte...

Abonnenten

15
15