Japans neue Ministerpräsidentin setzt auf Remilitarisierung | Von Rainer Rupp
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vor 1 Woche
… und reißt historische Wunden in China auf.
Ein Kommentar von Rainer Rupp.
Kaum einen Monat im Amt, hat Japans neue Ministerpräsidentin
Sanae Takaichi mit einer einzigen Aussage einen explosiven Start
hingelegt und heftige diplomatische Reaktion ausgelöst. Ein
„Taiwan-Notfall“, so erklärte sie, sei eine „existenzbedrohende
Situation für Japan“. Für Peking war dies eine direkte
Einmischung in innere Angelegenheiten Chinas und ein Bruch mit
dem international anerkannten „Ein-China-Prinzip“. Chinas
Außenamtssprecher Lin Jian warnte Japan öffentlich, es solle
„aufhören, mit dem Feuer zu spielen“.
Takaichis Tabu-Bruch war kein Ausrutscher, sondern Teil einer
Serie von Provokationen Tokios seit ihrem Amtsantritt. Die
Regierungschefin folgt damit einer Linie, die stark an die
deutsche Entwicklung unter Verteidigungsminister Pistorius und
Kanzler Merz erinnert: In beiden Ländern wird der
Nachkriegspazifismus sichtbar zurückgedrängt, während
militärische Fähigkeiten und sicherheitspolitische Ambitionen
wachsen.
Ein belasteter Begriff und seine Wirkung
Der Kern der chinesischen Empörung liegt jedoch in Takaichis
Wortwahl. „Existenzbedrohende Situation“ ist nicht nur ein
juristischer Terminus des japanischen Sicherheitsrechts. Er weckt
Erinnerungen an die Rhetorik der japanischen Militärführung vor
und während des Zweiten Weltkriegs.
Damals beriefen sich japanische Führer auf „Überlebensbedrohungen
Japans“, um ihre mit äußerster Brutalität vorangetriebenen
Aggressionen in Ostasien, insbesondere aber die Invasion Chinas
zu rechtfertigen. Dies begann mit dem Ersten
Japanisch-Chinesischen Krieg (1895), der zur Annexion Taiwans
führte, und steigerte sich durch die Invasion der Mandschurei
(1931) bis hin zum totalen Krieg (1937–1945), der über 30
Millionen chinesische Tote, massive Zerstörungen und Gräueltaten
wie das Massaker von Nanjing Zigtausende von Toten forderte.
Dieser Begriff der „Überlebensbedrohung“ diente auch zur
Begründung des Angriffs auf Pearl Harbor (1941) als präventive
„Überlebensmaßnahme“. Für China streut die Benutzung dieses
Begriffs durch Japans Ministerpräsidentin Salz in immer noch rohe
Wunden. Denn Tokio hat sich für seine „enormen Verbrechen“,
einschließlich biologischer Kriegsführung und Experimente mit
chinesischen Gefangenen und Zivilisten, z.B. durch die
berüchtigte Einheit 731, nie entschuldigt. Das macht die aktuelle
Rhetorik für China umso schmerzhafter.
Abkehr von strategischer Ambiguität
In einer Parlamentsanhörung am 7. November 2025 erklärte
Takaichi, schon eine chinesische Blockade Taiwans könne eine
„überlebensbedrohende Krise“ darstellen. Damit gab Japan erstmals
seit dem Zweiten Weltkrieg seine strategische Zweideutigkeit
gegenüber Taiwan offiziell auf. Selbst eine Blockade ohne
Invasion würde nach dieser Logik militärische Intervention im
Rahmen kollektiver Selbstverteidigung an der Seite der USA
juristisch erlauben.
...https://apolut.net/japans-neue-ministerprasidentin-setzt-auf-remilitarisierung-von-rainer-rupp/
Diese Entwicklung ähnelt Deutschlands sicherheitspolitischem
Kurswechsel. Berlin hat nach Jahrzehnten militärischer
Zurückhaltung unter dem Druck geopolitischer Spannungen ebenfalls
rote Linien verschoben, von der Aufrüstung der Bundeswehr bis zur
engeren Anbindung an US-Sicherheitsstrategien.
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