#287 Globale Zukünfte 5: Botswana

#287 Globale Zukünfte 5: Botswana

42 Minuten

Beschreibung

vor 1 Woche

In der Podcastreihe „Globale Zukünfte“ fragt Michael, ob es Orte
auf der Welt gibt, von denen aus sich die großen Krisen unserer
Zeit – Klima, Politik, Gesellschaft – neu denken lassen. Fünf
Länder auf fünf Kontinenten sollten dafür den Blick weiten. Die
letzte Station führt nach Botswana: ein Land, das viele kaum
verorten können – und das gerade deshalb überrascht.


Botswana wirkt wie ein afrikanisches Paradox. Gesprächspartner
Thilo Schöne, Leiter der Friedrich-Ebert-Stiftung in Gaborone,
beschreibt ein Land, das sich aus bitterer Armut heraus zu
Stabilität und relativer Wohlhabenheit manövriert hat – ohne den
typischen „Ressourcenfluch“ zu erliegen. Diamanten wurden hier
nicht zum Motor von Korruption und Oligarchie, sondern zur
Grundlage von Infrastruktur, Bildung und öffentlicher Versorgung.
Ein Staatsfonds nach norwegischem Vorbild, ein klug verhandeltes
50-50-Modell mit De Beers und eine politische Elite der ersten
Generation, die Entwicklung vor Selbstbereicherung stellte, haben
ein seltenes Fenster geöffnet: Rohstoffreichtum als
gesellschaftlicher Gewinn.


Dieser Erfolg ruht jedoch auf einer zweiten, tieferen Säule:
einer demokratischen Kultur, die älter ist als die koloniale
Moderne. Konsenssuche, lokale Versammlungen, Machtteilung
zwischen Chiefs und Räten – Botswanas politische Tradition hat
demokratische Elemente hervorgebracht, bevor Demokratie zum
Exportbegriff wurde. Streit wird hier nicht als Sieg der Mehrheit
über eine Minderheit gedacht, sondern als gemeinsames „talk it
out“ bis eine Lösung tragfähig ist. Das Ergebnis ist ein Land,
das nach außen ruhig wirkt: wenig Aggression im öffentlichen
Raum, hohe Toleranz im politischen Wettbewerb, eine fast
unaufgeregte Normalität des Zusammenlebens.


Gleichzeitig steht Botswana heute an einer Schwelle. Die
Abhängigkeit von Diamanten wird zur gefährlichen Einseitigkeit,
seit der Weltmarkt schwächelt. Vor allem junge Menschen spüren
das als Zukunftskrise: „Jobs, Jobs, Jobs“ ist der Ruf einer
Generation, die auf Teilhabe wartet. Arbeitslosigkeit,
Perspektivlosigkeit und ein wachsender Frust, der sich nicht in
Straßenprotesten entlädt, sondern nach innen kippt – in
Depression, Alkoholismus, Gewalt. Hinter dem Bild des „Juwels“
liegen Wunden, die lange übersehen wurden. Gerade hier wird
Zukunft zur Frage, ob das Land seine eigene Erfolgsgeschichte
modernisieren kann.


Botswana ist damit kein idyllischer Ausnahmefall, sondern ein
Lernraum. Ein Land, das zeigt, dass demokratischer Fortschritt
möglich ist – und dass Stabilität immer wieder neu erfunden
werden muss. Die Bereitschaft zur Reform, die neue Regierung und
starke zivilgesellschaftliche Kräfte jetzt sichtbar machen, wirkt
wie ein Angebot an uns alle: Institutionen nicht nur zu
verteidigen, sondern mutig zu erneuern, bevor sie brüchig werden.


Zu Gast:


Thilo Schöne, Leiter der Friedrich-Ebert-Stiftung Botswana


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