Der Verteidigungsfall in Deutschland (Teil 2) | Von Janine Beicht

Der Verteidigungsfall in Deutschland (Teil 2) | Von Janine Beicht

30 Minuten

Beschreibung

vor 2 Wochen

Rechtliche Grundlagen, Einschränkungen und Auswirkungen
auf den Alltag


Ein Kommentar von Janine Beicht.


Während Teil 1 gezeigt hat, welche juristischen Schalthebel im
Verteidigungsfall umgelegt werden, richtet sich nun der Blick auf
das, was dieser Ausnahmezustand im Innersten der Gesellschaft
auslöst. Denn der Verteidigungsfall ist kein abstraktes
Paragraphenspiel, sondern ein radikaler Eingriff in das soziale,
wirtschaftliche und alltägliche Gefüge. Dort, wo heute
Sozialstaat, Versorgungssicherheit, digitale Freiheit und
öffentliches Leben selbstverständlich wirken, zieht der Notstand
die Leitungen ab und ersetzt Normalität durch staatliche
Steuerung.


Was im Frieden als fein austariertes soziales Netz erscheint,
wird im Ernstfall zum Stresstest für die Schwächsten. Versorgung
verwandelt sich in Rationierung, digitale Infrastruktur in ein
priorisiertes Kommandoinstrument, Behörden in exekutive
Machtzentren, während Soldaten im Innern operieren und
Sicherheitspolitik jeden zivilen Standard sprengt. Die Lücken des
Systems treten schonungslos zutage: Gesetzliche Grauzonen,
organisatorische Überforderung und ein staatlicher Zugriff, der
weit über das hinausgeht, was das Grundgesetz im Alltag erkennen
lässt.


Teil 2 zeigt, wie der Verteidigungsfall nicht nur Strukturen
verschiebt, sondern ganze Lebensbereiche kippt. Es ist der Blick
auf ein Deutschland, das nicht zusammenbricht, sondern
umschaltet. 



Sozialsystem (Rente, Bürgergeld, Behinderte,
Krankenversicherung)

Das Sozialnetz, das im Frieden schützt, könnte im
Verteidigungsfall unter Druck geraten, doch Zahlungen stoppen
nicht einfach automatisch.


Rechtliche Regelungen


Es gibt in den Notstandsartikeln keine explizite Regelung, die
vorsieht, dass Rentenzahlungen, Bürgergeld oder
Krankenversicherungsleistungen automatisch eingestellt werden,
nur weil der Verteidigungsfall ausgerufen ist. Aber praktisch
können andere Notstandsmaßnahmen (z. B. Einschränkungen bei
Arbeitsverhältnissen) das Sozialsystem stark negativ
beeinflussen: Wenn viele Menschen im Zwangsdienst arbeiten oder
nicht mehr regulär arbeiten können, könnte es fiskalisch oder
organisatorisch große Belastungen geben. Die öffentlichen
Sozialleistungen sind so weit wie möglich auch im äußeren
Notstand weiter zu gewähren. Ob spezielle Schutzmechanismen (z.
B. bevorzugte Weiterzahlung von Sozialleistungen) bestehen, ist
nicht eindeutig gesetzlich festgelegt im Rahmen der
Notstandsartikel. Solche Fragen könnten politisch, administrativ
oder per Sondergesetz geregelt werden, aber das Grundgesetz
definiert nicht jeden einzelnen Aspekt. 


Aber: Gesunde Bezieher von Hilfsgeldern (wie Bürgergeld) können
im Verteidigungsfall oder in einer Spannungsphase zur Arbeit
verpflichtet werden, wenn freiwillige Maßnahmen nicht ausreichen,
um Personalengpässe in der Verteidigung oder Wirtschaft zu
decken.
„Zur Deckung des angemeldeten Bedarfs sind zunächst alle
Möglichkeiten der Arbeitsvermittlung und des freien Arbeitsmarktes
zu nutzen. Kann der Arbeitskräftebedarf dadurch nicht oder nicht
rechtzeitig gedeckt werden, sind nach Anwendbarkeit des
Arbeitssicherstellungsgesetzes staatliche Lenkungsmaßnahmen
zulässig.“ Gesamtverteidigungsrichtlinien (RRGV) 32.1.4 | BMI Bund
(1)

Dies priorisiert Unbeschäftigte, basierend auf dem
Arbeitssicherstellungsgesetz.


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