Keine teuren Medikamente für Senioren? | Von Paul Clemente

Keine teuren Medikamente für Senioren? | Von Paul Clemente

8 Minuten

Beschreibung

vor 2 Wochen

Die Entsolidarisierungspolitik des Hendrik
Streeck


Ein Kommentar von Paul Clemente.


Einer Politik, die den homo oeconomicus zum Ideal erklärt, sind
Bürger, die sich nicht dem Markt hingeben, eine Provokation.
Dabei spielt der Grund keine Rolle. Während Bundeskanzler und
Mehrfach-Millionär Friedrich Merz den Bürgergeld-Empfängern so
richtig einheizen will, hat Parteikollege Hendrik Streeck eine
andere Gruppe im Visier. Eine, die ebenfalls keiner
„Wertschöpfung“ nachgeht. Richtig: Die Rentner. Deren Arbeit ist
getan. Von denen ist nichts mehr zu erwarten. Sie „kosten“
lediglich. Das inspiriert diverse Politiker regelmäßig zur
Entsolidarisierung mit den Alten.


Als Vorkämpfer gilt der CDU-Politiker Philip Mißfelder. Der
sorgte sich schon 2003 um die Finanzierbarkeit des
Gesundheitssystems. Dabei ließ er keinen Zweifel, wo der
Roststift anzusetzen ist:
„Ich halte nichts davon, wenn 85-Jährige noch künstliche
Hüftgelenke auf Kosten der Solidargemeinschaft bekommen.“

Früher seien die Alten doch auch auf Krücken rumspaziert.


Was Mißfelder natürlich nicht aussprach: Dass reiche Rentner sich
solche OPs trotzdem leisten können. Private Zahlung geht
schließlich immer. Krücken drohen lediglich Vertretern der
Unterschicht. Kein Zufall, denn solche Kürzungen werden stets von
Personen vorgebracht, für die eine „Eigenbeteiligung“ kein
Problem darstellt. So entscheiden Großverdiener oder gar
Millionäre über Elend oder gar Tod einer verarmenden Bevölkerung.


Dass Mißfelders Vorschlag manchen FDP-Politiker beglückte, bedarf
kaum der Erwähnung. Deren Ex-Gesundheitsminister Daniel Bahr
versuchte 2012 ein Remake. Seine Behauptung: „Experten“ würden an
der Notwendigkeit zahlreicher Knie- und Hüftprothesen zweifeln.
2010 habe man fast 400 000 neue Hüft- und Kniegelenke
eingesetzt – so stehe es im Krankenhaus-Report 2010 der
Barmer GEK. Aber auch Bahrs Reanimationsversuch
scheiterte.  


13 Jahre später, im Herbst 2025, plant die Merz-CDU ein
glanzvolles Comeback für die Bundeswehr. Dazu benötigt man Geld.
Und woher nehmen? Wie wärs mit dem Schreddern der Sozialsysteme?
Das wurde vor 45 Jahren schon einmal durchgesetzt: Damals hatte
US-Präsident Ronald Reagan sein Wettrüsten unter anderem durch
Kürzung von Sozialprogrammen finanziert.


Ist der Zeitgeist erst vergiftet, trauen sich auch die
Möchtegerns ans Mikrophon. So forderte Thomas Lemke,
Vorstandsvorsitzender der Klinikengruppe Sana, vor wenigen Wochen
im Podcast Table.Today:
„Wir müssen als Gesellschaft uns fragen, ob wir in jeder
Lebensphase, wo die Menschen sind, und da rede ich jetzt auch 80
aufwärts sozusagen, diesen Menschen am Ende des Tages die
vollumfängliche Medizin zukommen lassen.“




Hosted on Acast. See acast.com/privacy for more information.

Kommentare (0)

Lade Inhalte...

Abonnenten

15
15