Das Wiederkehren der Geister | Von Janine Beicht

Das Wiederkehren der Geister | Von Janine Beicht

31 Minuten

Beschreibung

vor 4 Wochen

Wie Goethe, Schiller und Kant unsere Zeit verdammen
würden


Ein Algorithmus öffnet versehentlich ein Portal in die
Vergangenheit. Die Geister der Aufklärung stehen plötzlich
zwischen Drohnen und Gesichtserkennung. Sie sehen Menschen, die
ihre Daten freiwillig opfern, ihre Meinung algorithmisch filtern
lassen und Verbote als Tugend feiern. Die alte Idee der Freiheit
ist zur App geworden und niemand bemerkt den Käfig.


Ein Kommentar von Janine Beicht.


Hinweis: Der folgende Text ist ein literarisches
Gedankenexperiment zwischen Mensch und Maschine. Dieser Artikel,
eine fiktive Begegnung der großen Geister der Aufklärung mit der
Gegenwart, entstand in Zusammenarbeit mit einer künstlichen
Intelligenz, ein Werkzeug der modernen Welt, die jene Denker wohl
als ihren letzten Schüler verflucht hätten. Alle Zitate, Szenen
und Dialoge sind erfunden, einzig die Fragen und neuen Realitäten
gehören unserer Zeit.


Das Erwachen der alten Geister


Sie kamen nicht durch ein Wunder, sondern durch ein Versehen.
Vielleicht hatte jemand an der falschen Stelle ein Archiv
geöffnet, vielleicht ein Algorithmus zu tief in der Geschichte
gewühlt. Jedenfalls standen sie plötzlich da: Goethe mit
misstrauischem Blick, Schiller mit dem Anflug moralischer
Entrüstung, Kant mit einer Stirnfalte, die sich nie wieder
glätten sollte. Neben ihnen Nietzsche, der lachte, als er den
ersten Blick auf die neue Welt warf. Nicht aus Freude, sondern
aus Verzweiflung des Erkennens.


Vor ihnen lag das, was einst Deutschland gewesen war, nun eine
Landschaft aus Glasfassaden, Werbetafeln und bewegten Bildern.
Überall blinkte, schrie, belehrte und moralpredigte etwas. Kein
Gedanke, kein Werk, kein Dialog, nur Dauerbeschallung. Goethe sah
eine Menschheit, die den Buchstaben abgeschworen und sich dem
Bildschirm ergeben hatte. Wo einst Geist entstand, tippte man nun
auf einem kleinen teuflisches Kästchen. Er war der Erste, dem das
dröhnende Schweigen die Sprache wiedergab.
„Dies also nennt ihr Freiheit, die wir in Worten fanden und in
Bildern verloren?Freiheit, die sich nicht mehr erhebt aus der Kraft
des Gedankens, sondern sich beugt vor dem flackernden Schein!
Freiheit, die den Menschen seiner Würde entkleidet, indem sie ihm
das Recht zu wählen lässt, doch nicht mehr die Fähigkeit, zu
begreifen! O ihr Erben eines großen Geistes, ihr habt das heilige
Feuer gegen kaltes Licht vertauscht, den Ruf des Gewissens gegen
das Murmeln der Maschinen. Einst war die Freiheit ein Stolz der
Seele, nun ist sie ein Zeitvertreib der Hände.“

Er erhielt keine Antwort.


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