Hat mit Meinungsfreiheit nichts zu tun | Von Paul Clemente
7 Minuten
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vor 1 Monat
Kretschmer attackiert Norbert Bolz
Ein Kommentar von Paul Clemente.
Endlich wieder eine Hausdurchsuchung. Wurde auch Zeit. Der Abgang
von Innenministerin Nancy Faser und Thomas Haldenwang trieb
Zensur- und Cancel-Fans in qualvolle Ungewissheit: Wer schickt
jetzt die Polizei zu den Oppositionellen? Bundeskanzler Friedrich
Merz? Eher nicht. Der jagt sozial Schwache und sponsert die
Ukraine mit Feuerwerkskörpern. Darüber hinaus erklärt er: Der
Erhalt von Meinungsfreiheit zähle zu seinen „Hauptaufgaben“. Ist
die Cancel Culture damit erledigt?! Ach wo. Auch die CDU mag auf
Schock-Pädagogik nicht verzichten. Hausdurchsuchung am frühen
Morgen als Mittel gegen publizistische Frechheit: Das hat sich
bewährt. Das gibt man nicht einfach so auf. Letzte Woche traf es
den Medien- und Kommunikationswissenschaftler Professor Norbert
Bolz.
Der begann vor 44 Jahren als Pop-Theoretiker. Seine
philosophischen Paten-Onkel: Gilles Deleuze und Felix Guattari.
Als postmoderner Denker analysierte Bolz den Zwiespalt der
Moderne. In jüngerer Zeit konvertierte er zu neoliberalen
Positionen: Mehr „Selbstverantwortung“ des Einzelnen, Kritik am
Sozialstaat. Den Medien attestierte er die Zerstörung der
Debattenkultur, O-Ton Bolz:
In „Feuilletons und Talkshows wird längst nicht mehr
diskutiert, sondern nur noch emotionalisiert.“
Wiederholt schoss der Professor gegen Verengung des
Meinungskorridors. Schlimmer noch: Er publizierte bei bösen
Alternativ-Medien: Darunter Die Achse des Guten und die
Wissensmanufaktur. Beim Mainstream sprang die Alarmanlage an:
Bolz hat ideologisches Feindesland betreten.
Dann kam der Januar 2024. Die Taz feierte die Bekämpfung der AfD
mit dem Tweet: „AfD-Verbot und Höcke-Petition: Deutschland
erwacht“. Bolz kommentierte:
„Gute Übersetzung von woke: Deutschland erwache!“
Anderthalb Jahre später: 23. Oktober 2025, Tatort Berlin
Zehlendorf. Um 8:50 Uhr klingelt die Polizei bei Norbert Bolz.
Hausdurchsuchung! Vorwurf laut Amtsgerichts Tiergarten: Verstoß
gegen § 86a des Strafgesetzbuches (StGB): Die Verwendung von
Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen. „Deutschland
erwache!“ war einst Losung der SA. Bolz habe das gewusst und sie
trotzdem getweetet. In aller Öffentlichkeit. Daraus folgerte der
zuständige Amtsrichter: Eine Durchsuchung sei
verhältnismäßig und erforderlich, ergo legal.
Nun haben die Beamten nicht die ganze Bude durchgewühlt. Der
Grund: Die Staatsanwaltschaft hatte den Amtsrichter vorab
gebeten, die Durchsuchung mit einer Abwendungsbefugnis zu
mildern. Das bedeutet: Wenn der Beschuldigte kooperiert, wenn er
freiwillig die gesuchten Beweise übergibt, wird auf Durchsuchung
verzichtet. Bolz nutzte diese Option: Auf seinem Smartphone
zeigte er den Beamten, dass er der Autor war. Damit galt die
Durchsuchung als beendet.
Ihnen kommt die Aktion seltsam vor? Trösten Sie sich. Dem
Verfassungsrechtler Josef Franz Lindner ergeht es ebenso. Der
fragt sich: Bolz war als Autor des Tweets doch bekannt. Er hatte
ihn nicht anonym gepostet. Was suchten die Beamten also?
Rechtsanwalt Udo Vetter hält die Durchsuchung für „krass
rechtswidrig“. Ein Anhörungsbogen hätte vollkommen ausgereicht.
Oder war die Aktion als Schocktherapie intendiert? Immerhin riet
ein Beamter dem Professor:
„Sie sollten in Zukunft vorsichtiger sein, was Sie
posten.“
...https://apolut.net/hat-mit-meinungsfreiheit-nichts-zu-tun-von-paul-clemente/
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