Folge 131: Oben mit statt oben ohne

Folge 131: Oben mit statt oben ohne

40 Minuten

Beschreibung

vor 1 Monat

Sie steht für Erotik, Hygiene und Schnelligkeit. Und doch ist sie
ein wenig aus der Mode gekommen: die Badekappe. Dabei hat sie
eine äußerst farbenprächtige Vergangenheit. Über die und die
Bedeutung der Badekappe heutzutage reden wir in dieser Folge mit
Holger Kreitling. Holger ist Reakteur bei der Zeitung „Die Welt“,
aber auch regelmäßig Autor für die Zeitschrift mare. Und als
solcher hat er kürzlich einen Artikel über die Geschichte der
Badekappe geschrieben und dafür ausgiebig recherchiert.


Eigentlich war die Badekappe - oder besser: Badehaube - vor allem
ein Frauending. Denn als die Seebäder im 19. Jahrhundert in Mode
kamen, gehen die Männer zwar oben ohne, die Frauen aber mit
Hüten, Hauben oder Haarnetzen ins Wasser. Nicht nur, um die
Frisur zu schonen - nein. Haare galten als Erotiksymbol, sie
mussten, genauso wie der Rest des Körpers, vor fremden Blicken
geschützt werden. Wir reden von einer Zeit, in der das
öffentliche Ausziehen eines Strumpfes Frauen ins Gefängnis
bringen konnten!


Zu Beginn des 20. Jahrhunderts gibt es Badekappen aus Wolle,
Seide oder später auch aus Gummi, nachempfunden den damals sehr
populären Fliegermützen, mit Riemen unterm Kinn. Bei den
Olympischen Spielen 1920 in Antwerpen tragen plötzlich alle
schwarz-weiße Gummi-Bademützen, denn man hatte gemerkt, dass die
Kopfbedeckung die Schwimmer:innen schneller macht. Die Badekappen
inspireren wiederum die Mode der 1920er Jahre - nicht wenige
Frauen trugen auf Partys glitzernde enganliegende
Kopfbedeckungen, die einen durchaus auch an Badekappen denken
lassen, erzählt Holger.


Wenig später kommt Latex auf den Markt, was die Badekappen noch
passgenauer macht. Doch im zweiten Weltkrieg wird Gummi für
anderes gebraucht. Die Olympischen Spiele 1940 finden wegen des
Krieges nicht statt. Für die amerikanische Rekordschwimmerin
Esther Williams zunächst ein Drama, doch am Ende sollte sie
diejenige sein, die das Schwimmen - und die Badekappe! - zu einem
regelrechten Trend machte. Denn nicht nur im Becken, auch auf der
Bühne wurde Williams berühmt, drehte insgesamt 14 Aqua-Musicals,
immer ist sie die Schwimmlehrerin, umgeben von zahlreichen Nixen
mit - Badekappe! Williams ist auch diejenige, die in den
amerikanischen Boomjahren nach 1945 für den Bau privater Swimming
Pools wirbt, mit großem Erfolg.


Die Badekappe wiederum trat auch in Deutschland den Siegeszug an.
Mit bunten Mustern und großen Blumen stand sie in den 1950er- und
1960er-Jahren für Verheißung und fröhliche Verkleidung, erzählt
Holger. Eine von uns kann sich noch gut erinnern, wie ihre
Muttter damit durchs Becken schwamm - den Kopf natürlich immer
oben. Unter Wasser damit? Auf keinen Fall!


Die Badekappen hatten aber auch noch eine andere Funktion: Die
Haare sollten die Filteranlagen in den öffentlichen Bädern nicht
verstopfen, deshalb waren Badekappen Pflicht. Erst 1980 wurde
diese Vorschrift abgeschafft, die Filter waren deutlich besser
geworden. Viele Badende haben aber schon vorher gegen das Tragen
der Kappen rebelliert - galten diese doch seit Ende der 1960er
Jahre als Zeichen des bürgerlichen Establishments.


Wer sich heute in Schwimmbädern umschaut, stellt schnell fest:
Badekappen werden vorwiegend von Menschen getragen, die im Verein
schwimmen - oder das irgendwann mal getan haben. Weil sie daran
gewöhnt sind und es oft auch cooler finden. Weil Kappen einen
Wiedererkennungswert haben, oft steht der name des Teams oder des
Vereins da drauf - so wie auf unseren Kappen „Chlorgesänge“. Ute
und Martina schwimmen - vermutlich als Einzige ;-) - aber auch in
Seen und im Meer mit Kappe. Weil sie vor Ohrenentzündung schützt.
Und man von Booten besser gesehen wird.


Holger selbst trägt übrigens keine Badekappe beim Schwimmen, egal
wo. Als kleines Geschenk für seine Zeit hat er sich trotzdem eine
Chlorgesänge-Badekappe ausgesucht. Eins unserer beiden neusten
Modelle, in gelb. Und sie sogar gleich anprobiert!



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