Im Gespräch mit ... Frank Urbaniok

Im Gespräch mit ... Frank Urbaniok

1 Stunde 10 Minuten

Beschreibung

vor 3 Monaten

Wohl kein Thema hat die Öffentlichkeit in den letzten Jahren
stärker verstört als die Migration, die, im Namen der
Menschlichkeit, letztlich in eine Form der inneren Zwietracht,
ja, des symbolischen Bürgerkriegs eingemündet ist. Hätte schon
die Kölner Silvesternacht die Anhänger der Willkommenskultur
lehren können, dass man in Gestalt unzähliger Neubürger durchaus
neuartige Probleme gewärtigen muss (wie den Taharrusch dschama'i
beispielsweise), war die Verführung, sich dem Rausch des moral
grandstanding hinzugeben, doch allzu groß. So groß jedenfalls,
dass die classe politique sich kurzerhand weigerte, die
selbstgeschaffenen Realitäten zur Kenntnis zu nehmen – während
auf der anderen Seite das vielgescholtene „Pack“, in einer
verstockten Schweigespirale befangen, sich dem Populismus ergab
oder sich damit begnügte, in Leserbriefen das double speak des
Einmann zu zergliedern. Die Folgen des gesellschaftlichen
Schismas sind allüberall zu besichtigen: Invektiven sind zu einer
politischen Währung geworden, während bürgerliche Tugenden in den
Hintergrund gerückt sind. In jedem Fall muss der politische
Beobachter diagnostizieren, dass der Verlust der äußeren Grenzen
die innere Ausgrenzung zur Folge gehabt hat. Dass in dieser noch
immer aufgeheizten Debatte mein Blick auf Frank Urbaniok gefallen
ist, hat damit zu tun, dass sich hier jemand zu Wort meldet, der,
aller xenophoben Neigung unverdächtig, die Entstehung des
Problems aus nächster Nähe – und mit professioneller Distanz -
hat verfolgen können. Denn als Psychiater, der zuallererst mit
persönlichkeitsgestörten Sexualstraftätern beschäftigt war, kann
man sich nicht mit der moralischen Verurteilung begnügen, sondern
gilt es zuvörderst zu verstehen, was den Betreffenden zu seinem
Handeln veranlasst. Dass Urbaniok, der in seiner Eigenschaft als
Chefarzt des Psychiatrisch-Psychologischen Dienstes in Zürich,
aber auch als Supervisor und Gutachter Tausende von Straftätern
kennengelernt hat, sich der Frage der Migration zuwandte, hatte
damit zu tun, dass er zunehmend mit Tätern zu tun hatte, deren
Handeln eine kulturelle Prägung aufwies. Mehr noch als dies aber
frappierte ihn das dröhnende Schweigen seiner Kollegenschar -
dass Kriminologen und Migrationsforscher, statt unangenehme
Realitäten zur Kenntnis zu nehmen, dem den Schleier des
Nichtwissenwollens vorziehen konnten. Genau dies hat ihn
veranlasst, ein Buch zu den Schattenseiten der Migration zu
verfassen, ein Buch, in das die Erfahrungen eines langen
Berufsleben eingeflossen sind.


Frank Urbaniok ist ein deutsch-schweizerischer forensischer
Psychiater. Er war in den Jahren 1997 bis 2018 Chefarzt des
Psychiatrisch-Psychologischen Dienstes des Kantons Zürich. Zudem
lehrt er an der Universität Konstanz Forensische Psychiatrie.


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