Vorläufige Steuerbescheide – Grenzen der Änderung, Ärztliche Notfalldienst-Vertretung – steuerfrei?, Umsatzsteuersenkung für Gastronomie I Steuernachrichten Update 35/25

Vorläufige Steuerbescheide – Grenzen der Änderung, Ärztliche Notfalldienst-Vertretung – steuerfrei?, Umsatzsteuersenkung für Gastronomie I Steuernachrichten Update 35/25

Keine Änderung zu Lasten des Steuerpflichtigen bei Vorläufigkeit nach § 165 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AO, Steuerbefreiung der vertretungsweisen Übernahme eines ärztlichen Notfalldienstes gegen Entgelt, Umsatzsteuersenkung für Gastronomie zum 1.1.2026
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Beschreibung

vor 3 Monaten

Soweit die Finanzbehörde eine Steuer vorläufig festgesetzt hat,
kann sie die Festsetzung nach § 165 Abs. 2 Satz 1 der
Abgabenordnung (AO) aufheben oder ändern.


Wenn die Ungewissheit beseitigt ist, ist eine vorläufige
Steuerfestsetzung aufzuheben, zu ändern oder für endgültig zu
erklären; eine ausgesetzte Steuerfestsetzung ist nachzuholen (§
165 Abs. 2 Satz 2 AO).


In den Fällen des § 165 Abs. 1 Satz 2 AO muss eine vorläufige
Steuerfestsetzung nach § 165 Abs. 2 Satz 2 AO nur auf Antrag des
Steuerpflichtigen für endgültig erklärt werden, wenn sie nicht
aufzuheben oder zu ändern ist (§ 165 Abs. 2 Satz 4 AO).


Klägerin Sandra studierte nach einer dreimonatigen Ausbildung zur
Rettungssanitäterin in den Jahren 2011 bis 2016 Medizin. In ihren
Einkommensteuererklärungen für die Jahre 2015 und 2016 machte sie
die Kosten hierfür als Werbungskosten nach § 9 Abs. 6 EStG
geltend.


Im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung erkannte das Finanzamt
die Aufwendungen erklärungsgemäß, aber nicht den gesetzlichen
Regelungen entsprechend, an.


Die Bescheide ergingen hinsichtlich der Abziehbarkeit der
Aufwendungen für eine Berufsausbildung unter einem
Vorläufigkeitsvermerk gemäß § 165 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AO. Hierin
wurde ausgeführt, dass die Vorläufigkeitserklärung die Frage
erfasst, ob §§ 4 Abs. 9, 9 Abs. 6 EStG mit höherrangigem Recht
vereinbar seien.


Nachdem das Bundesverfassungsgericht entschieden hatte, dass § 9
Abs. 6 EStG verfassungsgemäß ist, änderte das Finanzamt die
Einkommensteuerbescheide der Streitjahre nach § 165 Abs. 1 Satz 2
Nr. 3 i.V.m. Abs. 2 AO.


Die Ausbildung zur Rettungssanitäterin habe nicht den
Mindestumfang von zwölf Monaten aufgewiesen. Deshalb sei das
Medizinstudium als Erstausbildung anzusehen. Die Aufwendungen
hierfür seien gemäß § 9 Abs. 6 EStG nicht als Werbungskosten
abzugsfähig. Die ursprünglichen Steuerfestsetzungen seien zu
Lasten von Sandra zu ändern.


Das Finanzamt war jedoch nicht befugt die
Einkommensteuer-bescheide zu ändern.


§ 165 Abs. 2 Satz 1 und 2 AO erlaubt nicht die Korrektur einer
rechtswidrigen, nach § 165 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AOvorläufigen
Steuerfestsetzung.


Die Finanzbehörden sind lediglich "soweit" zur Änderung befugt,
als sie die Steuer vorläufig festgesetzt haben - hier die
Vereinbarkeit mit höherrangigem Recht.


Bestätigt das BVerfG die Vereinbarkeit des von der Verwaltung
vorläufig angewandten Steuergesetzes, wie im vorliegenden Fall,
ergibt sich kein Änderungsbedarf.


Nur falls das BVerfG das zu Lasten des Steuerpflichtigen wirkende
Steuergesetz als nicht mit der Verfassung vereinbar erklärt, ist
der vorläufige Bescheid zu seinen Gunsten zu ändern.


Das Finanzamt hatte die Kosten für das Studium fälschlicherweise
als Werbungskosten anerkannt. Dieser Fehler betraf die Anwendung
des Gesetzes aber nicht dessen Verfassungs-mäßigkeit. Das
Finanzamt hätte den Fehler von Anfang an erkennen müssen.


Eine Berichtigung auf Grund § 129 AO bzw. eine Änderung nach den
§§ 172 ff. AO kommt ebenfalls nicht in Betracht.


Fazit:


Ein nach § 165 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AO für vorläufig erklärter
Steuerbescheid kann nicht gemäß § 165 Abs. 2 AO zu Lasten des
Steuerpflichtigen geändert werden. Bestätigt das BVerfG die
Vereinbarkeit des Steuergesetzes mit höherrangigem Recht, besteht
kein Korrekturbedarf.


Fundstelle


BFH-Urteil v. 29.04.2025 - VI R 14/23


NWB RAAAJ-97152

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