HAAS Steuernachrichten

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Nachweise bei IG-Lieferungen, Ausschlussfrist: Klage gescheitert?, Aktivrentengesetz | Steuernachrichten KW48
25.11.2025
6 Minuten
Nachweis einer innergemeinschaftlichen Lieferung eines Kfz ohne Gelangensbestätigung Was gilt, wenn die Gelangensbestätigung für eine IG-Lieferung fehlt? Ein FG-Urteil zeigt, welche Nachweise trotzdem überzeugen können. Voraussetzung einer umsatzsteuerfreien innergemeinschaftlichen Lieferung i.S.d. § 4 Nr. 1 Buchst. b UStG ist u.a. dass der Unternehmer oder der Abnehmer den Gegenstand der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördert oder versendet (§ 6a Abs. 1 Nr. 1 UStG) und der Abnehmer – sofern er ein in einem anderen Mitgliedstaat für Zwecke der Umsatzsteuer erfasster Unternehmer oder juristische Person ist - gegenüber dem Unternehmer eine ihm von einem anderen Mitgliedstaat erteilte gültige Umsatzsteuer-Identifikationsnummer verwendet hat (§ 6a Abs. 1 Nr. 4 UStG). Die Voraussetzungen müssen gem. § 6a Abs. 3 Satz 1 UStG vom Unternehmer nachgewiesen sein. Wie der Unternehmer den Nachweis zu führen hat, ergibt sich aus §§ 17a ff. UStDV. In Abholfällen wird dies regelmäßig durch eine Gelangensbestätigung i.S.d. § 17b Abs. 2 Nr. 2 UStDV erfolgen. Aus der Gesetzesformulierung, dass der durch die Gelangensbestätigung (§ 17b Abs. 2 Nr. 2 UStDV) oder durch die Alternativnachweise des § 17b Abs. 3 UStDV geführte Nachweis als eindeutig und leicht nachprüfbar gilt, folge nach Auffassung des Niedersächsischen FG, dass diese nur eine mögliche Form des Belegnachweises sind und es dem Unternehmer freisteht, den Belegnachweis mit allen geeigneten Belegen zu führen, aus deren Gesamtheit sich das Gelangen des Liefergegenstands in das übrige Gemeinschaftsgebiet an den umsatzsteuerrechtlichen Abnehmer eindeutig und leicht nachprüfbar ergibt. Kann der Unternehmer die Steuerfreiheit nicht in der vorstehend dargelegten Art und Weise belegmäßig nachweisen, ist er nach dem BFH grundsätzlich berechtigt, die Voraussetzungen der Steuerfreiheit objektiv nachzuweisen (BFH-Urteil vom 22.4.2015 XI R 43/11, BStBl II 2015, 755, Rn. 34 m. w. N.). Aufgrund der unionsrechtlichen Neutralität der Mehrwertsteuer ist die Steuerbefreiung auch dann zu gewähren, wenn der Steuerpflichtige zwar die formellen Anforderungen an den Nachweis der innergemeinschaftlichen Lieferung nicht oder nicht vollständig erfüllt, die Voraussetzungen einer innergemeinschaftlichen Lieferung indes unbestreitbar feststehen. Dem Niedersächsischen Finanzgericht genügten hierfür amtliche Auskünfte über die zeitnahe Zulassung der strittigen Fahrzeuge in den jeweils vereinbarten Bestimmungsländern, dass die betreffenden Liefergegenstände vom Abnehmer in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördert wurden.  Eine Zulassung in einem anderen Mitgliedsstaat reicht dagegen ebenso wenig wie die bloße Abmeldung des Fahrzeugs in Deutschland. Schließlich kann das Auto ja auch noch ausgeschlachtet und die Einzelteile verkauft worden sein. Im Streitfall meinte der Kläger, dass das Finanzamt ermitteln möge, ob und ggf. wo einzelne strittige Fahrzeuge wieder zugelassen worden seien. Dies kommt jedoch nicht in Betracht. Die Finanzbehörden des Mitgliedstaats, in dem der Versand oder die Beförderung von Gegenständen im Rahmen einer innergemeinschaftlichen Lieferung beginnt, sind nicht verpflichtet, die Behörden des vom Lieferanten angegebenen Bestimmungsmitgliedstaats um Auskunft zu ersuchen (EuGH, Urteil v. 27.9.2007 – C-184/05, BStBl. II 2009, 83; Abschn. 6a.2 Abs. 3 Satz 3 UStAE). Die Vertrauensschutzregel nach § 6a Abs. 4 Satz 1 UStG, nach der eine Lieferung als steuerfrei anzusehen ist, wenn der Unternehmer sie als steuerfrei behandelt hat, obwohl die Voraussetzungen nach § 6a Abs. 1 UStG nicht vorliegen, die Inanspruchnahme der Steuerbefreiung auf unrichtigen Angaben des Abnehmers beruht und der Unternehmer die Unrichtigkeit dieser Angaben auch bei Beachtung der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns nicht erkennen konnte, kommt nicht in Betracht, weil nach ständiger BFH-Rechtsprechung hierfür Voraussetzung ist, dass der Unternehmer seinen Nachweispflichten nach §§ 17a ff. UStDV formell vollständig nachgekommen ist (z.B. BFH, Urteil v. 15.7.2004 – V R 1/04, Rn. 50; Abschn. 6a.8 Abs. 1 Satz 3, 5 f. UStAE m.w.N. und Abschn. 6a.8 Abs. 5 Satz 2 UStAE). Denn zu den Sorgfaltspflichten eines ordentlichen Kaufmanns gehört die Erfüllung des Beleg- und Buchnachweises (Abschn. 6a.8 Abs. 5 Satz 1 UStAE). Fazit: Als Nachweis einer umsatzsteuerfreien innergemeinschaftlichen Lieferung eines PKW reicht auch der Nachweis über die Zulassung im Bestimmungsstaat. Das Finanzamt ist nicht zu eigenen Ermittlungen verpflichtet. Vertrauensschutz kommt erst dann in Betracht, wenn der Unternehmer seinen Nachweispflichten nach §§ 17a ff. UStDV formell vollständig nachgekommen ist. Fundstelle FG Niedersachsen (Urteil v. 13.05.2025 – 5 K 9/25)
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Keine Sonderabschreibung, Doppelte Haushaltsführung, Bewertungsstichtag | Steuernachrichten KW47
18.11.2025
6 Minuten
Keine Sonderabschreibung für Ersatzneubau Was gilt, wenn ein altes Mietshaus abgerissen und durch einen Neubau ersetzt wird? Wer auf steuerliche Vergünstigungen nach § 7b EStG hofft, stößt schnell auf enge gesetzliche Grenzen. Der aktuelle BFH-Fall zeigt, wann eine Wohnung wirklich neu ist – und wann nicht.   Nach § 7b Abs. 1 Satz 1 EStG in der im Jahr 2020 geltenden Fassung können für die Anschaffung oder Herstellung neuer Wohnungen, die in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union belegen sind, unter den in § 7b Abs. 2 bis 5 EStG genannten Voraussetzungen im Jahr der Anschaffung oder Herstellung und in den folgenden drei Jahren Sonderabschreibungen bis zu jährlich 5 % der Bemessungsgrundlage in Anspruch genommen werden. Diese Sonderabschreibung kann neben der Absetzung für Abnutzung (AfA) nach § 7 Abs. 4 EStG geltend gemacht werden. Die Begünstigung fordert insbesondere, dass durch die Baumaßnahmen "neue, bisher nicht vorhandene" Wohnungen geschaffen werden. Das sanierungsbedürftige, aber zu Wohnzwecken vermietete Einfamilienhaus von Wilma und Fred wurde aus Wirtschaftlichkeitsgründen im Jahr 2020 abgerissen. Nach der Kündigung des Mietverhältnisses entschlossen sich beide, auf dem Grundstück ein neues Einfamilienhaus zu errichten und dieses ebenfalls zu vermieten. Die Baumaßnahme wurde im Dezember 2020 abgeschlossen. Neben der regulären AfA für den Neubau machten sie eine Sonderabschreibung nach § 7b EStG in Höhe von ca. 15.000,00 Euro als Werbungskosten im Rahmen der Vermietungseinkünfte geltend. Den Abzug der Sonderabschreibung lehnte das Finanzamt ab. Zur Begründung gab es an, es sei kein neuer Wohnraum geschaffen, sondern bereits bestehender Wohnraum ersetzt worden. Der BFH bestätigte diese Sichtweise. Ziel des Gesetzes ist den vorhandenen Wohnungsbestand durch steuerliche Anreize zu vermehren und bezahlbaren Wohnraum zu schaffen. Der Wohnraumknappheit wird nicht entgegengewirkt, wenn eine Wohnung bereits vor der Durchführung einer Baumaßnahme existent war und lediglich durch eine neue und qualitativ bessere Wohnung ersetzt wird. Der BFH hält fest: Eine "neue, bisher nicht vorhandene" Wohnung im Sinne von § 7b Abs. 2 Nr. 1 EStG (i. d. Fassung des Streitjahres 2020) liegt nicht vor, wenn die durch eine Baumaßnahme geschaffene Wohnung zwar "neu" im sprachlichen Sinne ist, hierdurch aber der zuvor vorhandene Bestand an Wohnungen auf dem Grundstück nicht vermehrt wurde. Fundstelle BFH-Urteil v. 12.08.2025 - IX R 24/24
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Private PV abzugsfähig?, Festsetzungsfrist bei Testament, Sozialversicherungsrechengrößen 2026 | Steuernachrichten Update 46/25
11.11.2025
6 Minuten
Abziehbarkeit von Beiträgen zu einer freiwilligen privaten Pflegezusatzversicherung Wer freiwillig für den Pflegefall vorsorgt, erwartet oft auch steuerliche Vorteile. Doch wie weit reicht die Abzugsfähigkeit solcher Beiträge tatsächlich? Aufwendungen zur Basis-Krankenversicherung und zur gesetzlichen Pflegeversicherung sind vollständig als Sonderausgaben abziehbar (§ 10 Abs. 1 Nr. 3 EStG). Beiträge für zusätzlichen Kranken- oder Pflegeversicherungs-schutz und für sonstige Vorsorgeaufwendungen, wie beispielsweise die Unfall- oder Haftpflichtversicherung, sind in ihrem Abzug als Sonderausgaben auf einen Höchstbetrag beschränkt (§ 10 Abs. 4 EStG). Dieser Höchstbetrag von 1.900,00 EUR bzw. 2.800,00 EUR wird in der Regel jedoch bereits durch Beiträge zur Basisabsicherung ausgeschöpft. Ein Abzug der sonstigen Vorsorgeaufwendungen ist dann ausgeschlossen (§ 10 Abs. 1 Nr. 3 ESt i.V.m. § 10 Abs. 4 Satz 4 EStG). Gitta und Gerd hatten neben ihrer gesetzlichen Pflegeversicherung eine freiwillige private Pflegezusatzversicherung abgeschlossen. In ihrer Einkommensteuererklärung machten sie die Beiträge als Sonderausgaben geltend. Schließlich würden die Leistungen der gesetzlichen Pflegeversicherung bei Weitem nicht ausreichen, um die Kosten einer vollstationären Pflege zu decken. Mit der Zusatzversicherung würde eine Versorgungslücke geschlossen. Das Finanzamt lehnte deren vollständigen Abzug ab und der BFH bestätigte diese Sichtweise. Der gemeinsame Höchstbetrag war bei Gitta und Gerd durch die Zahlung von Beiträgen zur Basisabsicherung bereits ausgeschöpft. Das Prinzip der Steuerfreiheit des Existenzminimums erfordert lediglich, dass der Staat diejenigen Beiträge für Pflegeversicherungen steuerlich freistellen muss, die der Gesetzgeber als verpflichtende Vorsorge ansieht und die nicht über das sozialhilferechtliche Niveau hinausgehen. Dies trifft auf ein freiwillige private Pflegezusatzversicherung nicht zu. Zusätzlich gelte das Teilleistungssystem, das heißt, die gesetzliche Pflegeversicherung deckt nicht alle durch die Pflege entstehenden Kosten ab. Ein Abzug der nicht als Sonderausgaben abziehbaren Pflegeversicherungsbeiträge als außergewöhnliche Belastung scheidet ebenfalls aus. Aufwendungen für eine private Pflegezusatzversicherung sind steuerlich nur im Rahmen eines gemeinsamen Höchstbetrags berücksichtigungsfähig. Fundstellen  BFH-Urteil v. 24.07.2025 - X R 10/20 NWB PAAAK-02467
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E-Mail genügt!, Änderung trotz Bestandskraft, Spekulieren Sie mit Spekulatius – aber ohne das Finanzamt! | Steuernachrichten Update 45/25
04.11.2025
5 Minuten
Einspruch per E-Mail Was gilt, wenn der Einspruch per E-Mail pünktlich rausging, aber nie beim Finanzamt ankam? Der BFH hatte jetzt Gelegenheit, diese praxisrelevante Frage zu beantworten. Die elektronische Kommunikation mit den Finanzbehörden ist längst Alltag. Doch immer wieder stellen sich Fragen zur Wirksamkeit elektronisch übermittelter Erklärungen und Einsprüche. Der BFH hatte nun Gelegenheit, zur Bedeutung von Lesebestätigungen bei E-Mails Stellung zu nehmen und eine praxisrelevante Klarstellung vorzunehmen. Nach § 110 AO ist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn jemand ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Frist einzuhalten. § 87a AO regelt die elektronische Kommunikation mit den Finanzbehörden und bestimmt, wann ein elektronisches Dokument als zugegangen gilt. Bisher fehlte eine höchstrichterliche Entscheidung dazu, ob der Steuerpflichtige verpflichtet ist, beim Versand eines Einspruchs per E-Mail eine Empfangs- oder Lesebestätigung einzufordern, um den Zugang zu sichern. Ein Steuerpflichtiger legte über seinen Berater Einspruch gegen Einkommensteuerbescheide per E-Mail ein. Die E-Mail wurde zwar ordnungsgemäß adressiert, erreichte das Finanzamt aber offenbar nicht. Als der Fehler bemerkt wurde, war die Einspruchsfrist abgelaufen. Der Antrag auf Wiedereinsetzung wurde vom Finanzamt abgelehnt. Das FG gab der Klage statt. Zu Recht, wie nun auch der BFH bestätigte. Der BFH entschied, dass der Zugang der E-Mail vom Einspruchsführer nachzuweisen ist. Ein Ausdruck der E-Mail genügt hierfür nicht. Dennoch liegt kein Verschulden vor, wenn der Absender alles ihm Zumutbare getan hat, also die E-Mail korrekt adressiert, ordnungsgemäß versandt und keine Unzustellbarkeitsmeldung erhalten hat. Die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand war daher zu gewähren. Wichtig: Das Unterlassen einer Lesebestätigung begründet kein Verschulden im Sinne des § 110 AO. Auch wenn der Zugang unbewiesen bleibt, muss der Absender keine besonderen technischen Sicherungsmaßnahmen treffen. Die AO sieht keine Pflicht zur qualifizierten Zustellart vor. Fazit: Der BFH schafft Rechtssicherheit für die Praxis: Wird ein Einspruch per E-Mail übermittelt, ist die fehlende Lesebestätigung kein Verschulden, das einer Wiedereinsetzung entgegensteht. Maßgeblich bleibt, dass der Steuerpflichtige alles Erforderliche und Zumutbare getan hat, um den Einspruch ordnungsgemäß zu übermitteln. Fundstelle BFH-Urteil vom 29. April 2025, VI R 2/23
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Ehevertrag kostet Steuern, Zinsen steuerneutral, Frist nicht verpassen! | Steuernachrichten Update 44/25
28.10.2025
6 Minuten
BFH bejaht Schenkungsteuer für Abfindung bei ehevertraglichem Verzicht auf Zugewinnausgleich Wer vor der Ehe Vermögen überträgt, um spätere Unterhalts- oder Zugewinnausgleichsansprüche auszuschließen, riskiert Schenkungsteuer. Der BFH stellt klar: Eine Pauschalabfindung für künftige, ungewisse Ansprüche ist steuerpflichtig – selbst, wenn sie vertraglich ausgehandelt wurde. Die Gestaltung ehevertraglicher Vermögensregelungen ist ein sensibles Thema, insbesondere dann, wenn hohe Vermögenswerte vor der Eheschließung übertragen werden. Das aktuelle Urteil des BFH zeigt, dass solche Zuwendungen erhebliche schenkungsteuerliche Folgen haben können, auch wenn sie auf vertraglicher Basis beruhen. Die steuerliche Beurteilung von Vermögensübertragungen im Zusammenhang mit Eheverträgen war bislang umstritten. Während die zivilrechtliche Inhaltskontrolle nach § 138 BGB in Fällen auffälliger Benachteiligung eines Ehegatten zur Unwirksamkeit einzelner Klauseln führen kann, bleibt auf schenkungsteuerlicher Ebene zu prüfen, ob die Übertragung als entgeltlich oder unentgeltlich zu qualifizieren ist. Maßgeblich ist, ob der Verzicht auf künftige Ansprüche als bewertbare Gegenleistung gilt oder nicht. Bereits in den Entscheidungen vom 17.10.2007 (II R 53/05, BStBl II 2008, 256) und vom 01.09.2021 (II R 40/19, BStBl II 2023, 146) hatte der BFH klargestellt, dass der Verzicht auf den künftigen Zugewinnausgleich keine entgeltliche Gegenleistung darstellt, weil die Forderung erst mit Beendigung des Güterstands entsteht. Thomas hatte mit seiner zukünftigen Ehefrau Julia vor der Eheschließung einen notariellen Ehevertrag geschlossen. Darin wurden der gesetzliche Güterstand der Zugewinngemeinschaft modifiziert, der Versorgungsausgleich ausgeschlossen sowie wechselseitige Verzichtserklärungen auf nachehelichen Unterhalt und Hausratsteilung vereinbart. Als Ausgleich verpflichtete sich Thomas, seiner künftigen Ehefrau binnen eines Jahres nach der Eheschließung ein Hausgrundstück zu übertragen, dessen Wert die Parteien mit mindestens 6 Mio. Euro bezifferten. Das Finanzamt setzte nach erfolgter Übertragung Schenkungsteuer in Höhe von 832.713 Euro fest. Thomas argumentierte, die Übertragung sei Teil eines ausgewogenen Ehevertrags und diene der Vermeidung der Sittenwidrigkeit nach der Rechtsprechung des BGH. Der Verzicht seiner Ehefrau stelle daher eine angemessene Gegenleistung dar. Zudem habe der Vertrag unter anwaltlicher Beratung stattgefunden und beruhe auf einem wirtschaftlich nachvollziehbaren Ausgleich. Das Finanzgericht Hamburg wies die Klage ab, der BFH bestätigte das Urteil. Der BFH stellt zunächst klar, dass der objektive Tatbestand des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG erfüllt ist. Eine freigebige Zuwendung liegt vor, wenn der Empfänger auf Kosten des Zuwendenden bereichert wird und die Zuwendung objektiv unentgeltlich erfolgt. Der Verzicht auf künftige Ansprüche – gleich ob Zugewinn, Unterhalt oder Hausratsteilung – begründet keine bewertbare Gegenleistung. Nach § 7 Abs. 3 ErbStG sind Leistungen, die nicht in Geld veranschlagt werden können, bei der Feststellung der Bereicherung außer Betracht zu lassen. Vor Beginn der Ehe sei ungewiss, ob und wann diese endet, ob eine Zugewinnausgleichsforderung entsteht und in welcher Höhe sie gegebenenfalls bestehen würde. Auch ein Unterhaltsanspruch hängt von der künftigen Bedürftigkeit und Leistungsfähigkeit ab (§§ 1569 ff. BGB). Damit fehlt es an der Bewertbarkeit der Verzichtsleistung. Der Senat grenzt zugleich die sogenannte Bedarfsabfindung ab: Diese ist dadurch gekennzeichnet, dass der Abfindungsbetrag erst mit Beendigung der Ehe fällig wird und die vertragliche Regelung somit aufschiebend bedingt ist. In solchen Fällen kann eine Bewertung bei Eintritt der Bedingung erfolgen, sodass § 7 Abs. 3 ErbStG keine Anwendung findet. Im Streitfall hingegen erfolgte die Übertragung unabhängig von einer Scheidung, weshalb eine Pauschalabfindung und keine Bedarfsabfindung vorlag. Auch der subjektive Tatbestand sei erfüllt. Der Kläger habe bewusst unentgeltlich gehandelt, da ihm bekannt war, dass im Zeitpunkt der Übertragung keine konkreten Ansprüche bestanden. Seine Annahme, der Verzicht sei eine Gegenleistung, sei ein unbeachtlicher Subsumtionsirrtum. Die Motive, etwa der Wunsch nach Rechtssicherheit oder der Rat anwaltlicher Berater, ändern daran nichts. Die Entscheidung führt die Linie der bisherigen BFH-Rechtsprechung konsequent fort. Der BFH trennt zivil- und steuerrechtliche Beurteilung strikt: Selbst, wenn ein Ehevertrag zivilrechtlich nur durch eine Ausgleichszahlung wirksam bleibt, entsteht daraus keine steuerlich relevante Gegenleistung. Das Urteil verdeutlicht den engen Anwendungsbereich des § 7 Abs. 3 ErbStG und bestätigt, dass ungewisse, künftige Ansprüche nicht bewertet werden können. Praktisch bedeutet dies, dass Vermögensübertragungen im Vorfeld der Ehe regelmäßig der Schenkungsteuer unterliegen, sofern sie nicht an die Beendigung der Ehe geknüpft sind. Gestaltungen über Bedarfsabfindungen bleiben hingegen möglich, erfordern aber eine aufschiebende Bedingung und eine klare Trennung von ehezeitlichen und nachehelichen Regelungen. Zivilrechtliche Erwägungen, eine Vertragsklausel müsse aus Gründen der Sittenwidrigkeit kompensiert werden, ändern nichts an der schenkungsteuerlichen Beurteilung. Der BFH verweist ausdrücklich darauf, dass der Schutzgedanke des Art. 6 Abs. 1 GG nicht berührt ist, da die Schenkungsteuerpflicht keine wirtschaftlich einschneidende Belastung darstellt und nicht typischerweise Eheleute benachteiligt. Die vor der Eheschließung vereinbarte Übertragung eines Vermögenswertes an den künftigen Ehegatten als Ausgleich für den Verzicht auf Zugewinnausgleich oder Unterhalt ist schenkungsteuerpflichtig. Eine Gegenleistung im Sinne des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG liegt nicht vor, da die abbedungenen Ansprüche ungewiss und nicht bewertbar sind. Nur wenn eine Abfindung unter der aufschiebenden Bedingung der Ehescheidung vereinbart wird, kann eine steuerfreie Bedarfsabfindung vorliegen. Fundstelle BFH, Urteil vom 09.04.2025 – II R 48/21
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