HAAS Steuernachrichten
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25.11.2025
6 Minuten
Nachweis einer innergemeinschaftlichen Lieferung eines Kfz ohne
Gelangensbestätigung
Was gilt, wenn die Gelangensbestätigung für eine IG-Lieferung
fehlt? Ein FG-Urteil zeigt, welche Nachweise trotzdem überzeugen
können.
Voraussetzung einer umsatzsteuerfreien innergemeinschaftlichen
Lieferung i.S.d. § 4 Nr. 1 Buchst. b UStG ist u.a. dass der
Unternehmer oder der Abnehmer den Gegenstand der Lieferung in das
übrige Gemeinschaftsgebiet befördert oder versendet (§ 6a Abs. 1
Nr. 1 UStG) und der Abnehmer – sofern er ein in einem anderen
Mitgliedstaat für Zwecke der Umsatzsteuer erfasster Unternehmer
oder juristische Person ist - gegenüber dem Unternehmer eine ihm
von einem anderen Mitgliedstaat erteilte gültige
Umsatzsteuer-Identifikationsnummer verwendet hat (§ 6a Abs. 1 Nr.
4 UStG). Die Voraussetzungen müssen gem. § 6a Abs. 3 Satz 1 UStG
vom Unternehmer nachgewiesen sein.
Wie der Unternehmer den Nachweis zu führen hat, ergibt sich aus
§§ 17a ff. UStDV. In Abholfällen wird dies regelmäßig durch eine
Gelangensbestätigung i.S.d. § 17b Abs. 2 Nr. 2 UStDV erfolgen.
Aus der Gesetzesformulierung, dass der durch die
Gelangensbestätigung (§ 17b Abs. 2 Nr. 2 UStDV) oder durch die
Alternativnachweise des § 17b Abs. 3 UStDV geführte Nachweis als
eindeutig und leicht nachprüfbar gilt, folge nach Auffassung des
Niedersächsischen FG, dass diese nur eine mögliche Form des
Belegnachweises sind und es dem Unternehmer freisteht, den
Belegnachweis mit allen geeigneten Belegen zu führen, aus deren
Gesamtheit sich das Gelangen des Liefergegenstands in das übrige
Gemeinschaftsgebiet an den umsatzsteuerrechtlichen Abnehmer
eindeutig und leicht nachprüfbar ergibt.
Kann der Unternehmer die Steuerfreiheit nicht in der vorstehend
dargelegten Art und Weise belegmäßig nachweisen, ist er nach dem
BFH grundsätzlich berechtigt, die Voraussetzungen der
Steuerfreiheit objektiv nachzuweisen (BFH-Urteil vom 22.4.2015 XI
R 43/11, BStBl II 2015, 755, Rn. 34 m. w. N.). Aufgrund der
unionsrechtlichen Neutralität der Mehrwertsteuer ist die
Steuerbefreiung auch dann zu gewähren, wenn der Steuerpflichtige
zwar die formellen Anforderungen an den Nachweis der
innergemeinschaftlichen Lieferung nicht oder nicht vollständig
erfüllt, die Voraussetzungen einer innergemeinschaftlichen
Lieferung indes unbestreitbar feststehen.
Dem Niedersächsischen Finanzgericht genügten hierfür amtliche
Auskünfte über die zeitnahe Zulassung der strittigen Fahrzeuge in
den jeweils vereinbarten Bestimmungsländern, dass die
betreffenden Liefergegenstände vom Abnehmer in das übrige
Gemeinschaftsgebiet befördert wurden.
Eine Zulassung in einem anderen Mitgliedsstaat reicht dagegen
ebenso wenig wie die bloße Abmeldung des Fahrzeugs in
Deutschland. Schließlich kann das Auto ja auch noch
ausgeschlachtet und die Einzelteile verkauft worden sein.
Im Streitfall meinte der Kläger, dass das Finanzamt ermitteln
möge, ob und ggf. wo einzelne strittige Fahrzeuge wieder
zugelassen worden seien. Dies kommt jedoch nicht in Betracht. Die
Finanzbehörden des Mitgliedstaats, in dem der Versand oder die
Beförderung von Gegenständen im Rahmen einer
innergemeinschaftlichen Lieferung beginnt, sind nicht
verpflichtet, die Behörden des vom Lieferanten angegebenen
Bestimmungsmitgliedstaats um Auskunft zu ersuchen (EuGH, Urteil
v. 27.9.2007 – C-184/05, BStBl. II 2009, 83; Abschn. 6a.2 Abs. 3
Satz 3 UStAE).
Die Vertrauensschutzregel nach § 6a Abs. 4 Satz 1 UStG, nach der
eine Lieferung als steuerfrei anzusehen ist, wenn der Unternehmer
sie als steuerfrei behandelt hat, obwohl die Voraussetzungen nach
§ 6a Abs. 1 UStG nicht vorliegen, die Inanspruchnahme der
Steuerbefreiung auf unrichtigen Angaben des Abnehmers beruht und
der Unternehmer die Unrichtigkeit dieser Angaben auch bei
Beachtung der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns nicht
erkennen konnte, kommt nicht in Betracht, weil nach ständiger
BFH-Rechtsprechung hierfür Voraussetzung ist, dass der
Unternehmer seinen Nachweispflichten nach §§ 17a ff. UStDV
formell vollständig nachgekommen ist (z.B. BFH, Urteil v.
15.7.2004 – V R 1/04, Rn. 50; Abschn. 6a.8 Abs. 1 Satz 3, 5 f.
UStAE m.w.N. und Abschn. 6a.8 Abs. 5 Satz 2 UStAE). Denn zu den
Sorgfaltspflichten eines ordentlichen Kaufmanns gehört die
Erfüllung des Beleg- und Buchnachweises (Abschn. 6a.8 Abs. 5 Satz
1 UStAE).
Fazit:
Als Nachweis einer umsatzsteuerfreien innergemeinschaftlichen
Lieferung eines PKW reicht auch der Nachweis über die Zulassung
im Bestimmungsstaat. Das Finanzamt ist nicht zu eigenen
Ermittlungen verpflichtet. Vertrauensschutz kommt erst dann in
Betracht, wenn der Unternehmer seinen Nachweispflichten nach §§
17a ff. UStDV formell vollständig nachgekommen ist.
Fundstelle
FG Niedersachsen (Urteil v. 13.05.2025 – 5 K 9/25)
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18.11.2025
6 Minuten
Keine Sonderabschreibung für Ersatzneubau
Was gilt, wenn ein altes Mietshaus abgerissen und durch einen
Neubau ersetzt wird?
Wer auf steuerliche Vergünstigungen nach § 7b EStG hofft, stößt
schnell auf enge gesetzliche Grenzen. Der aktuelle BFH-Fall
zeigt, wann eine Wohnung wirklich neu ist – und wann nicht.
Nach § 7b Abs. 1 Satz 1 EStG in der im Jahr 2020 geltenden
Fassung können für die Anschaffung oder Herstellung neuer
Wohnungen, die in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union
belegen sind, unter den in § 7b Abs. 2 bis 5 EStG genannten
Voraussetzungen im Jahr der Anschaffung oder Herstellung und in
den folgenden drei Jahren Sonderabschreibungen bis zu jährlich 5
% der Bemessungsgrundlage in Anspruch genommen werden.
Diese Sonderabschreibung kann neben der Absetzung für Abnutzung
(AfA) nach § 7 Abs. 4 EStG geltend gemacht werden.
Die Begünstigung fordert insbesondere, dass durch die
Baumaßnahmen "neue, bisher nicht vorhandene" Wohnungen geschaffen
werden.
Das sanierungsbedürftige, aber zu Wohnzwecken vermietete
Einfamilienhaus von Wilma und Fred wurde aus
Wirtschaftlichkeitsgründen im Jahr 2020 abgerissen. Nach der
Kündigung des Mietverhältnisses entschlossen sich beide, auf dem
Grundstück ein neues Einfamilienhaus zu errichten und dieses
ebenfalls zu vermieten. Die Baumaßnahme wurde im Dezember 2020
abgeschlossen.
Neben der regulären AfA für den Neubau machten sie eine
Sonderabschreibung nach § 7b EStG in Höhe von ca. 15.000,00 Euro
als Werbungskosten im Rahmen der Vermietungseinkünfte
geltend.
Den Abzug der Sonderabschreibung lehnte das Finanzamt ab. Zur
Begründung gab es an, es sei kein neuer Wohnraum geschaffen,
sondern bereits bestehender Wohnraum ersetzt worden. Der BFH
bestätigte diese Sichtweise.
Ziel des Gesetzes ist den vorhandenen Wohnungsbestand durch
steuerliche Anreize zu vermehren und bezahlbaren Wohnraum zu
schaffen.
Der Wohnraumknappheit wird nicht entgegengewirkt, wenn eine
Wohnung bereits vor der Durchführung einer Baumaßnahme existent
war und lediglich durch eine neue und qualitativ bessere Wohnung
ersetzt wird.
Der BFH hält fest: Eine "neue, bisher nicht vorhandene" Wohnung
im Sinne von § 7b Abs. 2 Nr. 1 EStG (i. d. Fassung des
Streitjahres 2020) liegt nicht vor, wenn die durch eine
Baumaßnahme geschaffene Wohnung zwar "neu" im sprachlichen Sinne
ist, hierdurch aber der zuvor vorhandene Bestand an Wohnungen auf
dem Grundstück nicht vermehrt wurde.
Fundstelle
BFH-Urteil v. 12.08.2025 - IX R 24/24
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11.11.2025
6 Minuten
Abziehbarkeit von Beiträgen zu einer freiwilligen privaten
Pflegezusatzversicherung
Wer freiwillig für den Pflegefall vorsorgt, erwartet oft auch
steuerliche Vorteile. Doch wie weit reicht die Abzugsfähigkeit
solcher Beiträge tatsächlich?
Aufwendungen zur Basis-Krankenversicherung und zur gesetzlichen
Pflegeversicherung sind vollständig als Sonderausgaben abziehbar
(§ 10 Abs. 1 Nr. 3 EStG).
Beiträge für zusätzlichen Kranken- oder
Pflegeversicherungs-schutz und für sonstige Vorsorgeaufwendungen,
wie beispielsweise die Unfall- oder Haftpflichtversicherung, sind
in ihrem Abzug als Sonderausgaben auf einen Höchstbetrag
beschränkt (§ 10 Abs. 4 EStG).
Dieser Höchstbetrag von 1.900,00 EUR bzw. 2.800,00 EUR wird in
der Regel jedoch bereits durch Beiträge zur Basisabsicherung
ausgeschöpft. Ein Abzug der sonstigen Vorsorgeaufwendungen ist
dann ausgeschlossen (§ 10 Abs. 1 Nr. 3 ESt i.V.m. § 10 Abs. 4
Satz 4 EStG).
Gitta und Gerd hatten neben ihrer gesetzlichen Pflegeversicherung
eine freiwillige private Pflegezusatzversicherung
abgeschlossen.
In ihrer Einkommensteuererklärung machten sie die Beiträge als
Sonderausgaben geltend. Schließlich würden die Leistungen der
gesetzlichen Pflegeversicherung bei Weitem nicht ausreichen, um
die Kosten einer vollstationären Pflege zu decken. Mit der
Zusatzversicherung würde eine Versorgungslücke geschlossen.
Das Finanzamt lehnte deren vollständigen Abzug ab und der BFH
bestätigte diese Sichtweise.
Der gemeinsame Höchstbetrag war bei Gitta und Gerd durch die
Zahlung von Beiträgen zur Basisabsicherung bereits
ausgeschöpft.
Das Prinzip der Steuerfreiheit des Existenzminimums erfordert
lediglich, dass der Staat diejenigen Beiträge für
Pflegeversicherungen steuerlich freistellen muss, die der
Gesetzgeber als verpflichtende Vorsorge ansieht und die nicht
über das sozialhilferechtliche Niveau hinausgehen.
Dies trifft auf ein freiwillige private Pflegezusatzversicherung
nicht zu.
Zusätzlich gelte das Teilleistungssystem, das heißt, die
gesetzliche Pflegeversicherung deckt nicht alle durch die Pflege
entstehenden Kosten ab.
Ein Abzug der nicht als Sonderausgaben abziehbaren
Pflegeversicherungsbeiträge als außergewöhnliche Belastung
scheidet ebenfalls aus.
Aufwendungen für eine private Pflegezusatzversicherung sind
steuerlich nur im Rahmen eines gemeinsamen Höchstbetrags
berücksichtigungsfähig.
Fundstellen
BFH-Urteil v. 24.07.2025 - X R 10/20
NWB PAAAK-02467
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04.11.2025
5 Minuten
Einspruch per E-Mail
Was gilt, wenn der Einspruch per E-Mail pünktlich rausging, aber
nie beim Finanzamt ankam? Der BFH hatte jetzt Gelegenheit, diese
praxisrelevante Frage zu beantworten.
Die elektronische Kommunikation mit den Finanzbehörden ist längst
Alltag. Doch immer wieder stellen sich Fragen zur Wirksamkeit
elektronisch übermittelter Erklärungen und Einsprüche. Der BFH
hatte nun Gelegenheit, zur Bedeutung von Lesebestätigungen bei
E-Mails Stellung zu nehmen und eine praxisrelevante Klarstellung
vorzunehmen.
Nach § 110 AO ist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu
gewähren, wenn jemand ohne Verschulden verhindert war, eine
gesetzliche Frist einzuhalten. § 87a AO regelt die elektronische
Kommunikation mit den Finanzbehörden und bestimmt, wann ein
elektronisches Dokument als zugegangen gilt. Bisher fehlte eine
höchstrichterliche Entscheidung dazu, ob der Steuerpflichtige
verpflichtet ist, beim Versand eines Einspruchs per E-Mail eine
Empfangs- oder Lesebestätigung einzufordern, um den Zugang zu
sichern.
Ein Steuerpflichtiger legte über seinen Berater Einspruch gegen
Einkommensteuerbescheide per E-Mail ein. Die E-Mail wurde zwar
ordnungsgemäß adressiert, erreichte das Finanzamt aber offenbar
nicht. Als der Fehler bemerkt wurde, war die Einspruchsfrist
abgelaufen. Der Antrag auf Wiedereinsetzung wurde vom Finanzamt
abgelehnt. Das FG gab der Klage statt. Zu Recht, wie nun auch der
BFH bestätigte.
Der BFH entschied, dass der Zugang der E-Mail vom
Einspruchsführer nachzuweisen ist. Ein Ausdruck der E-Mail genügt
hierfür nicht. Dennoch liegt kein Verschulden vor, wenn der
Absender alles ihm Zumutbare getan hat, also die E-Mail korrekt
adressiert, ordnungsgemäß versandt und keine
Unzustellbarkeitsmeldung erhalten hat. Die Wiedereinsetzung in
den vorigen Stand war daher zu gewähren.
Wichtig: Das Unterlassen einer Lesebestätigung begründet kein
Verschulden im Sinne des § 110 AO. Auch wenn der Zugang
unbewiesen bleibt, muss der Absender keine besonderen technischen
Sicherungsmaßnahmen treffen. Die AO sieht keine Pflicht zur
qualifizierten Zustellart vor.
Fazit:
Der BFH schafft Rechtssicherheit für die Praxis: Wird ein
Einspruch per E-Mail übermittelt, ist die fehlende
Lesebestätigung kein Verschulden, das einer Wiedereinsetzung
entgegensteht. Maßgeblich bleibt, dass der Steuerpflichtige alles
Erforderliche und Zumutbare getan hat, um den Einspruch
ordnungsgemäß zu übermitteln.
Fundstelle
BFH-Urteil vom 29. April 2025, VI R 2/23
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28.10.2025
6 Minuten
BFH bejaht Schenkungsteuer für Abfindung bei ehevertraglichem
Verzicht auf Zugewinnausgleich
Wer vor der Ehe Vermögen überträgt, um spätere Unterhalts- oder
Zugewinnausgleichsansprüche auszuschließen, riskiert
Schenkungsteuer. Der BFH stellt klar: Eine Pauschalabfindung für
künftige, ungewisse Ansprüche ist steuerpflichtig – selbst, wenn
sie vertraglich ausgehandelt wurde.
Die Gestaltung ehevertraglicher Vermögensregelungen ist ein
sensibles Thema, insbesondere dann, wenn hohe Vermögenswerte vor
der Eheschließung übertragen werden. Das aktuelle Urteil des BFH
zeigt, dass solche Zuwendungen erhebliche schenkungsteuerliche
Folgen haben können, auch wenn sie auf vertraglicher Basis
beruhen.
Die steuerliche Beurteilung von Vermögensübertragungen im
Zusammenhang mit Eheverträgen war bislang umstritten. Während die
zivilrechtliche Inhaltskontrolle nach § 138 BGB in Fällen
auffälliger Benachteiligung eines Ehegatten zur Unwirksamkeit
einzelner Klauseln führen kann, bleibt auf schenkungsteuerlicher
Ebene zu prüfen, ob die Übertragung als entgeltlich oder
unentgeltlich zu qualifizieren ist. Maßgeblich ist, ob der
Verzicht auf künftige Ansprüche als bewertbare Gegenleistung gilt
oder nicht. Bereits in den Entscheidungen vom 17.10.2007 (II R
53/05, BStBl II 2008, 256) und vom 01.09.2021 (II R 40/19, BStBl
II 2023, 146) hatte der BFH klargestellt, dass der Verzicht auf
den künftigen Zugewinnausgleich keine entgeltliche Gegenleistung
darstellt, weil die Forderung erst mit Beendigung des Güterstands
entsteht.
Thomas hatte mit seiner zukünftigen Ehefrau Julia vor der
Eheschließung einen notariellen Ehevertrag geschlossen. Darin
wurden der gesetzliche Güterstand der Zugewinngemeinschaft
modifiziert, der Versorgungsausgleich ausgeschlossen sowie
wechselseitige Verzichtserklärungen auf nachehelichen Unterhalt
und Hausratsteilung vereinbart. Als Ausgleich verpflichtete sich
Thomas, seiner künftigen Ehefrau binnen eines Jahres nach der
Eheschließung ein Hausgrundstück zu übertragen, dessen Wert die
Parteien mit mindestens 6 Mio. Euro bezifferten. Das Finanzamt
setzte nach erfolgter Übertragung Schenkungsteuer in Höhe von
832.713 Euro fest.
Thomas argumentierte, die Übertragung sei Teil eines ausgewogenen
Ehevertrags und diene der Vermeidung der Sittenwidrigkeit nach
der Rechtsprechung des BGH. Der Verzicht seiner Ehefrau stelle
daher eine angemessene Gegenleistung dar. Zudem habe der Vertrag
unter anwaltlicher Beratung stattgefunden und beruhe auf einem
wirtschaftlich nachvollziehbaren Ausgleich. Das Finanzgericht
Hamburg wies die Klage ab, der BFH bestätigte das Urteil.
Der BFH stellt zunächst klar, dass der objektive Tatbestand des §
7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG erfüllt ist. Eine freigebige Zuwendung
liegt vor, wenn der Empfänger auf Kosten des Zuwendenden
bereichert wird und die Zuwendung objektiv unentgeltlich erfolgt.
Der Verzicht auf künftige Ansprüche – gleich ob Zugewinn,
Unterhalt oder Hausratsteilung – begründet keine bewertbare
Gegenleistung. Nach § 7 Abs. 3 ErbStG sind Leistungen, die nicht
in Geld veranschlagt werden können, bei der Feststellung der
Bereicherung außer Betracht zu lassen.
Vor Beginn der Ehe sei ungewiss, ob und wann diese endet, ob eine
Zugewinnausgleichsforderung entsteht und in welcher Höhe sie
gegebenenfalls bestehen würde. Auch ein Unterhaltsanspruch hängt
von der künftigen Bedürftigkeit und Leistungsfähigkeit ab (§§
1569 ff. BGB). Damit fehlt es an der Bewertbarkeit der
Verzichtsleistung.
Der Senat grenzt zugleich die sogenannte Bedarfsabfindung ab:
Diese ist dadurch gekennzeichnet, dass der Abfindungsbetrag erst
mit Beendigung der Ehe fällig wird und die vertragliche Regelung
somit aufschiebend bedingt ist. In solchen Fällen kann eine
Bewertung bei Eintritt der Bedingung erfolgen, sodass § 7 Abs. 3
ErbStG keine Anwendung findet. Im Streitfall hingegen erfolgte
die Übertragung unabhängig von einer Scheidung, weshalb eine
Pauschalabfindung und keine Bedarfsabfindung vorlag.
Auch der subjektive Tatbestand sei erfüllt. Der Kläger habe
bewusst unentgeltlich gehandelt, da ihm bekannt war, dass im
Zeitpunkt der Übertragung keine konkreten Ansprüche bestanden.
Seine Annahme, der Verzicht sei eine Gegenleistung, sei ein
unbeachtlicher Subsumtionsirrtum. Die Motive, etwa der Wunsch
nach Rechtssicherheit oder der Rat anwaltlicher Berater, ändern
daran nichts.
Die Entscheidung führt die Linie der bisherigen
BFH-Rechtsprechung konsequent fort. Der BFH trennt zivil- und
steuerrechtliche Beurteilung strikt: Selbst, wenn ein Ehevertrag
zivilrechtlich nur durch eine Ausgleichszahlung wirksam bleibt,
entsteht daraus keine steuerlich relevante Gegenleistung. Das
Urteil verdeutlicht den engen Anwendungsbereich des § 7 Abs. 3
ErbStG und bestätigt, dass ungewisse, künftige Ansprüche nicht
bewertet werden können.
Praktisch bedeutet dies, dass Vermögensübertragungen im Vorfeld
der Ehe regelmäßig der Schenkungsteuer unterliegen, sofern sie
nicht an die Beendigung der Ehe geknüpft sind. Gestaltungen über
Bedarfsabfindungen bleiben hingegen möglich, erfordern aber eine
aufschiebende Bedingung und eine klare Trennung von ehezeitlichen
und nachehelichen Regelungen.
Zivilrechtliche Erwägungen, eine Vertragsklausel müsse aus
Gründen der Sittenwidrigkeit kompensiert werden, ändern nichts an
der schenkungsteuerlichen Beurteilung. Der BFH verweist
ausdrücklich darauf, dass der Schutzgedanke des Art. 6 Abs. 1 GG
nicht berührt ist, da die Schenkungsteuerpflicht keine
wirtschaftlich einschneidende Belastung darstellt und nicht
typischerweise Eheleute benachteiligt.
Die vor der Eheschließung vereinbarte Übertragung eines
Vermögenswertes an den künftigen Ehegatten als Ausgleich für den
Verzicht auf Zugewinnausgleich oder Unterhalt ist
schenkungsteuerpflichtig. Eine Gegenleistung im Sinne des § 7
Abs. 1 Nr. 1 ErbStG liegt nicht vor, da die abbedungenen
Ansprüche ungewiss und nicht bewertbar sind. Nur wenn eine
Abfindung unter der aufschiebenden Bedingung der Ehescheidung
vereinbart wird, kann eine steuerfreie Bedarfsabfindung
vorliegen.
Fundstelle
BFH, Urteil vom 09.04.2025 – II R 48/21
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Gesetzesänderungen, Rechtsprechung im Steuerrecht und aktuelle
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Fachanwälte, Buchhalter und alle, die sich beruflich mit Steuern
auseinandersetzen. Ihnen fehlt die Zeit, um sich unsere
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Sie diese ganz einfach beim Autofahren anhören könnten? Kein
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