Bestimmt verpasst: Fische haben auch keine Arme und Beine

Bestimmt verpasst: Fische haben auch keine Arme und Beine

49 Minuten

Beschreibung

vor 4 Monaten

Diese Begegnung wird uns noch lange im Gedächtnis bleiben. Wir
treffen ⁠Janis McDavid ⁠nach seinem Trainung im SSE, der Schwimm-
und Sprunghalle im Berliner Europasportpark. Paralympics-Trainer
Matze Ulm ist zufrieden mit der heutigen Leistung, wir können uns
in einen kleinen Raum am Eingang zurückziehen.


Janis ist ein Phänomen, das wird gleich am Anfang klar. Mit
seiner Statur erregt er Aufmerksamkeit wie ein Popstar, der
33jährige hat weder Arme noch Beine, erlebt es immer wieder, wie
Leute ihn ⁠anstarren⁠. Dabei führt er ein rasanteres Leben als
die meisten von uns, fährt Rennwagen, hat den Kilimandscharo
bestiegen, reist als Speaker durch die Welt, um für eine
Arbeitswelt zu werben, in der alle Menschen diskriminierungsfrei
arbeiten können.Für viele gilt er als einer der engagiertesten
Vordenker für Inklusion und Gleichberechtigung.


Langer Zeit sein blinder Fleck: Schwimmen können. Als Kind wäre
er fast ertrunken, wenn ihn seine Mutter nicht im letzten Moment
gerettet hätte. In der Schule fühlt sich niemand in der Lage, ihm
das Schwimmen beizubringen, lauter hilflose Versuche, alle
schlugen fehl. Janis, der eigentlich nichts in seinem Leben für
unmöglich hält, ⁠kommt an seine Grenzen⁠. Doch dann verändert die
Stiftung „Deutschland schwimmt“ sein Leben. Er erfährt, was er
nie für möglich gehalten hätte: Das Wasser hält und trägt ihn, er
kann schwimmen!


Das war im Frühjahr 2024. Seitdem trainiert Janis jeden Tag,
optimiert seinen Schwimmstil, gleitet wie ein Delphin durchs
Wasser. Ein riesiger Aufwand - allein der Rumpf sorgt für seine
Fortbewegung, er hat keine Arme und Beine, die ihn unterstützen
können. Doch seine Fortschritte sind enorm: Immer schneller legt
er immer größere Strecken zurück. Sein Leben hat sich komplett
verändert: kein Alkohol mehr, stattdessen jeden Tag eine
Trainingseinheit in der Schwimmhalle.


Er sagt selbst - es ist wie eine Sucht. Vielleicht tritt er 2028
bei den Paralympics an, vielleicht auch nicht. Er bewundert den
Para-Schwimmer Josia Topf, bei dem er seine ersten
Trainingseinheiten machen durfte. Mittlerweile ist Janis auch
⁠Botschafter ⁠für die Stiftung „Deutschland schwimmt“, setzt sich
dafür ein, dass Menschen mit Behinderungen selbstverständlich
schwimmen lernen können. Was der Grund dafür ist, dass er ohne
Arme und Beine auf die Welt gekommen ist - vermutlich ein
genetischer Defekt namens Tetraamelie - interessiert ihn nicht.
Für ihn ist viel wichtiger, was seine Mutter vor vielen Jahren zu
ihm gesagt hat: „Jeder Mensch hat eine Aufgabe in dieser Welt. Es
liegt an dir herauszufinden, welche das ist.“ Janis hat ⁠viele
Aufgaben⁠ gefunden.















Kommentare (0)

Lade Inhalte...

Abonnenten

15
15