Mara Genschel über instabile Texte

Mara Genschel über instabile Texte

1 Stunde 10 Minuten

Beschreibung

vor 5 Monaten
Dieses Mal ist Mara Genschel bei DEAR READER zu Gast. Vielleicht
erinnert ihr euch an ihren Auftritt beim Wettbewerb um den Ingeborg
Bachmann Preis 2022, als diese Schönheit mit Schnurrbart mit leicht
bescheuerten amerikanischen Akzent, einen sehr lustigen,
verspielten, konzeptuellen und abgründigen Text vorgelesen hat. Er
heißt DAS FENSTER ZUM HOF. Der Text ist Teil der „Midlife-Prosa“,
wie Mara Genschel ihre Textsammlung genannt hat, die 2024 im
Engeler Verlag erschienen ist. Im Untertitel steht „Performative
Erzählungen“. Denn die Texte sind nicht nur für Performances
geschrieben, sondern oft selbst performativ. Der Text übernimmt
dann plötzlich, schreibt über die Autorin, verwirft sich, streicht
sich durch. Die Texte werden zu einer Bühne. Ein weiteres Motiv
vieler Texte ist die Suche nach einem Titel. Man hat manchmal den
Eindruck, die Texte hätten keine Lust sich festzulegen, starr zu
werden. Vielmehr interessiert sich die Autorin Mara Genschel dafür,
was aus den Texten werden kann, und wie sie sich in der
Konfrontation mit einem Publikum verändern. Damit fordert sie die
normative Regelpoetik heraus. Sie hat ein Händchen dafür, Inhalt
und Form auf humorvolle Weise auseinanderklaffen zu lassen. Zudem
macht sie die gängigen Textkonventionen sichtbar, indem sie diese
spielerisch unterläuft. Mascha Jacobs ist fasziniert von Mara
Genschels konzeptuellen und musikalischen Texten! Von ihrer
literarischen Institutionskritik, die klug spielerisch und sinnlich
zugleich ist. Mara Genschel hat „Einkreisung eines dicken Mannes“
mitgebracht, die Titelerzählung des gleichnamigen Bandes von Paul
Pörtner, der 1968 bei Kiepenheuer und Witsch erschienen ist.
Außerdem hat sie „Geist der Peinlichkeit“ von Birgit Kempker dabei,
das 2022 im Engeler Verlag erschienen ist. Mara Genschel arbeitet
als Schriftstellerin und Performerin an einem Literaturbegriff, der
nicht nur das klassische "Buch" umfasst. Die Performativität ihrer
Texte entfaltet sich sowohl in speziellen Publikationskonzepten
(etwa ihrer 2012-2016 in Kleinstauflage erschienenen und heute nur
noch ausleihbaren "Referenzfläche") als auch in der bewussten
Begegnung mit dem Publikum. Sie arbeitet interdisziplinär, auch in
der Neuen Musik manchmal und im Hörspiel. Sie war Gastdozentin am
Institut für Sprachkunst an der Angewandten in Wien, an der
Kunstuni Linz und am Deutschen Literaturinstitut Leipzig. Und
arbeitet zur Zeit als Dozentin an der Kunshochschule für Medien
Köln. 2024 hat sie die Hildesheimer Poetikvorlesung gehalten. Neben
vielen anderen Publikationen und interdisziplinären Arbeiten
erschienen 2024 das Hörspiel "Utopische Dialoge" (SWR2) und
"Midlife-Prosa" (Engeler Verlag). Und im September 2025 erscheint
„Das narzisstische Skript“ (Theorie und Praxis) ‎ eine erste kleine
Werkschau bei edition text + kritik. Mara Genschel: Midlife-Prosa.
Performative Erzählungen. Engeler Verlag 2024. Paul Pörtner:
Einkreisung eines dicken Mannes. Erzählungen, Beschreibungen,
Grotesken. Kiepenheuer & Witsch, Köln 1968. Birgit Kempker:
Geist der Peinlichkeit. Engeler Verlag 2022.

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