Christsein hat immer auch eine politische Dimension!

Christsein hat immer auch eine politische Dimension!

Christsein hat immer auch eine politische Dimension!
4 Minuten

Beschreibung

vor 6 Monaten
Es gibt viele Wallfahrtsorte, die sehr bekannt sind und zu denen
viele Menschen wallfahren: nach Kevelaer und Altötting, nach
Vierzehnheiligen oder zum Kölner Dom. Aber es gibt sehr kleine
Orte, die nur im Umkreis bekannt sind, und nur ein oder zweimal im
Jahr richtig viel besucht werden. Einer dieser Orte ist das
Klüschen Hagis im Eichsfeld, wo auch in diesem Jahr wieder am
Himmelfahrtstag die Männerwallfahrt stattgefunden hat. Sie stand in
diesem Jahr unter dem Leitwort "Pilger sind wir" und greift das
Bild der Kirche als "pilgerndes Volk Gottes" auf. In Verbindung mit
dem Motto des Heiligen Jahres hat es dazu eingeladen, sich bewusst
auf den Weg zu machen – mit einem Ziel und einer inneren
Ausrichtung. Pilgern bedeutet mehr als Wandern – es bedeutet
den Weg aus der Begegnung mit Christus zu gehen. Es bietet die
Gelegenheit, innezuhalten, neue Impulse zu erhalten und den eigenen
Glauben in Gemeinschaft zu vertiefen. Und die Männerwallfahrt war
immer mitten im politischen Umfeld auch hochpolitisch.1956 nämlich,
als sich immer mehr herausgestellt hat, dass sich die Teilung
unseres Landes verfestigen würde und die Politik immer
kirchenfeindlicher geworden ist, haben einige mutige Männer diese
Wallfahrt ins Leben gerufen. Und sie wurde der jährliche Höhepunkt
für oft mehr als 20 000 Männer und Jugendliche. Gemeinsam als
Christen in einem feindlich gesinnten Umfeld zusammenstehen,
Gottesdienst feiern und sich im Glauben stärken lassen, war eine
starke Botschaft. Die Themen der Wallfahrten über diese 68
Jahre hin, lassen deutlich spüren, was gerade gesellschaftlich
relevant war: 1957 "Ihr sollt meine Zeugen sein" / 1962, nach dem
Bau der Mauer – "Löscht den Geist nicht aus" / 1972 nach der
Unterzeichnung der Schlussakte von Helsinki: "Christen verantworten
gemeinsam" / 1989, als die politische Situation in der DDR im
schwieriger wurde: "Die Freude am Herrn ist unsere Stärke" /1990,
im Jahr des großen Umbruchs in Deutschland: "Preiset Gott, den
Herrn, zu jeder Zeit" …um nur einige zu nennen. Einer der
wichtigen Aspekte auf dieser Wallfahrt ist immer die Predigt des
jeweiligen Bischofs: es geht immer um die politische und
gesellschaftliche Situation im Land, Missstände werden benannt und
Ermutigungen für das Leben aus dem Glauben im Alltag gegeben. Das
war zu Zeiten der DDR-Diktatur überlebensnotwendig, damit die
Christen mutig und gestärkt weitergehen konnten. Interessanterweise
ist die Wallfahrt nie verboten worden. Das haben die
Staatsverantwortlichen nicht gewagt. Vielen Männern ist bei vielen
Wallfahrten deutlich geworden, dass Christsein immer eine
politische Dimension hat: um Gottes Willen für die Menschen da
sein, auch wenn es unbequem und gefährlich ist. Der
gesellschaftliche Aspekt des Evangeliums wurde für viele Menschen
hier erst richtig deutlich. "Pilger sind wir" ist auch ein
gutes Wort über unserem neuen Tag und diese neue Woche. 

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