Vorsteuer Insolvenzverwalter, Ärztliche Leistungen im Krankenhaus und Thesaurierungsbegünstigung | Steuernachrichten Update 20/25
Vorsteueraufteilung bei Insolvenzverwalterleistungen,
Steuerfreiheit ärztlicher Leistungen im Krankenhaus und
Thesaurierungsbegünstigung 2024
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Beschreibung
vor 6 Monaten
Mit Urteil vom 23. Oktober 2024 (Az. XI R 20/22) hat der BFH eine
bedeutsame Weichenstellung im Umsatzsteuerrecht vorgenommen. Im
Mittelpunkt stand die Frage, wie der Vorsteuerabzug aus der
Vergütung des Insolvenzverwalters zu beurteilen ist, wenn dieser
das Unternehmen des Schuldners fortführt. Das Urteil
konkretisiert die Voraussetzungen für eine alternative Methode
der Vorsteueraufteilung und schafft einen bedeutenden
Ausnahmetatbestand zur bisherigen Rechtsprechung.
Hintergrund der Entscheidung
Nach ständiger BFH-Rechtsprechung war bei
Insolvenzverwalterleistungen der Vorsteuerabzug bislang
regelmäßig nach dem Verhältnis der zur Insolvenztabelle
angemeldeten Forderungen aufzuteilen – differenziert nach
unternehmerischen und nichtunternehmerischen Verbindlichkeiten.
Diese Methode reflektiert den Umstand, dass die Tätigkeit des
Insolvenzverwalters üblicherweise auf die Abwicklung und
Verwertung der Masse gerichtet ist.
Vor dem Hintergrund eines Sonderfalls – der unternehmerischen
Fortführung durch den Insolvenzverwalter – sah sich der XI. Senat
jedoch zu einer dogmatischen Korrektur veranlasst. Der BFH
positioniert sich hier ausdrücklich gegen seine frühere Linie aus
den Entscheidungen V R 44/14 und V R 15/15 und öffnet die Tür für
eine umsatzorientierte Betrachtung der Vorsteueraufteilung,
sofern die Fortführungstätigkeit überwiegt.
Sachverhalt des Streitfalls
Dem Urteil lag ein Fall zugrunde, in dem der Insolvenzverwalter –
ein IT-Administrator – das Unternehmen des Schuldners nicht
liquidierte, sondern fortführte. Während des Verfahrens wurden
durch operative Tätigkeiten steuerpflichtige Umsätze von über
249.000 € erzielt. Die Verwertung des Privatvermögens spielte mit
178,50 € eine marginale Rolle. Der Kläger beantragte daher den
Vorsteuerabzug aus seiner Vergütung auf Basis der während des
Verfahrens erzielten Umsätze – was rechnerisch zu einem
Abzugsvolumen von über 97 % führte.
Das Finanzamt hingegen bestand auf der klassischen Aufteilung
nach der Struktur der Insolvenzforderungen und gestand lediglich
17 % der Vorsteuer zu. Der daraufhin angestrengten Klage gab das
Finanzgericht Köln statt – das Urteil wurde vom BFH nun
bestätigt.
Die Kernaussage des BFH
Der BFH erkennt an, dass in Fällen einer echten
Unternehmensfortführung, bei der keine nennenswerten
Verwertungshandlungen erfolgen, der direkte und unmittelbare
Zusammenhang zwischen der Leistung des Insolvenzverwalters und
den früheren Unternehmensverbindlichkeiten entfällt. Stattdessen
sei die erbrachte Leistung auf die fortgeführte wirtschaftliche
Tätigkeit gerichtet.
In dieser Konstellation stellt die Insolvenzverwaltervergütung
Gemeinkosten des fortgeführten Unternehmens dar. Für die
Vorsteueraufteilung ist dann nicht mehr das Verhältnis der
angemeldeten Forderungen, sondern das Verhältnis der im
Besteuerungszeitraum erzielten Umsätze maßgeblich – unabhängig
davon, ob diese steuerpflichtig, steuerfrei oder
nichtwirtschaftlich sind. Dies bedeutet eine klare Abkehr vom
bisherigen Standard bei gleichzeitig enger Auslegung: Der
Ausnahmefall greift nur, wenn das Unternehmen tatsächlich
fortgeführt und das Privatvermögen kaum verwertet wird.
Fazit und Bewertung
Die Entscheidung stärkt die wirtschaftliche Realität über formale
Rechtsstrukturen. Sie erkennt an, dass die Tätigkeit des
Insolvenzverwalters unter bestimmten Bedingungen inhaltlich eher
der eines Sanierungsberaters oder Geschäftsführers gleicht –
nicht eines Liquidators. Für die Praxis bedeutet dies: Wo ein
Insolvenzverwalter ein Unternehmen aktiv weiterführt und mit
nennenswerten Umsätzen betreibt, ist die Vorsteueraufteilung
anhand der operativen Tätigkeiten vorzunehmen.
Die Tragweite dieser Entscheidung liegt in der Schaffung eines
belastbaren Ausnahmegrundsatzes, der eine differenziertere
steuerliche Behandlung insolvenzbedingter Leistungen ermöglicht.
Gleichwohl bleibt der Grundsatz bestehen, dass eine echte
Betriebsfortführung mit „so gut wie keiner Verwertung“ die
zwingende Voraussetzung ist.
BFH-Urteil v. 19.12.2024, V R 10/22
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