Sterbetafeln bei der ErbSt, Höhe der Säumniszuschläge und Klarstellung zur E-Rechnung bei Kleinunternehmern | Steuernachrichten Update 18/25

Sterbetafeln bei der ErbSt, Höhe der Säumniszuschläge und Klarstellung zur E-Rechnung bei Kleinunternehmern | Steuernachrichten Update 18/25

Geschlechterdifferenzierte Sterbetafeln bei der Erbschaftsteuer, Säumniszuschläge ab März 2022 und DStV fordert Klarstellung zur E-Rechnung bei Kleinunternehmern
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Beschreibung

vor 7 Monaten

Die Anwendung geschlechtsspezifischer Sterbetafeln bei der
Bewertung lebenslänglicher Nutzungen und Leistungen für Zwecke
der Erbschaft- und Schenkungsteuer ist verfassungsgemäß. Das hat
der Bundesfinanzhof (BFH) in einem aktuellen Urteil
klargestellt.

Hintergrund der Entscheidung
Nach § 14 Abs. 1 Satz 1 BewG ist der Kapitalwert lebenslänglicher
Nutzungen und Leistungen mit dem Vielfachen des Jahreswerts
anzusetzen. Die hierfür maßgeblichen Vervielfältiger ergeben sich
aus der Sterbetafel des Statistischen Bundesamtes. Diese Tabellen
differenzieren zwischen Männern und Frauen und basieren auf der
statistisch unterschiedlichen Lebenserwartung.

Im entschiedenen Fall hatte ein Vater seinem Sohn sowie zwei
weiteren Kindern GmbH-Anteile im Wege der vorweggenommenen
Erbfolge übertragen und sich den lebenslangen Nießbrauch
vorbehalten. Das Finanzamt bewertete den Kapitalwert des
Nießbrauchs unter Anwendung der amtlichen Sterbetafel und zog
diesen vom Wert der übertragenen Anteile ab, wodurch sich ein
geminderter steuerpflichtiger Erwerb ergab.

Der Kläger wandte sich gegen die Heranziehung
geschlechtsabhängiger Vervielfältiger mit dem Argument, diese
Praxis verstoße gegen das Diskriminierungsverbot des Art. 3 Abs.
3 GG. Der Gesetzgeber dürfe das Geschlecht im Steuerrecht nicht
als Bewertungsmaßstab verwenden.

Entscheidung des BFH
Der BFH wies die Klage ab und bestätigte die Rechtsauffassung der
Finanzverwaltung sowie des Finanzgerichts Köln (Vorinstanz). Die
Kernaussage des Urteils:
Die Anwendung geschlechterdifferenzierender Sterbetafeln bei der
Bewertung lebenslänglicher Nutzungen nach § 14 BewG ist
verfassungsrechtlich zulässig.

Zwar führe die Regelung zu einer geschlechterbedingten
Ungleichbehandlung, weil der Kapitalwert z. B. bei Frauen
aufgrund ihrer höheren Lebenserwartung tendenziell höher
ausfalle. Diese Differenzierung sei jedoch durch das Ziel einer
möglichst realitätsnahen Bewertung gerechtfertigt und daher nicht
diskriminierend im verfassungsrechtlichen Sinne.

Der BFH betont, dass eine realitätsgerechte Ermittlung des
Kapitalwerts ohne geschlechtsspezifische Sterbetafeln nicht in
gleichem Maße möglich wäre. Der Gesetzgeber verfolge mit der
Regelung ein legitimes Ziel – die Besteuerung nach der
wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit – und habe sich bei der
Bewertung an objektiven statistischen Daten orientiert.

Relevanz für die Praxis
Das Urteil bestätigt die bisherige Verwaltungspraxis und sorgt
für rechtliche Klarheit: Bei der Bewertung lebenslänglicher
Nutzungen (z. B. Nießbrauchsrechte) bleibt die Anwendung der
amtlichen, nach Geschlecht differenzierenden Sterbetafeln
zulässig und geboten.
Die Entscheidung hat insbesondere Bedeutung für die steuerliche
Gestaltung bei vorweggenommenen Erbfolgen mit
Nießbrauchsvorbehalten sowie für die Bewertung sonstiger
lebenslanger Leistungen im Rahmen der Erbschaft- und
Schenkungsteuer.

Hinweis: Auswirkungen des
Selbstbestimmungsgesetzes?Der BFH hatte
ausschließlich über die Rechtslage bis 2024 zu entscheiden. Offen
bleibt, wie künftig mit den geschlechtsbezogenen Sterbetafeln im
Hinblick auf das am 01.11.2024 in Kraft getretene
Selbstbestimmungsgesetz umzugehen ist. Das Gesetz eröffnet die
Möglichkeit zur Änderung des Geschlechtseintrags durch
Selbstauskunft – mit potenziellen Auswirkungen auf steuerliche
Bewertungsfragen. Eine Klärung dieser Thematik wird weiteren
Verfahren vorbehalten bleiben.

BFH-Urteil v. 20.11.2024, II R 38/22
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