Melnyk an Merz: "Das ist jetzt die Stunde Deutschlands"

Melnyk an Merz: "Das ist jetzt die Stunde Deutschlands"

36 Minuten
Podcast
Podcaster
Analysis on politics, society and our changing world. In German and English.

Beschreibung

vor 7 Monaten

Liebe Leserinnen und Leser,


es ist ein Foto, das in die Geschichte eingehen wird. So viel
steht jetzt schon fest.


Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj und der
amerikanische Präsident Donald Trump sitzen sich, am Rande der
Trauerfeier für den verstorbenen Papst, im Petersdom gegenüber
und sprechen über eine mögliche Waffenruhe zwischen Russland und
der Ukraine.


Grund genug, um darüber mit jemandem zu sprechen, der sich nicht
nur gut mit der Ukraine auskennt, sondern auch mit Diplomatie.
Andrij Melnyk war viele Jahre Botschafter der Ukraine in
Deutschland. Nun ist er für sein Land als Botschafter in
Brasilien und schon bald wird er die Ukraine bei den Vereinten
Nationen in New York vertreten.


Das ganze Interview gibt es im Podcast oder hier als Text
in verkürzter Fassung.


Philipp Sandmann: Guten Tag, Herr Melnyk. Schön, dass Sie
sich die Zeit genommen haben. Vielen Dank dafür. Wo erreiche ich
Sie gerade?


Andrij Melnyk: Guten Abend, Herr Sandmann. Ich
bin gerade in Brasilia, immer noch als Botschafter. Demnächst
werde ich umziehen nach New York, um diese neue Mission zu
beginnen. Darauf freue ich mich.


Es wird gerade über ein eindrückliches Bild gesprochen
und diskutiert. Ihr Präsident Wolodymyr Selenskyj sitzt gegenüber
von Donald Trump, dem US-Präsidenten. Die beiden sitzen auf zwei
provisorisch herbeigeschobenen Stühlen im Petersdom, am Rande der
Trauerfeier für den verstorbenen Papst. Was geht Ihnen durch den
Kopf, wenn Sie so ein Foto sehen?


Andrij Melnyk: Zum einen bin ich froh, dass
Präsident Selenskyj überhaupt nach Rom gereist ist. Das war nicht
sicher wegen der schwierigen Lage an der Front und der täglichen
Angriffe auf Städte und die vielen Opfer, die wir zu beklagen
hatten in den letzten zwei, drei Wochen.


Und da dachte ich mir: Es wäre so wichtig, dass der Präsident
jetzt dabei ist bei dieser Trauerfeier, die eine große Bedeutung
hat, weil dort auch der amerikanische Präsident anwesend sein
sollte. Ich war so erleichtert, als ich diese Bilder dann im
Petersdom gesehen habe. Das Treffen war ja, soweit ich weiß,
nicht wirklich geplant. Das war eine spontane Begegnung, die
natürlich gesucht wurde. Ich weiß, wie diese Chemie funktioniert,
dass man keine Vereinbarung hat und trotzdem alles dafür tun
muss, um so eine Begegnung zu ermöglichen.


Das hatte für mich eine starke Symbolkraft, weil wir gesehen
haben, wie schwierig das war, einen Dialog zu führen und auch
einen direkten Draht zum neuen Chef im Weißen Haus zu finden. Wir
haben immer noch diese schrecklichen Bilder im Kopf im Oval
Office von vor ein paar Wochen.


Es war für uns überlebenswichtig, dass Präsident Selenskyj einen
Weg findet, wie man Donald Trump gewinnen kann und wie man auch
das Vertrauen zurückgewinnen kann. Ich habe den Eindruck – ich
war nicht dabei, aber ich hatte Feedback von den Kollegen, die
dort waren – dass das ein guter Anfang war. Das war der zweite
Anfang und auch, wenn es nur 15 Minuten gewesen sind, so hatte
man den Eindruck, dass das schon ein gelungener zweiter Anfang
war. Die Menschen in der Ukraine konnten ein bisschen aufatmen.


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