BAG: Jobsuche während der Freistellung?
13 Minuten
Beschreibung
vor 9 Monaten
Freistellung
- nach Kündigung möglich
- bezahlt
- unbezahlt
- widerruflich
- unwiderruflich
Annameverzugslohn
-
Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 12. Februar 2025 – 5 AZR 127/24
Sachverhalt
Der Kläger war seit November 2019 als Senior Consultant bei der
Beklagten tätig und verdiente monatlich 6.440 Euro brutto. Die
Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 29.
März 2023 zum 30. Juni 2023 und stellte den Kläger unwiderruflich
unter Anrechnung von Resturlaub frei.
Der Kläger erhob Kündigungsschutzklage, die vor dem
Arbeitsgericht Erfolg hatte. Auch die Berufung der Beklagten
wurde vom Landesarbeitsgericht zurückgewiesen.
Nach Zugang der Kündigung meldete sich der Kläger arbeitssuchend,
erhielt jedoch erst Anfang Juli 2023 Vermittlungsvorschläge von
der Agentur für Arbeit. Die Beklagte hingegen schickte ihm
bereits im Mai und Juni 2023 insgesamt 43 Stellenangebote. Der
Kläger bewarb sich auf sieben dieser Stellen, allerdings erst ab
Ende Juni.
Die Beklagte verweigerte die Gehaltszahlung für Juni 2023 und
argumentierte, dass sich der Kläger frühzeitiger hätte bewerben
müssen. Da er dies unterlassen habe, müsse er sich nach § 615
Satz 2 BGB einen fiktiven anderweitigen Verdienst anrechnen
lassen.
Das Arbeitsgericht wies die Klage auf Vergütung ab, das
Landesarbeitsgericht gab ihr auf Berufung des Klägers statt. Die
Beklagte legte Revision beim Bundesarbeitsgericht ein.
Urteilsgründe
Das Bundesarbeitsgericht entschied zugunsten des Klägers und wies
die Revision der Beklagten zurück:
Die Beklagte befand sich durch die einseitige Freistellung
während der Kündigungsfrist im Annahmeverzug und schuldet dem
Kläger die volle Vergütung gemäß § 615 Abs. 1 BGB i.V.m. § 611a
Abs. 2 BGB.
Der Kläger muss sich keinen fiktiven anderweitigen Verdienst
anrechnen lassen, weil er nicht böswillig im Sinne des § 615 Satz
2 BGB auf einen anderen Erwerb verzichtet hat.
Ein Arbeitnehmer ist nicht verpflichtet, bereits vor Ablauf der
Kündigungsfrist eine neue Beschäftigung aufzunehmen, um den
Arbeitgeber finanziell zu entlasten.
§ 615 Satz 2 BGB enthält eine Billigkeitsregelung, die eine
Interessenabwägung erfordert. Die Beklagte konnte nicht darlegen,
dass ihr die Erfüllung des fortbestehenden
Beschäftigungsanspruchs unzumutbar gewesen wäre.
Das Urteil stellt klar, dass Arbeitgeber, die Arbeitnehmer
einseitig freistellen, weiterhin die Vergütung schulden, sofern
der Arbeitnehmer nicht offensichtlich gegen Treu und Glauben
untätig bleibt.
Artikel:
1. Freistellung nach Kündigung
2.unwiderrufliche Freistellung
3. Kündigung
Homepage:
Anwalt Arbeitsrecht in Berlin
Rechtsanwalt Andreas Martin | Fachanwalt für Arbeitsrecht
Christburger Str. 23, 10405 Berlin
E-Mail: info@rechtsanwalt-arbeitsrecht-in-berlin.de
Telefon: 030 74923060
Fax: 030 74923818
Webpage: rechtsanwalt-arbeitsrecht-in-berlin.de
Weitere Episoden
19 Minuten
vor 6 Tagen
17 Minuten
vor 1 Woche
19 Minuten
vor 2 Wochen
16 Minuten
vor 3 Wochen
19 Minuten
vor 1 Monat
In Podcasts werben
Abonnenten
Donaueschingen
Kommentare (0)