Demokratie: Die Herrschaftsform des Kapitalismus unter reger Volksbeteiligung
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Beschreibung
vor 24 Jahren
Die Demokratie erfreut sich allgemeiner Wertschätzung.
“Demokratisch” zu sein, ist das höchste Lob, das hiesigen
politischen Verhältnissen erteilt werden kann. “Undemokratisch”
ist ein unbefragtes Schimpfwort; so will sich keiner nennen
lassen. Als gute Demokratie unterscheidet sich der heutige
deutsche Staat von seinem verbrecherischen Vorgänger und von den
Verhältnissen in der ehemaligen DDR. Demokratie ist die Form der
Herrschaft, die anderen Völkern gelegentlich fehlt, die ihnen
unbedingt gebracht werden muß. Wer an den politischen
Verhältnissen Kritik übt, die in der Demokratie herrschen, der
gerät schnell in den Verdacht, einer Gewaltherrschaft das Wort
reden zu wollen. Diese Wertschätzung hat gewisse
Eigentümlichkeiten an sich.
Die erste ist:
Wer an der Dem. hochhält, dass sie - wenigstens - nicht Diktatur
ist, will keineswegs in Abrede stellen, dass es sich bei der
Demokratie um eine Form von Herrschaft handelt. Dabei bedeutet
Herrschaft immerhin: Eine Art und Weise, Gewalt auszuüben über
Leute und Lebensverhältnisse; Leute zu Sachen zu zwingen, die sie
nicht wollen und nicht bestellt haben; sie zu Taten anzuhalten,
die sie sich nie selbst ausgesucht hätten.
- Schily: Gewaltmonopol gegen rechte Gewalttäter - findet Beifall
auch von links
- härtere Strafen gegen Kampfhundbesitzer und Kinderschänder -
aber immer!
- BSE: Staat soll Bauern und Lm-Industrie kontrollieren und
bestrafen, die Verbraucher mit seiner Gewalt schützen.
- Krieg, Gewalt nach außen, wenn sie im Namen der Demokratie
daherkommt. Bomben auf serbische und irakische Städte gehen in
Ordnung, wenn der Bundestag zustimmt und das
Bundesverfassungsgericht seinen juristischen Segen gibt. Der
Verteidigungsminister ist demokratisch legitimiert und hat damit
das Recht und die Freiheit zu entscheiden, wohin deutsche
Soldaten gesandt werden.
Also: Demokratie braucht viel Gewalt. Die geht nach allgemeinem
Dafürhalten in Ordnung, weil sie zum Wohle des Volkes ausgeübt
wird. Das ist die zweite Eigentümlichkeit der allgemeinen
Wertschätzung der Demokratie: Dass hierzulande Politik zum Wohle
des Volkes gemacht wird, wird nicht damit bewiesen, dass der
Staat dafür sorgt, dass es allen Leuten in Deutschland gut geht.
Eher im Gegenteil:
Gerade heute bekommt man täglich neue Härten mitgeteilt, die
Regierung und Opposition dem Volk bescheren. “Wir” können uns die
vielen alten Leute nicht mehr leisten - Rentenreform. Die Löhne
in Dt. sind zu hoch. Fürs Kranksein muß mehr bezahlt werden. Die
Parteien wetteifern geradezu darum, wer den schärfsten Kurs in
Sachen Beschränkung überzogener Ansprüche fährt. Der Beweis für
die Volksfreundlichkeit der Politik geht also nicht über deren
Inhalt, deren Maßnahmen: Sie geht über die Methode, die Art und
Weise, wie bei uns regiert wird, wie diese Maßnahmen zustande
kommen und durchgesetzt werden: Eben demokratisch. Wie geht der
Beweis?
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