Vom Kapital benutzt, vom Staat organisiert, von Patrioten beargwöhnt: Deutschland, seine Migration und seine Migrationspolitik

Vom Kapital benutzt, vom Staat organisiert, von Patrioten beargwöhnt: Deutschland, seine Migration und seine Migrationspolitik

2 Stunden 25 Minuten

Beschreibung

vor 1 Monat

Migration war das Thema des jüngsten Wahlkampfes. Und zwar gleich
in der Form einer Frage von unser aller Sicherheit, wofür ein
paar Attentate den passenden Anlass gaben. Die wurden von
Politikern quer durch das demokratische Spektrum mit dem
Migrationshintergrund der Attentäter zusammengeschlossen in einer
dreist-absurden Weise, die offenbar ins geistig-moralische
Repertoire ihres Berufsstandes gehört.


Migration aktuell als Problem für „unsere Sicherheit“, generell
als Gefahr für ein Ding namens „unsere Kultur und Identität“ –
das darf sie auf keinen Fall sein, wofür die Politik endlich zu
sorgen hat; darüber besteht Einigkeit. Und gleichzeitig wird
ebenfalls ziemlich einhellig beteuert, dass Migration, nützliche,
selbstverständlich auch weiterhin sein muss: „für unseren
Standort“, „für unseren Wohlstand“, irgendwie auch für „unsere
Zukunft“ und diese Dinger. Beteuerungen dieser Art sind
eigenartig.


Sie unterstellen nämlich erstens bei denen, an die sie sich
richten, den Glauben, letztlich und eigentlich wäre es ein großes
Privileg, dieses Land als „Heimat“ bewohnen zu dürfen, die man
sich eigentlich und wenigstens nicht mit Fremden zu teilen
braucht. Um sie aber zweitens mit Verweisen auf den Nutzen, den
sie als Deutsche von den Leistungen der Migration haben, mit der
dauerhaften Anwesenheit von Fremden zu versöhnen. Und weder beim
Stolz auf ein „Wir“, das eigentlich keine Fremden verträgt, noch
bei der verordneten Duldung der Fremden als Nützlinge für „uns“
darf es die so angesprochenen Deutschen irritieren, dass „ihre
Heimat“ für sie mehrheitlich exakt die öden Rollen vorsieht, in
denen sie dann, wenn überhaupt, auch ihren 30% Zeitgenossen „mit
Migrationshintergrund“ begegnen – auf dem Arbeitsmarkt, auf dem
Wohnungsmarkt, in den Wartelisten bei staatlichen Ämtern und bei
Kassenärzten…


Darum kümmern sich engagierte, volksfreundliche Politiker, die
auch für die regelmäßig in Hass umschlagende Xenophobie ihres
Volkes ein offenes Ohr haben. Die organisieren also beides: die
Migration und die Lebendigkeit eines patriotischen
Herr-im-Haus-Standpunkts, der mit Migration immer so schlecht
zurechtkommt. Für beides haben sie ihre Gründe. 


Hinweis zur Aufnahme:


Der Vortrag beginnt mit einem Zitat aus einem
GegenStandpunkt-Artikel. Der Anfang des Zitats ist nicht komplett
auf der Aufnahme. Deswegen hier noch einmal zum mitlesen:


GegenStandpunkt 4-99 - Globalisierung - Der Weltmarkt als
Sachzwang
1. Eine Idee macht Karriere...
Wenn ein Wort zum Schlagwort wird, dann nennen es die Leute zwar
gerne einen Begriff, aber der ausgiebige Gebrauch verbürgt
überhaupt nicht, dass die Benutzer des Wortes, die es für so viel
sagend halten, etwas begriffen haben. Wenn sie das gute Stück
wieder einmal zum Einsatz bringen, fangen sie nicht an mit einer
Erklärung der Sachen, um die sich die Diskussion dreht. Im
Gegenteil: Ein rechtes Schlagwort signalisiert Bescheidwissen,
erklärt jede "weitere" Erklärung für überflüssig, ist durch seine
Erwähnung der eingelöste Anspruch auf Zustimmung und deshalb sehr
begehrt bei Zeitgenossen, die ihren ansonsten sehr eigenen und
persönlichen Meinungen ein bisschen Unwidersprechlichkeit
verschaffen wollen. Eingedenk der Unsitte, mit Hilfe einiger
Kürzel dem Begründen und Erklären aus dem Weg zu gehen und
entsprechende Versuche zu erschlagen, haben sich Schlagwörter bei
wachen Geistern einen schlechten Ruf erworben. Für Leute, die
gelegentlich etwas genauer wissen wollen, ist das Hantieren mit
Schlagwörtern eine unredliche Art zu diskutieren; eine Manier,
Notwendigkeiten ohne gescheiten Grund in die Welt zu setzen und
ihre allgemeine Anerkennung zu fordern, die keineswegs so
notwendig sind, wie es das eifrig in die Runde geworfene
Schlagwort fingiert. Die vielmehr Absichten und Interessen
verbergen sollen, die gar keine Anerkennung verdienen und
überprüft gehören. 

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