Schon wieder Krieg im Nahen Osten: Israel bombardiert den Libanon und Gaza. Das grenzenlose Sicherheitsbedürfnis Israels und sein Nutzen für die amerikanische Kontrolle der Welt.

Schon wieder Krieg im Nahen Osten: Israel bombardiert den Libanon und Gaza. Das grenzenlose Sicherheitsbedürfnis Israels und sein Nutzen für die amerikanische Kontrolle der Welt.

2 Stunden 23 Minuten

Beschreibung

vor 19 Jahren

Schon wieder Krieg im Nahen Osten: Israel bombardiert den Libanon
und Gaza


Das grenzenlose Sicherheitsbedürfnis Israels und sein Nutzen für
die amerikanische Kontrolle der Welt


Auslöser ist diesmal die Gefangennahme von 3 in Gaza und im
umstrittenen Grenzgebiet zum Libanon operierenden Soldaten der
israelischen Armee durch die palästinensische Widerstands gruppe
Hamas und die libanesische Hisbollah, sowie der sporadische
Beschuss israelischen Staatsgebiets durch diese militanten Gegner
mit ungelenkten Kleinraketen. Diese Akte kriegerischen
Widerstands gegen die Abschnürung des geräumten Gazastreifens,
gegen die fortwährende israelische Besetzung der 1967 eroberten
Gebiete und gegen die Unterdrückung der dort lebenden
Bevölkerung, nimmt Israel zum Anlass, anderes und weit mehr zu
erledigen, als die Befreiung der Gefangenen und die Beendigung
der Raketenangriffe. Es antwortet mit einem 4 Wochen dauernden
Bombardement und einem massiven Einmarsch in den Süden des
Libanon, sowie mit einem unter diesen Umständen von der Welt kaum
mehr beachteten Verhaftungs und Liquidierungsfeldzug gegen die
Hamas in Gaza, die sich gerade in Wahlen als politische
Vertretung der Palästinenser durchgesetzt hatte.


Den Krieg führt Israel unter dem Rechtstitel der "legitimen
Selbstverteidigung". Dieser Titel auf gerechten, vom Völkerrecht
gedeckten Krieg wird Israel von der westlichen Welt – vor allem
von den USA und Deutschland – auch rundherum zugestanden, ganz
und gar nicht den palästinen sischen Widerstandsgruppen, die
ebenfalls auf legitime Selbstverteidigung gegen Unterdrückung und
Besetzung durch eine fremde Macht plädieren.


Das Äußerste an Kritik, das sich der Judenstaat z B. aus
Deutschland dafür einfängt, dass er – nach eigenen Auskünften –
"den Libanon um 20 Jahre zurückbombt", ist die Anmerkung, er sei
bei seiner gerechten Selbstverteidigung zu weit gegangen und habe
die gebotene "Verhältnis mäßigkeit der Mittel" verletzt. Solche
Mäkelei ist verlogen und dumm zugleich: Man billigt das
Kriegsziel staatlicher Selbstverteidigung, ohne recht zu wissen,
was es genau bedeutet, und missbilligt die Zahl der Leichen und
den Grad der Verwüstung, die seine Verfolgung kostet, – anstatt
sich Rechenschaft darüber abzulegen, worin das ehrenwerte
Kriegsziel wirklich besteht, für das die Mittel und Leichen
durchaus verhältnismäßig sind.


So schwer ist das ja nicht: Israel lässt sich Widerstand gegen
seine militante Staatsgründung nicht bieten. Nach der
ursprünglichen Landnahme des von anderen Volksgruppen bewohnten
und anderen politischen Mächten beherrschten Terrains, nach
mehreren Kriegen gegen alle umgeben den Staaten, die sich von der
neuen Macht verdrängt sahen, sind nur mehr nichtstaatliche
Widerstandsgruppen verblieben, die nicht bereit sind, ihren
Frieden mit der noch immer nicht abgeschlossenen israelischen
Expansion, mit der Vertreibung und Unterdrückung der dort
ansässigen Bevölkerung zu machen, die der Judenstaat auch nicht
als Teil seines Staatsvolks haben will. Die militanten
Palästinenser werden, gerade weil sie keinen wirksamen und schon
gleich keinen die staatliche Existenz Israels bedrohenden
Widerstand zustande bringen, zu Terroristen, zu recht losen
Verbrechern erklärt, denen man weder ein politisches Anliegen
noch den Status von regulären Kriegsgegner zuerkennt, und die man
entsprechend behandelt. Für die Vernichtung des Widerstands nimmt
Israel dann auch den ganzen Libanon und die ansonsten
kooperationswillige Palästinenserbehörde in Haftung. Sie schaffen
es nicht Hamas oder Hisbollah zu entwaffnen – wollen es also
nicht ernsthaft genug und werden dafür bestraft, dass sie den im
Interesse Israels fälligen Bürgerkrieg scheuen.


Es wäre also nicht so schwer, zur Kenntnis zu nehmen, was
"Selbstverteidigung" heißt, wenn eine staatliche Hoheit diesen
Titel in Anspruch nimmt: Der Staat opfert nicht wenig jüdisches
und selbstverständlich noch viel mehr nichtj üdisches Leben, wenn
er für seine Sicherheit sorgt und die politischen Kräfte
vernichtet, die sich gegen seine Landnahme stellen, wenn er alle
Staaten in der Nachbarschaft davon abschreckt, gegen Israel noch
unbefriedigte Rechtsansprüche hochzuhalten oder den verbliebenen
Widerstandsgruppen Deckung, Rückzugsräume oder Waffenhilfe
zukommen zu lassen. Die Sicherheit Israels ist erst
gewährleistet, der Frieden, den diese regionale militärische
Supermacht schafft, ist erst fertig, wenn ihm die ganze Region
unterworfen ist, wenn nichts mehr gilt als israelische Ansprüche,
solche auf territoriale Expansion wie solche auf die Botmäßigkeit
der Palästinenser und aller Nachbarstaaten.


Israel reklamiert für sich eine Sonderstellung in der
Staatenwelt. Mit dem moralischen Hammer "Holocaust" nimmt es ein
besonders unverletzliches Recht auf nationale Sicherheit in
Anspruch und verlangt von aller Welt, es anzuerkennen und sich in
seinen Dienst zustellen: Eben um den Überlebenden der Shoa eine
sichere Heimstatt zu bieten. So ungewöhnlich ist, was Israel
treibt, in der Welt der Staaten aber gar nicht. Grenzen lassen
sich auch andere nur gefallen, wenn und weil sie müssen, und auf
Kompromisse mit Ansprüchen, die andere Staaten für ihr Recht
halten, lassen sich andere auch nur ein, wenn sie deren guten
Willen brauchen und nicht erzwingen können. Besonders am
jüdischen Staat ist nur, dass seine gewaltsame Landnahme immer
noch nicht abgeschlossen ist, er sich also seine Feinde erhält
und immer neu schafft – und dass er es nicht nötig hat, mit ihnen
einen Frieden zu schließen, der auch ein Moment israelischer
Selbstbeschränkung und Bescheidung enthielte. "Land für Frieden",
wie es einige Jahre Parole, aber nie wirklich Staatsprogramm war,
kommt heute nicht mehr in Frage. Und zwar nicht wegen des
Holocaust und einer allgemeinen moralischen Anerkennung eines
Sonderrechts der Kinder und Kindeskinder seiner Opfer, sondern
weil der israelische Dauerkrieg gegen seine Nachbarn der
amerikanischen Revolutionierung des nahös tlichen Staatensystems
so wunderbar ins Konzept passt; Waffen und Geld und
weltpolitische Rückendeckung also nicht ausgehen.


Die Moral der Wiedergutmachung an den überlebenden Juden tut
gerade in Deutschland wieder gute Dienste. Das "Land der Täter"
ergreift die Gelegenheit, sich mit Wachdiensten am israelischen
Sicherheitsbedürfnis zur militärischen Aufsichtsmacht auch im
heiß umkämpften Nahen Osten aufzuschwingen; Deutschland
beansprucht weltweit immer mehr "Verantwortung für den Frieden",
den andere geben müssen. Und das alles, weil "wir" einmal die
Juden ermordet haben? Es lohnt sich, die elende und verlogene
Vermischung der Wiedergutmachungsmoral mit den imperialistischen
Berechnungen zu entwirren.


Veranstalter: Sozialistische Gruppe

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