Die Forderung nach "Integration": Können Migranten überhaupt erfüllen, was ihnen da abverlangt wird?

Die Forderung nach "Integration": Können Migranten überhaupt erfüllen, was ihnen da abverlangt wird?

1 Stunde 57 Minuten

Beschreibung

vor 15 Jahren

Die Ausländerfrage hat wieder Hochkonjunktur: Seit der Botschaft
von Thilo Sarrazin, dass Deutschland sich abschafft, wenn es
arbeitslosen Ausländern erlaubt, mit Sozialhilfe zu überleben und
auch noch Kinder zu haben; und seit den Wahlsiegen von islam- und
ausländerfeindlichen Parteien in den Niederlanden, Schweden und
Österreich.


In der ebenso bösartigen wie verlogenen Debatte um Zuwanderung
und Integration werden die Einheimischen als die Hausherren im
deutschen Haus angesprochen, egal ob ihnen in diesem großen Haus
sehr viel oder auch gar nichts gehört. Gegenüber Migranten ist
Hartz-IV-Empfängern und Bankiers, Arbeitnehmern und Arbeitgebern
gleichermaßen ein ausgeprägtes Anspruchsdenken gestattet:
Ausländer, die „wir“ bei „uns“ leben lassen, haben „uns“ zu
nützen. „Wir Deutschen“ sind das Maß für ausländisches Leben
hier; die Zugereisten müssen sich als Diener „unseres“ Wohlstands
bewähren – oder sie gehören weg.


Über diesen Anspruch herrscht eine ekelhafte Einigkeit zwischen
rechts und links, oben und unten. Über das, was deutscher Nutzen
heißt, dagegen überhaupt nicht. Der ist für die Regierung etwas
anderes als für die Arbeitgeber und nochmal etwas anderes für die
lohnabhängige Mehrheit. Die Wirtschaft fordert den weiteren Zuzug
von qualifizierten Arbeitskräften, um möglichen zukünftigen
Fachkräftemangel zu bekämpfen. Die Obrigkeit will diesen Mangel,
der eine Wachstumsbremse werden könnte, gar nicht erst entstehen
lassen. Deutsche Arbeitnehmer rechnen anders: Im Ausländer, den
ihr Arbeitgeber ganz genauso wie sie als billigen Kostenfaktor
und leistungsfähigen Produktionsfaktor seiner Geschäfte
beansprucht, sehen sie weniger den Leidensgenossen, auch nicht
den nützlichen Diener der deutschen Wirtschaft, sondern mehr den
unberechtigten Konkurrenten, der ihr Privileg entwertet, sich als
Deutsche exklusiv um den Dienst in deutschen Unternehmen bewerben
zu dürfen. „Wir Deutschen“ bestehen gemeinsam darauf, dass die
Einwanderer „uns“ dienstbar zu sein haben; „Wir“ haben aber gar
kein gemeinsames Interesse, dem „wir“ sie dienstbar machen
könnten.


Längst geht es freilich nicht mehr um die Frage: „Wolle mer se
reilasse?“ Millionen Landeskinder mit „Migrationshintergrund“
sind schon da. Jetzt heißt es: „Fügen sie sich auch gescheit ein?
Passen sie sich unseren maßgeblichen Gebräuchen so an, dass wir
ihnen den Ausländer nicht mehr gleich anmerken und sie früher
oder später als Volksgenossen akzeptieren können?“ „Uns“
unerträglich ist nicht mehr der Ausländer an sich, sondern der
„Integrations-Verweigerer“.


– Was aber haben die Integrations-Pflichtigen zu tun, um es „uns“
recht zu machen? Natürlich erst mal Deutsch lernen, Schulen
besuchen, sich am Arbeitsmarkt bewähren, Geld verdienen und dem
Sozialstaat nicht zur Last fallen. Aber reicht das? Werden
dadurch aus Ausländern gute Deutsche oder nur umso lästigere
Konkurrenten der deutschen Bewerber um deutsche Arbeitsplätze?


– Damit sie zu „uns“ passen, müssen sie außer Arbeits- und
Erwerbs-Tugenden auch unsere Werte


übernehmen. Das steht fest; gar nicht fest steht, welche Werte
das sind. Da bestehen Leute, die weder eine Kirche noch eine
Moschee je von innen gesehen haben, darauf, dass das Christentum
total, der Islam aber gar nicht zu Deutschland gehört.
Bundespräsident Wulff hält dagegen und versucht die Moslems zu
weiterer Anpassung zu verführen, indem er vor ihrem Allah den Hut
zieht. Ist das Integration? Oder Anbiederung? Wer hat sich
eigentlich wem anzupassen?


– Und überhaupt: Kann einer deutsch werden, wenn er es nicht
schon ist? Schließlich kann kein Politiker und auch sonst niemand
sagen, welche bildungsmäßige, charakterliche, kulturelle
Ausstattung sich die Migranten genau zulegen müssen, – und ob es
genügt, sich eine solche Ausstattung zuzulegen, um das Ziel der
Integration zu erreichen. Fest steht nur eines: Dass „wir“
Integration von den Migranten verlangen können, weil „wir“ das
Volk sind, in das die rein sollen.


Der Vortrag will erklären, worin die unerfüllbare
Endlos-Forderung nach Integration ihren Grund hat;warum sie
zugleich lächerlich blöd und bitter ernst ist; aus welchem
Konflikt staatlicher Gesichtspunkte in der Ausländerpolitik sie
also hervorgeht.


Veranstalter: Sozialistische Gruppe

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