Jeder will sie, kaum einer kriegt sie: Gerechtigkeit – was ist das?
2 Stunden 12 Minuten
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Beschreibung
vor 13 Jahren
Wo immer heutzutage eine Kritik vorgetragen wird, ergeht sie im
Namen der Gerechtigkeit, die man vermisst. Nicht wenige
Arbeitnehmer finden die exorbitanten Managergehälter ungerecht.
Die meisten Manager halten diese Beschwerde für ungerecht, weil
sie doch ausweislich des Firmengewinns die wahren Leistungsträger
seien, die einfach verdienen, was sie an Vergütung verdienen.
Alte Leute halten die Rentenkürzungen durch die Regierung für
eine Ungerechtigkeit, weil sie sich um den Ertrag ihrer
Lebensleistung und ihre Beitragszahlungen betrogen sehen. Das
Gros der Jungen hält die Kürzungen für ein Gebot der
Gerechtigkeit, weil sie mit immer größeren Abzügen von ihrem
Einkommen für den Lebensabend der Alten zur sozialstaatlichen
Kasse gebeten werden.
Wenn dann Beschwerdeführer, die sich in ihren Interessen
geschädigt sehen, praktisch tätig werden und sich einmal zu einer
Forderung verstehen, ergeht diese wieder im Namen der
Gerechtigkeit, die es durchzusetzen gilt. Die Kleinen werden für
die Bewältigung der Finanzkrise kräftig zur Kasse gebeten, die
Großen kommen glimpflich davon – so sieht es die Initiative von
gewerkschaftlichen und linken Vereinen, die für UmFAIRteilung
demonstrieren und eine faire, also gerechte Verteilung der Lasten
auf Arme und Reiche einfordern. Ein Vorteil wird schon gar nicht
mehr angestrebt, stattdessen feilschen solche Vorstöße um das
rechte Maß des Schadens, den man hinzunehmen bereit ist.
Gerechtigkeit scheint also höher zu stehen als die Befriedigung
des Interesses selbst, wenn der eigene Schaden dadurch erträglich
wird, dass die Belastung anderer ein Stück nach oben gefahren
wird.
Es ist schon merkwürdig: Was für den einen gerecht, ist für den
anderen ungerecht, und der Volksmund weiß, dass die
Verwirklichung von Gerechtigkeit der Quadratur des Kreises
gleichkommt: „Allen Menschen Recht getan, ist eine Kunst, die
keiner kann.“ Alle wollen sie dasselbe, Gerechtigkeit, und doch
liegen sie in einem unauflöslichen Streit darüber, worin der
Inhalt der Gerechtigkeit besteht. Was macht Gerechtigkeit so
flexibel, dass sie für alle, auch gegensätzliche Anliegen, als
Legitimierung taugt? Und was macht sie so attraktiv, wenn doch
alle nur im Streit darüber liegen, was gerecht sei?
So viel sei vorweggenommen: Man sollte seine Energie nicht auf
die Frage verschwenden, wie man zu einer Gerechtigkeit findet,
die allen frommt. Gerechtigkeit selbst ist nämlich ein Fehler,
ein äußerst schädlicher dazu, von dem man besser die Finger
lässt.
Teil 1: Vorbemerkung
Teil 2: Leistungsgerechtigkeit in der Wirtschaft
Teil 3: Vom Fordern im Namen der Gerechtigkeit -
Verteilungsgerechtigkeit und die Aktion UmFAIRteilung
Teil 4: Das Prinzip Gerechtigkeit und seine Herkunft aus dem
Recht der kapitalistischen Tauschgesellschaft
Teile 5-7: Diskussion
Veranstalter: AK Gegenargumente
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