Der Kern des Atomkonflikts auf der koreanischen Halbinsel: Über die Unverträglichkeit der nordkoreanischen Staatsraison mit amerikanischen Weltmachtsansprüchen
2 Stunden 13 Minuten
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Beschreibung
vor 12 Jahren
Im Frühjahr d.J. überschlägt sich die westliche Öffentlichkeit
mit mehr oder weniger aufgeregten Wortmeldungen zur politischen
und militärischen Eskalation auf der koreanischen Halbinsel. Für
die einen ist Kim Jong Un ein „unberechenbarer
Nachwuchsdiktator“, der „störrisch wie ein beleidigtes Kind“ auf
seiner Atomwaffe wie auf seinem persönlichen Lieblingsspielzeug
beharrt, das man ihm nur um den Preis eines „atomaren Infernos“
wegnehmen darf. Für die anderen ist er ein „geschickt
kalkulierender Machthaber“, der mit seinen Kriegsdrohungen nur
den Umfang der ausländischen Lebensmittellieferungen für sein
hungerndes Volk in die Höhe pokern will. Wieder andere
Kommentatoren wissen sich genau umgekehrt darüber zu empören,
dass er lieber sein Volk hungern lässt, als den Aufwand für sein
Atomwaffenprogramm zu reduzieren oder seine riesige Armee zu
verkleinern. Neben der Auffassung, dass im Falle Nordkoreas ein
„gefährliches Drohpotenzial“ in der Hand eines
„unverantwortlichen Kriegstreibers“ liegt, steht die Meinung,
dass die nordkoreanischen Drohgebärden bloß übertünchen sollen,
dass sich Kims Armee in einem „katastrophalen Zustand“ befinde
und alles andere als wirklich gut gerüstet für einen großen Krieg
sei. Für die einen ist „Kim Jong Bumm“ eine Mischung aus
Selbstmörder und Amokläufer, für die anderen jemand, der glaubt,
sich alles erlauben zu können, weil die USA sich einen Krieg
gegen ihn dann doch nicht leisten wollen und / oder können. Und
so weiter.
Eine ziemlich verwirrende Meinungsvielfalt. Einerseits.
Andererseits lebt diese Vielfalt von Lageeinschätzungen und
Prognosen für die nähere und weitere Zukunft von einer totalen
Einigkeit der Beurteilung von Nordkorea, seinen
Nuklearmachtambitionen und seines Konflikts mit Amerika, die so
manche Frage aufwirft:
– Eine Öffentlichkeit, die sich darüber streitet, ob Kim verrückt
sei oder ob er wirklich glaubt „damit mal wieder durchzukommen“,
ist sich einig: Das Überleben von Kims Herrschaft im Besonderen,
Nordkoreas als eigenständiger Staat im allgemeinen hängt daran,
ob die USA Nordkorea überleben lassen oder nicht. Deren
‚Drohpotenzial‘ ist fest unterstellt und zugleich nicht der Rede
wert. Warum?
– Eine Öffentlichkeit, die der Frage nachgeht, ob die
nordkoreanische Führung mit ihren „militärischen Muskelspielchen“
die ökonomischen Fähigkeiten ihres Landes rücksichtslos
überfordert oder dessen Mängel umgekehrt gerade kompensieren
will, geht fest davon aus, dass bei diesem ökonomisch schwachen
Staat jede Atommachtambition unangemessen ist. Wieso?
– Eine Öffentlichkeit, die sich fragt, ob die nordkoreanische
Führung ihre antiamerikanische Feindpropaganda und das grell
ausgemalte Bedrohungsszenario durch die USA selber glaubt oder
bloß berechnend ihr Volk auf eine Konfrontation einschwört, für
die besteht kein Zweifel: Dieses Feindbild ist völlig grundlos.
Ihm entspricht nämlich keine Feindschaft und reale Bedrohung, die
von den USA und ihren Verbündeten gegen Nordkorea ausgehen
könnte. Wie das? Warum wird das amerikanische
Vernichtungspotenzial einerseits völlig offen als einzige Antwort
auf Nordkoreas Politik gefeiert und gefordert – und dennoch soll
es andererseits völlig unglaubwürdig sein, wenn Nordkorea sich
von dieser ‘Drohkulisse’ dann auch bedroht sieht?
– Eine Öffentlichkeit, die interessiert bis besorgt die Frage
wälzt, ob die USA die nordkoreanischen „Provokationen“ gerade
noch einmal hinnehmen oder sich dadurch zu einem Krieg gezwungen
sehen könnten, hat einen 100-prozentigen Konsens: Die
nordkoreanische Entschlossenheit, sich eine atomare Bewaffnung
zuzulegen und nicht abnehmen zu lassen, ist für Amerika eine
nicht hinnehmbare Unverschämtheit. Inwiefern? Was macht zwei
nordkoreanische Atomsprengköpfe, die vielleicht schon auf
entsprechende Raketen gesetzt werden können, für die stärkste
atomare Militärmacht der Welt so absolut unmöglich? Gibt es ein
US-amerikanisches Recht auf Wehrlosigkeit anderer Staaten? Warum
verknüpft Nordkorea ausdrücklich seine staatliche Existenz mit
seinem Status als Atommacht? Und welchen amerikanischen Anspruch
verletzt es damit so gravierend, dass die USA ihrerseits den
Bestand oder Untergang Nordkoreas damit verknüpfen, ob dieses
Land auf der Anerkennung als Atommacht beharrt oder darauf
verzichtet?
Teil 1: Wie man ein Feindbild konstruiert
Teil 2: Selbstbehauptung gegen US-Ansprüche an die Region …
Teil 3: … und an den Rest der Welt
Teil 4: Diplomatie der Unversöhnlichkeit: Frontbildung als
Verhandlungszweck
Teil 5: Das größte Verbrechen Nordkoreas: Atomare
Wehrhaftigkeit
Teil 6: Diskussion
Veranstalter: Gegenpositionen
Weitere Publikationen zum Thema von argudiss oder von anderen:
Artikel im Archiv vom GegenStandpunkt-Verlag
„Rocket Man“ vs. „dementer US-Greis“ Nordkoreanisch-amerikanische
Fortschritte in Sachen Souveränität und Weltmacht in
GegenStandpunkt 4-17
Und noch ein Fortschritt für „America first!“ und die Welt
Trump befreit Amerika vom Korea-Konflikt in GegenStandpunkt 2-20
Vorolympische öffentliche Gedankenspiele Nord- und Südkorea unter
olympischer Flagge vereint: Wie finden wir das? in
GegenStandpunkt 1-18
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