Warum steigen die Mieten und die Wohnungsnot? Die kapitalistische Wohnungsfrage

Warum steigen die Mieten und die Wohnungsnot? Die kapitalistische Wohnungsfrage

2 Stunden 27 Minuten

Beschreibung

vor 11 Jahren

Der Preis fürs Wohnen, Miete oder Kauf, geht Massen Leuten an die
Lebensführung, wenn sogar Besserverdienende 30 – 40 % ihres
Einkommens dafür loswerden. Mieter werden verdrängt in
Massenquartiere oder an den Stadtrand und finden sogar gar keine
geeignete Wohnung – ein ziemlich absoluter Mangel, der sonst auf
den Märkten für normale Leute nicht üblich ist. Die Zahl der
Obdachlosen steigt auch. Das ist mit unschöner Regelmäßigkeit ein
öffentliches Thema.


Weniger ist in der Öffentlichkeit die Rede von solchen Fragen:
Was ist das für ein Markt, dieser Wohnungsmarkt? Warum sind in
Ballungsgebieten die Mieten und Preise für Wohnungen so immens
höher als in andren Lagen, obwohl die Baukosten gleich sind? Was
ballt sich alles in „Ballungsgebieten“, und warum ziehen auch so
viele Leute dahin, wo sie sich das Wohnen kaum leisten können?
Was ist mit ihren Einkommen los, dass schon das Wohnen sie an die
Grenze stoßen lässt? Was will da so teuer bezahlt sein bei den
Geschäftsleuten der Sparte „Haus und Grund“? Wie machen
Grundeigentümer aus einem Stück Erde Geld?


Etwas Ursachenforschung wäre doch angemessen, wenn die
Wohnungsfrage so existenziell auf den Nägeln brennt.


Stattdessen tönt der Ruf, dass doch nicht sein dürfe, was ist:
„Wohnen muss bezahlbar bleiben!“ Dieser Appell im Namen braver
Leute, die ja zahlen wollen und kaum mehr können, richtet sich an
die Politik. Ob das die geeignete Adresse ist? Stutzig machen
könnte schon deren Antwort: Politiker versprechen eine
„Mietpreisbremse“, also das Steigen der Mieten zu verlangsamen,
die für Mieter längst zu hoch sind. Mehr wollen sie den
Immobilienbesitzern und Investoren aber nicht zumuten. Das ist
kein Wunder. Das Gewinnemachen mit Immobilien zählt zum
Wirtschaftswachstum, auf das der Staat aus ist und alles
ausrichtet. Dafür schützt er schließlich das Eigentum, auch an
Haus und Grund, und deshalb fördern Kommunen sogar mit
öffentlichen Geldern die „Attraktivität“ von „Lagen“, damit
Investoren dort in Haus und Grund anlegen, um auch an hohen
Preisen fürs Wohnen zu verdienen. Weshalb es die Absurdität in
dieser Marktwirtschaft gibt, dass Mieter und Wohnungssuchende die
Verbesserung von Infrastruktur in ihrem Quartier ebenso fürchten
wie die Sanierung und Modernisierung ihrer Wohnungen. „Wohnen
darf keine Ware sein!“ setzen radikalere Kritiker dagegen. Bei so
einem existenziellen Bedürfnis wie dem Wohnen geht ihnen wohl zu
weit, was im Kapitalismus allumfassend gilt: Jedes Bedürfnis wird
für ein Geschäft ausgenutzt, und dafür ist Wohnen sogar besonders
geeignet, weil jeder muss. Beim Wohnen wünschen sie es anders.
Nur hilft so ein Wunsch noch nicht einmal beim Nachdenken darüber
weiter, mit was für einer Wirtschaft der Mensch mit seiner
Wohnungsfrage konfrontiert ist.


„Wir bleiben alle“ proklamieren manche trotzig gegen die harte
Erfahrung, dass die Geschäftsleute der Sparte „Haus und Grund“
die Macht des Geldes haben, für mehr Rendite die Nutzungsweise
von ganzen Wohnquartieren umzuwälzen und bisherige Mieter
zugunsten lukrativerer auszutauschen. Dass diese Macht das Recht
des Staates im Rücken hat, ist ihnen so weit geläufig, dass sie
ihr „Recht auf Stadt“ dagegen setzen. Das meinen sie dadurch
erworben zu haben, dass schließlich sie dort leben und sich ihr
Leben eingerichtet haben. Aber gehörte zu diesem Leben nicht,
dass sie bei Strafe des Rauswurfs den Haus- und Grundbesitzern
tributpflichtig waren, die nun ihre Neukalkulation an ihnen
vollstrecken? Ist es angemessen, dagegen kämpferisch den
Standpunkt von Mietern zu setzen, nach dem besser alles beim
Alten bliebe?

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