Die Frau im Kapitalismus - Anerkennung von „Frauenproblemen“ statt Kritik an deren Gründen

Die Frau im Kapitalismus - Anerkennung von „Frauenproblemen“ statt Kritik an deren Gründen

2 Stunden 5 Minuten

Beschreibung

vor 11 Jahren

So ziemlich alle Welt ist sich heutzutage einig: Um Frauen muss
sich in unserer Gesellschaft besonders gekümmert werden; dieser
Teil der Menschheit benötigt eine besondere Betreuung. Die wird
ihnen auch lebhaft zuteil: Noch jede gesellschaftliche und
politische Organisation lobt sich dafür, Frauen besondere
Berücksichtigung zuteil werden zu lassen. Es gibt
Frauenbeauftragte, Gleichstellungsbeauftragte, Quotenregelungen,
selbst in der Sprache dürfen sich Frauen inzwischen
gleichberechtigt vertreten sehen. Als Frau darf man sich überall
zu Wort melden, sich auf eine besondere Betroffenheit berufen und
Berücksichtigung einfordern. Dass jemand, der irgend etwas will
oder sich über etwas beschwert, dies als Frau, unter Berufung auf
die Geschlechtszugehörigkeit beruft, gilt als Argument, das ganz
für sich dazu berechtigt, ein Anliegen geltend zu machen – ganz
getrennt davon, in welchem Zusammenhang es geäußert wird und
welchen Inhalt das Anliegen hat. So wird den Problemen, die
Frauen haben Respekt entgegengebracht: Es wird betont, dass man
sie ernst nimmt. Selbst in der Wissenschaft ist das Thema „Frau“
bzw. „gender“, wie es moderner heißt, zu einem eigenen Theorie-
und Forschungszweig ausgebaut worden, wo sich hauptsächlich
Wissenschaftlerinnen des Themas Mann Frau annehmen.


Die Anerkennung, die die Frauenfrage inzwischen bis in höchste
politische Gremien hinein genießt, gilt auch bei Kritikern der
Gleichberechtigung als Fortschritt der Frauenbewegung.


Dabei merkt noch jeder, dass diese Anerkennung in Kontrast dazu
steht, wie es den allermeisten Frauen nach wie vor tatsächlich
geht. Ein paar Hinweise:


• Nach wie vor sind Frauen in höheren Berufen, wie es so schön
heißt, „unterrepräsentiert“, Quote hin oder her.


• Wenn ein Arbeitgeber Frauen schlechter bezahlt, darf er vor
Gericht nicht das Geschlecht als Grund nennen. Das gilt dann als
Diskriminierung und ist verboten; die schlechtere Bezahlung an
„Frauenarbeitsplätzen“ und in „Frauenberufen“ gibt es weiter.


• Überall gibt es staatlich geförderte Frauenhäuser; Eheterror
und Prügelszenen sind ebenso wenig beseitigt wie die
Doppelbelastung durch Kindererziehung und Beruf. • Härtere
Strafen für Vergewaltigung führen nicht dazu, dass die
Vergewaltiger aussterben.


• Usf.


Dafür, dass solche Probleme trotz rechtlicher Gleichstellung
weiterhin auftreten, kursiert eine Erklärung: Hier wirken
angeblich Vorurteile weiter. Die seien es, die verhindern, dass
Frauen die ihnen von Rechts wegen zustehende gesellschaftliche
Stellung erlangen. Solche „alten Verhaltensmuster“ müsste man, so
heißt es, beseitigen, dann wäre die Sache der Frau schon auf dem
rechten Weg.


Dabei fällt auf:


Erstens scheinen diese „Verhaltensmuster“ ziemlich hart näckig zu
sein. Noch soviel gut gemeinte Aufklärung, noch soviel
Anstrengungen, den Frauen die ihnen zustehende Wertschätzung zu
verschaffen, scheinen da wenig zu bewirken. Warum ist das so?


Zweitens herrscht gar nicht Einigkeit darüber, wie die zur Frau
„passende“ gesellschaftliche Stellung eigentlich auszusehen
hätte, wofür die Frau denn wertgeschätzt werden sollte. Ob da
mehr die Gleichheit oder die Differenz zu „Männern“ im
Vordergrund stehen sollte, ob besondere „weibliche“ Eigenschaften
und Leistungen anzuerkennen sind oder eher die Fähigkeit von
Frauen, wie Männer ihren Mann im Berufsalltag zu stehen – darüber
wird munter in Talkshows und Uni-Seminaren gestritten. Aber
vielleicht ist ja schon die Frage verkehrt?


Gegen die Behauptung einer immer noch fehlenden „echten
Gleichberechtigung“ und einer „Diskriminierung der Frau“ sollen
im Vortrag folgende Gegenthesen entwickelt werden:


Erstens: Die Forderung nach Gleichberechtigung geht an den
Gründen für die Schlechterstellung von Frauen auf dem
Arbeitsmarkt ebenso vorbei wie an den Gründen für die unschönen
Formen, die das Leben zu zweit gelegentlich annimmt. Dass die
rechtliche Gleichstellung die Lage der meisten Frauen nur
unwesentlich verbessert, liegt daran, dass die rechtliche
Ungleichheit gar nicht der Grund für diese Lage ist.


Zweitens geht auch die Auffassung an der Sache vorbei, die
„Diskriminierung der Frau“ läge am Weiterbestehen eigentlich
längst überholter „Verhaltensmuster“ bei Personalchefs und oder
Männern überhaupt. Solche „Vorurteile“ haben vielmehr ihre solide
fortbestehende Grundlage in der kapitalistischen Konkurrenz und
der Geisteshaltung, mit der Mann wie Frau dort den
Leistungsansprüchen von Kapital und Staat unterworfen werden und
sich unterwerfen.

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