Krise - Krisenkonkurrenz - Gewaltkonkurrenz - Krieg
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Beschreibung
vor 11 Jahren
Es gehört zu den Gemeinplätzen der historischen Bildung, dass die
Zeiten großer Krisen des Kapitalismus kriegsträchtig sind; dass
Krise zu Krieg „führt“. 2014, das siebte Jahr der globalen
Finanzkrise scheint die Regel zu bestätigen:
Die Finanzmärkte sind halbwegs stabilisiert. Die Schulden der
Banken und Staatshaushalte sind nicht geringer geworden – im
Gegenteil; nun aber werden sie von Investoren wieder als
Geldanlagen akzeptiert und gekauft. In Amerika, Deutschland und
Teilen der EU gibt es ein kleines Wirtschaftswachstum. Das beruht
allerdings ebenso wie die Haltbarkeit der Schulden ganz auf den
außerordentlichen Garantien der Zentralbanken in New York und
Frankfurt und der gigantischen Kredit- und Geldschöpfung, mit der
sie diese Garantien untermauern. Jede Andeutung der FED oder EZB,
zu normalen Usancen der Geldpolitik zurückkehren zu wollen, lässt
Investitionen und Wachstum wieder abstürzen.
Auf dem Feld der Wirtschaftsdiplomatie ringen die großen Akteure
darum, den selbst-tragenden Aufschwung, der einfach nicht kommt,
mit politischen Mitteln zu erzwingen: Freihandelsabkommen der USA
mit Asien – „TPP“ – und Europa – „TTIP“ – sollen der
amerikanischen Wirtschaft andere Nationen und deren Potenzen
verfügbar machen und Wachstumschancen erschließen; die
Partnerstaaten lassen sich mit genau dem entgegengesetzten Kalkül
auf Verhandlungen über erweiterte Handels- und
Investitionsfreiheiten ein: Kein Wunder, dass die radikalisierte
wechselseitige Öffnung diesseits und jenseits des Atlantiks
größtes Misstrauen erweckt.
Auf dem Feld der militärischen Gewalt häufen sich Konfrontationen
der großen Mächte. In Asien ermuntern und befähigen die USA
Japan, Südkorea und andere Staaten durch militärische
Rückendeckung dazu, den territorialen und Macht-Ansprüchen Chinas
drohend eigene Ansprüche entgegen zu setzen. In Deutschland
erklären Bundespräsident, Außen- und Verteidigungsminister
unisono, dass sich das „Kraftzentrum der EU“ in internationalen
Gewaltfragen nicht länger zurückhalten darf. Prompt
radikalisieren sie den Kampf um den Anschluss der Ukraine an die
EU und ihre Herauslösung aus dem russischen Einflussbereich.
Zugleich wirft die Eskalation Machtfragen zwischen Deutschland/EU
und den USA auf: Muss die EU, weil sie in ihrem Ringen um den
Anschluss der Ukraine auf die Abschreckungsmacht der Nato
angewiesen ist, sich für das amerikanische Ziel hergeben, die
zweitgrößte Atomwaffenmacht Russland zu isolieren, zu ruinieren
und zu einer nur noch regionalen Größe zu degradieren? Oder kann
Deutschland das amerikanische Kriegspotential für seinen
anti-amerikanischen Aufbau eines expandierenden
EU-Herrschaftsraumes instrumentalisieren, der Russland zwar immer
weiter zurückdrängt, über Geschäfte und diplomatischen Verkehr
aber zugleich Einfluss auf es behält?
Mit der wieder bestätigten Regel, dass Krisen zu Krieg führen,
ist nichts begriffen. Der Zusammenhang versteht sich gar nicht
von selbst. Es sind ja nicht die Wirtschaftskrisen und auch nicht
die Konzerne, die nationale Feindschaften anordnen: Das tun schon
die diversen Vaterländer. Und warum geraten die in Macht- und
Unterordnungsfragen aneinander, wenn daheim der Geschäftsgang
stockt? Warum ist die Krisenbewältigung kein Gemeinschaftswerk,
sondern ein wüstes Gegeneinander dieser Staaten? Und was hilft
eine Auseinandersetzung um die Senkaku-Inseln oder um die Krim
für den Aufschwung, der auf sich warten lässt?
Diese Fragen muss beantworten können, wer mehr behaupten will als
die Erfahrungstatsache, dass schon manchmal nach einer Krise ein
Krieg „ausgebrochen“ ist.
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