TTIP: Ein Kampfprogramm zur Neuordnung des Weltmarkts für Dollar- und Eurokapitalisten
2 Stunden 7 Minuten
Podcast
Podcaster
Beschreibung
vor 11 Jahren
„TTIP bringt mehr Wachstum!“ versprechen die verantwortlichen
Wirtschaftspolitiker. Wem versprechen sie damit eigentlich was?
Dass Löhne und Gehälter wachsen, ist jedenfalls nicht
versprochen. Dass die Lebensverhältnisse für normale Menschen
leichter, angenehmer, sauberer, gesünder werden, ist auch nicht
im Programm. Wachsen soll „die Wirtschaft“, nämlich was die an
Erfolgszahlen produziert. Was sie da hinkriegt, ist natürlich
nach wie vor und mehr denn je eine Frage der Konkurrenz –
zwischen den Firmen, und zwischen den Staaten, die für die
Bilanzen der Wirtschaft ihres Landes alle Rücksichten fallen
lassen. Was also auf alle Fälle wächst und wachsen soll, das sind
Reichweite und Schärfe eben dieser Konkurrenz, für die die Firmen
in Europa, in Nordamerika und überhaupt weltweit ihr Personal auf
wachsende Leistung trimmen und für die die zuständigen Politiker
ihren Völkern einen gut durchorganisierten wachsenden
Leistungsdruck bescheren. „Reformen“ ist das niedliche Stichwort
dafür.
Für Leute, die sich nicht alles gefallen lassen wollen, was Staat
und Wirtschaft mit ihnen anstellen, eine gute Gelegenheit, sich
darüber Rechenschaft abzulegen – nein, nicht bloß, ob sie allen
Ernstes noch mehr von dieser Konkurrenz haben wollen, sondern ob
überhaupt diese Art von Leben. Denn warum soll man als normaler
Mensch für eine Ökonomie des Konkurrenzkampfs der Firmen ums Geld
der Welt sein?
Ach so, wegen des großen Segens, der damit verbunden und
gleichfalls versprochen ist: „TTIP schafft Arbeitsplätze!“ –
Zigtausende, heißt es. Und kaum versprochen, fangen kritische
Experten das Nachrechnen an und kommen zu „mageren“ bis
„enttäuschenden“ bzw. „gefälschten“ Ergebnissen. Aber was ist das
überhaupt für ein Versprechen? Für einen normalen Zeitgenossen,
der einen Arbeitgeber finden muss, damit er sich überhaupt einen
Lebensunterhalt verdienen kann, enthält die schöne Verheißung
eher eine Drohung, oder genau genommen sogar zwei:
Nr. 1: Wie dein „Arbeitsplatz“ aussieht, was du dort zu tun hast,
was du dort verdienst, das liegt überhaupt nicht in deiner Hand.
Das entscheidet sich im internationalen Konkurrenzkampf der
Firmen, für den eine Handvoll demokratisch gewählte Machthaber
die Richtlinien erlassen.
Nr. 2: Auf einen solchen Arbeitsplatz bist du angewiesen, aber
der Arbeitsplatz nicht auf dich. Ob es den überhaupt gibt, das
entscheiden die Firmen im Zuge und im Interesse ihres
grenzüberschreitenden Konkurrenzkampfes, für den demokratisch
gewählte Politiker sich immer griffigere Richtlinien ausdenken
Eine schöne Ansage also: Du, lieber TTIP-Bürger, hast die Not, an
eine Verdienstquelle zu kommen – die Verantwortlichen, schaffen
und verwalten sie. Und ausgerechnet das soll ein unanfechtbar
guter Grund sein, dafür zu sein – für das Funktionieren eines
Ladens, in dem der normale Mensch die ehrenvolle Rolle der
abhängigen Nullnummer spielen darf!
Na ja, immerhin ist auch versprochen:
„TTIP spart Kosten!“ Nämlich erstens den Unternehmern; zweitens
die Kosten für die Einhaltung von Vorschriften, die besorgte
Politiker irgendwann einmal für nötig gehalten haben – was
natürlich schon zwei gute Gründe für TTIP sind. Der beste Grund
heißt aber drittens: Diese Vorschriften sind, nach den amtlichen
Feststellungen der Unterhändler, eigentlich gar nicht für die
Angelegenheiten gut, die sie regeln – irgendwelche
Gesundheitsrücksichten, Schonung der Natur oder so – , sondern
vor allem dazu da, ausländische Konkurrenten zu
diskriminieren.
Letzteres ist mal ein ehrliches Wort. Und sollte all denen zu
denken geben, die ihre eigene Obrigkeit schon allein deswegen für
vergleichsweise nicht schlecht halten, weil sie die amerikanische
Art der Salmonellenbekämpfung in Hühnerkadavern für den
menschlichen Verzehr bislang nicht zugelassen hat. Am Ende ist es
nämlich wirklich so, dass alle politische Volksfürsorge, von
gewissen Vorschriften zur Unfallverhütung bis zur
Buchpreisbindung, schon seit jeher unter dem einen großen
Vorbehalt steht oder jedenfalls mittlerweile nur im Sinne der
einen großen Staatsaufgabe in die Tat umgesetzt wird: Das
nationale Geschäft muss sich lohnen. Oder genauer: Alle
Geschäftemacherei muss sich nicht nur überhaupt für die lohnen,
die es machen, sondern auch für die Staatsgewalt, die darauf
aufpasst. Deswegen passt die auch darauf auf, dass die weltweite
Geschäftemacherei sich vor allem für die lohnt, die mit ihrer
Bereicherung ihrer Staatsgewalt nützen.
Wenn das nicht auch für alle, die von den lohnenden Geschäften
gar nichts haben, ein guter Grund ist, dafür zu sein!
Womit wir beim letzten und ehrlichsten aller Versprechen
wären:
„TTIP setzt Geschäftsbedingungen für den Rest der Welt!“ Für die
Chinesen vor allem, und zwar bevor die Volksrepublik, die
kommunistische, zusammen mit Russland, Indien, Brasilien,
Südafrika... – „uns“ die Bedingungen serviert, nach denen
kapitalistische Unternehmer auf dem Weltmarkt Geld verdienen
können. Welche Bedingungen das dann sein könnten, wen sie wie
treffen würden, spielt da gar keine Rolle – und schon gar nicht
der Gesichtspunkt, dass der normale Mensch in dem ökonomischen
Welttheater, um dessen Geschäftsordnung da so erbittert gerechtet
wird, allemal nur als Versatzstück in kapitalistischen
Konkurrenzerfolgskalkulationen vorkommt. Genau diesen normalen
Menschen soll ganz spontan einleuchten, dass es auch für sie ganz
furchtbar entscheidend ist, in welchen Hauptstädten über die
Vorschriften entschieden wird, nach denen das weltweit agierende
Kapital sein Wachstum betreibt – mit ihnen als lohnabhängigem
Menschenmaterial unter staatlich organisiertem Leistungsdruck
oder auch ohne sie, wenn es gerade keine lohnende Verwendung für
sie hat. Ein herrlicher Grund, dafür zu sein, den die Politiker
ihrem wahlberechtigten Volk da anbieten: Unsere schöne Welt ist
imperialistisch; und deswegen wollen und müssen wir – zusammen
mit unseren europäischen und transatlantischen ‚Partnern‘ – die
führenden, maßgeblichen Imperialisten bleiben: Wir lassen uns die
Geschäftsbedingungen nicht vorschreiben, wir geben sie vor!
Traurig genug. Genau an dem Versprechen macht sich die härteste
Kritik fest, die in Sachen TTIP zu vernehmen ist: Die privaten
„Schiedsgerichte“ sind der große Stein des Anstoßes. Denn da
droht ein Sieg des ökonomischen Eigennutzes über demokratisch
beschlossene Regelungen, da droht überhaupt der Verlust der
staatlichen Handlungsfähigkeit, heißt es. Das darf nicht
passieren – da sind sich die schärfsten Kritiker von unten mit
dem dicksten TTIP-Anwalt der Regierung auf einmal einig!
Da treffen sich im Etikett „demokratisch beschlossen“ am Ende die
Macht- und Freiheitsillusionen wahlberechtigter Regierter mit dem
Souveränitätsanspruch der gewählten Regierenden in dem einen
entscheidenden „Punkt“: National muss die Geschäftsordnung sein,
der wir alle gehorchen. National und souverän muss die Herrschaft
agieren, nach innen über allen bloß partikularen Interessen
stehend und keiner auswärtigen Macht hörig: Das ist sie vor allem
anderen sich und ihren Bürgern schuldig.
So verpasst man gründlich, worum es bei TTIP wirklich geht...
Weitere Episoden
2 Stunden 25 Minuten
vor 1 Monat
1 Stunde 48 Minuten
vor 6 Monaten
2 Stunden 31 Minuten
vor 1 Jahr
2 Stunden 5 Minuten
vor 2 Jahren
2 Stunden 28 Minuten
vor 2 Jahren
In Podcasts werben
Kommentare (0)