Wirtschaftskrieg gegen Russland: Klarstellungen zum imperialistischen Gehalt der Weltwirtschaftsordnung

Wirtschaftskrieg gegen Russland: Klarstellungen zum imperialistischen Gehalt der Weltwirtschaftsordnung

2 Stunden 11 Minuten

Beschreibung

vor 11 Jahren

Deutschland, die EU und die USA tragen mit wirtschaftlichen
Sanktionen gegen Russland eine Konfrontation aus, die Merkel und
Obama selbst mit Krieg vergleichen, indem sie beteuern, sie
wollten weder auf einen neuen „kalten Krieg“ noch eine
„militärische Lösung“ hinaus. Wenn Merkel Russland „inakzeptablen
Einsatz von Macht“ in der Ukraineauseinandersetzung vorwirft und
Obama das bestrafen will, machen sie klar, warum sie ihr eigenes
Vorgehen für etwas wie Krieg halten: Russlands Gebrauch von Macht
und seine Macht als solche sind es, was der Westen „nicht
hinnehmen“ will.


Zu einer Machtfrage mit Russland haben die EU und die USA ihre
Politik vorangetrieben, die die Ukraine dem Westen zuordnen will
und Russlands Ansprüche damit bestreitet. Dagegen beharrt
Russland auf seinen „vitalen Interessen“ an der Ukraine,
annektiert die Krim und kämpft um mindestens einen neutralen
Pufferstaat zum Machtbereich der NATO. Die Regierungen der USA
und Europas nehmen Russlands Beharren auf „Einfluss“ als
grundsätzlichen Angriff auf sich. Und ebenso grundsätzlich, wie
sie Russland verurteilen, antworten sie auch: Mit einem
umfassenden Programm zur Schädigung der russischen Macht.


EU und USA beschließen Wirtschaftssanktionen mit
Eskalationsstufen und weisen ihnen ausdrücklich die Aufgabe zu,
Russland so zu schädigen, dass es seine Ansprüche aufgibt.
Russland den Einkauf benötigter Waren auf dem Weltmarkt
verwehren, russische Vermögen auf westlichen Konten
beschlagnahmen, vereinbarte Kapitalinvestitionen in Russland
abbrechen, Russland schrittweise vom westlichen Geld- und
Kreditverkehr ausschließen: alle diese Sanktionen sollen die
ökonomischen Grundlagen der russischen Macht dezimieren; und sie
sollen der Staatsführung die Lehre erteilen, dass sie sich
machtvolle Einsprüche gegen die USA und die EU nicht leisten
kann. Der Westen setzt also die Wirtschaft als Waffe ein und
führt einen Wirtschaftskrieg. Die wirtschaftlichen Kampfmaßnahmen
sollen, wie Obama sich ausdrückt, die Wirtschafts- und
Militärmacht Russland, die noch in internationalen Gremien als
Mit-Aufsichtsmacht der Weltordnung agiert, auf Rang und Gewicht
einer „Regionalmacht“ zurückwerfen, die sich ihre Rechte von
außen zuweisen lässt.


Wirtschaftssanktionen gelten den einen als besonnen: „Besser sie
kappen Wirtschaftsbeziehungen, als dass sie schießen!“ Andere
beklagen die Schäden, die dieses Vorgehen an der europäischen
Wirtschaft anrichtet, und mahnen Zurückhaltung an. Kein bisschen
denkt die öffentliche Meinung darüber nach, dass hier die
Wirtschaftsbeziehungen – sonst der zivile Inhalt, für manche auch
die geschätzte Garantie des friedlichen Verkehrs zwischen den
Staaten – nun als zerstörerische Machtund Kampfinstrumente zum
Einsatz kommen – in der Hand der westlichen Staaten, die allen
Nationen gegenüber als Garanten der weltweiten freien
Geschäftemacherei agieren.


Dabei könnte besonders zu denken geben, dass Merkel und Obama das
Vorgehen gegen Russland zu einem Fall für Grundsätzliches
erklären: Russland habe „Regeln der Staatenordnung“ verletzt, und
bekomme nun die „Stärke des Rechts“ spüren.


Was sind das für Auskünfte über den „freien und friedlichen
Weltmarkt“? Was ist das für ein wirtschaftlicher Verkehr zwischen
„offenen Volkswirtschaften“, wenn über ihn der Handel mit Waren,
Geld und Kapital zum Hebel wird, die Grundlage von Nationen
anzugreifen?


Was ist das für eine „internationale wirtschaftliche
Kooperation“, in der Staaten Machthebel gegen andere zielstrebig
ansammeln und diese einsetzen, um bei konkurrierenden Nationen
genau das – einen Zugewinn an Machtmitteln - zu unterbinden?


Was ist das für eine „Ordnung der Weltwirtschaft“, in der die
EU-Staaten und die USA sich das Recht geben, solche Machtfragen
zu entscheiden?

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