Islamischer Staat gegen Vereinigte Staaten von Amerika und den Westen

Islamischer Staat gegen Vereinigte Staaten von Amerika und den Westen

2 Stunden 52 Minuten

Beschreibung

vor 10 Jahren

Islamischer Staat gegen Vereinigte Staaten von Amerika und den
Westen:
Eine militante Antwort auf die Verwüstung der arabischen Welt und
ihre Bekämpfung durch einen neuen Krieg unter US-Regie


Seit den Anschlägen in Paris steht es fest: Der islamistische
Terrorismus ist 'bei uns' angekommen und bedroht alles, was uns
teuer und heilig ist; unsere Freiheit, die des Meinens allem
voran.
Diese Diagnose hat eine lächerliche Seite: Nach dem Massaker
durch zwei fromme Desperados wird ein Satiremagazin in den Rang
einer gesamtwestlichen Ikone erhoben, das ansonsten eher
ignoriert oder mit Beleidigungsklagen überhäuft zu werden pflegt.
Das Recht, seine unmaßgebliche Meinung äußern, sich insbesondere
auch betont respektlos über den Glauben an Allah lustig machen zu
dürfen, wird aus diesem Anlass in den Rang des Inbegriffs
westlicher Aufklärung, unserer Lebensart und Wertegemeinschaft
erhoben - so als ob das tägliche Leben im freien Westen
tatsächlich dadurch geprägt wäre, dass die Leute miteinander
streiten und diskutieren oder gar die geistige Unterwerfung unter
selbstgewählte ‚Gottesgebote‘ kritisieren; so als ob nicht jeder
wüsste, dass sich das wirkliche Leben in den westlichen
Demokratien ums Geldverdienen mit all seinen Nöten und
Notwendigkeiten, Gegensätzen und Gemeinheiten im Kleinen, um die
beinharte internationale Konkurrenz um nationales
wirtschaftliches Wachstum und politische Macht im Großen dreht.


Dass niemand lacht, liegt daran, worauf diese Idealisierung des
nationalen, europäischen oder gesamt- westlichen „Wir“ zielt: auf
die moralische Disqualifizierung seiner Gegner. Dass sie die
friedliche Einordnung u n t e r ihre wirklichen, nämlich wirklich
elenden Lebensumstände in den Niederungen der freien
Marktwirtschaft, in französischen Vorstadt- und sonstigen Ghettos
verweigern, wirft man ihnen als Gegnerschaft gegen unsere Werte
vor. Und das wird umstandslos damit gleichgesetzt, dass sie
selbst gleich gar keine Werte, schon gar keine religiösen, haben.
Damit steht fest: Es gibt letztlich keinerlei Grund, „gegen uns“
und „unsere zivilisierte Gesellschaft“ zu sein – außer ihrem
„blinden Hass“ auf alle Werte, die unsere westliche Gemeinschaft
auszeichnen. Diesem Hass müssen „wir“ entgegentreten – das ist
die „Schlussfolgerung“, auf die all die Idealisierungen des
„freien Westens“ und all die moralischen Dämonisierungen der
Attentäter hinauslaufen. Das ist dann tatsächlich alles andere
als eine lächerliche Angelegenheit. Denn wenn zum „gemeinsamen
Kampf gegen Hass und Intoleranz“ gerufen wird, dann mögen zwar
Stifte und Kugelschreiber als Symbol dafür hochgehalten werden;
jeder weiß aber, dass diesen Kampf nicht „wir alle“ führen,
sondern die Staatsgewalten, und zwar nicht mit Schreibgeräten,
sondern mit all ihren überlegenen Mitteln militärischer,
polizeilicher, geheimdienstlicher und rechtlicher Gewalt, die
unsere staatlich gesicherte Freiheitsordnung gar nicht nur und
gar nicht erst für den Kampf gegen den Terror vorsieht und
anwendet.


Wo der derzeitige Hauptgegner in diesem Kampf ist, wissen – nicht
erst seit den Anschlägen – auch alle, der Anführer des freien
Westens hat es nämlich schon vor einiger Zeit verraten – die
Anschläge sind das Werk durch eine auswärtige Zentrale des
Terrors Verführter und zur Gewalt Angestachelter, das Werk der
„Terrormiliz des IS“:


„In diesem Jahrhundert haben wir es mit einer noch
mörderischeren, ideologischen Sorte Terroristen zu tun, die eine
der größten Weltreligionen pervertiert haben... Sie töten so
viele unschuldige Zivilisten wie möglich und wenden die
brutalsten Methoden an, um die Menschen in ihrem Umkreis
einzuschüchtern... Das sind Extremisten, die nichts aufbauen oder
erschaffen können und darum nur mit Fanatismus und Hass hausieren
gehen... Kein Gott heißt diesen Terror gut. Keine Unzufriedenheit
rechtfertigt diese Handlungen...


Es kann keine Verhandlungen mit diesem Bösen geben, man kann ihm
nicht mit logischen Argumenten beikommen. Die einzige Sprache,
die solche Mörder verstehen, ist die Sprache der Gewalt.“
(Obama-Rede vor der UN-Vollversammlung, 25.09.14)
Was Franzosen und andere Europäer können, das kann der
US-Präsident schon lange und auf seine Weise: in den Opfern, die
eine gewalttätige Guerilla unter Berufung auf ihren Gott
produziert, einen Angriff aufs ideelle westliche „Wir“ entdecken,
das damit das höchste Recht und die alles überragende Pflicht
hat, den Angriff zu erwidern. Seiner wirklichen Macht gemäß
spricht er gleich in ideeller Stellvertreterschaft für die
gesamte Menschheit. In deren Namen verabscheut der Führer der
Weltmacht, die ja bekanntlich Weltpolitik bevorzugt mit logischen
Argumenten und redlicher Überzeugungsarbeit betreibt und gesittet
vorgetragener Unzufriedenheit ihr machtvolles Gehör schenkt,
jedes gewaltsame Vorgehen. Und davon, dass die IS- Kämpfer die
Verwüstungen ihrer arabisch-islamischen Heimatländer durch
jahrzehntelange US-Kriege meinen, wenn sie vom „Kreuzzug des
Westens gegen den Islam“ reden, hat Obama auch noch nie gehört.


Wieder weiß jeder, dass dieses Gerede über die moralische
Verabscheuungswürdigkeit islamistischer Gewalt vor allem eines
ist: die Ankündigung eigener Gewalt zur Vernichtung der Gegner.
Das sollte man dann aber auch in dieser Reihenfolge ernst nehmen:
Das moralische Zerrbild des Kampfes „Gut gegen Böse“, das Obama
im Verein mit der westlichen Politik und Öffentlichkeit zeichnet,
ist das ziemlich fundamentalistische Feindbild zu einer
Feindschaft, von der damit zugleich angekündigt wird, dass sie
nicht mit den Waffen der Moral, sondern mit der weltweit
schlagkräftigsten Gewaltmaschinerie ausgetragen wird.


Noch überhaupt nicht klar sind damit die wirklichen Gründe dieser
Feindschaft, die politischen Zwecke, Interessen und Berechnungen
der westlichen Vormacht und ihrer Verbündeten, die mit dieser
Ansage beauftragt werden, im Nahen Osten unter amerikanischer
Führung einen Störfall ihrer Weltordnung zu erledigen – mit einem
Krieg, den der US-Präsident schon mal auf mindestens zehn Jahre
ansetzt. Um diese Gründe sollte man sich freilich kümmern. Sonst
verwechselt man im Verein mit unserer aufgeklärten Öffentlichkeit
die kulturkämpferischen Ansagen aus Washington und den
Hauptstädten des Westens mit der Sache, um die es den
eingreifenden Mächten, den USA allen voran, bei diesem Kampf
gegen eine 'Geißel der Menschheit' geht. 

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