Der Rechtsruck in den westlichen Demokratien: „Wir sind das Volk!“ im Krisenmodus
2 Stunden 21 Minuten
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Beschreibung
vor 8 Jahren
„Wir sind das Volk!“ – Dieser Ruf gilt seit zweieinhalb
Jahrzehnten als größte anzunehmende Aufmüpfigkeit und
Anspruchshaltung eines Volkes gegenüber seiner Herrschaft, ohne
die es peinlicherweise noch nicht einmal wüsste, wem es diese
Tatsache mitteilen sollte. Woher kommt das?
„Wir sind das Volk!“ – In diesem empörten Aufschrei darf jede
Unzufriedenheit mit jeder der beschissenen sozialen Lagen
mitgedacht werden, von denen das Volk so viele – und in
Krisenzeiten immer mehr – auszuhalten hat, und gleichzeitig wird
keine einzige davon in dieser Parole benannt. Wie geht das?
„Wir sind das Volk!“ – Diese stolze Selbstbezichtigung zielt so
selbstverständlich, dass es nicht einmal dazu gesagt werden muss,
vor allem darauf ab klarzustellen, dass andere nicht zu diesem
feinen Kollektiv gehören. Dass denen also diejenigen Privilegien
zu entziehen sind, von denen die Rufer aus irgendeinem Grunde der
Meinung sind, sie seien mit der Zugehörigkeit zum Volk –
zumindest eigentlich – verbunden. Wie kommen sie darauf?
„Wir sind das Volk!“ – Wo dieser Ruf ertönt, auch das weiß
inzwischen jeder, da wird die rücksichtslose staatliche Gewalt
gefordert oder die private angekündigt, mit der allein die
Ausgrenzung der nicht zum Volk Gehörigen durchzusetzen ist, die
ein Volk beansprucht, damit es sich als dieses gewürdigt und
seine Identität gewahrt weiß. Warum?
„Ihr seid das Volk!“ – So antworten die rechten Anwärter auf die
Macht im Land und präsentieren sich als die Führer, die das gute
Volk verdient. Sie versprechen, dass sie den „Bedürfnissen des
kleinen Mannes“ nicht zuletzt dadurch Rechnung tragen wollen,
dass sie die weltwirtschaftliche und weltpolitische Konkurrenz
mit anderen Nationen mit neuer Kompromisslosigkeit führen und
„uns“ aus allen schädlichen und schändlichen Abhängigkeiten
befreien werden. Was hat das Eine mit dem Anderen zu tun?
Und wer stellt sich gegen den Vormarsch der rechten und
rechtsextremen Parteien, die allesamt im Namen des einfachen,
ehrlichen, echten Volkes auftreten und die Macht beanspruchen?
Eine Front von der Mitte bis ganz nach Links. Deren Vertreter
halten den Status des Volkes, also der Masse derer, die ihr Leben
als Konkurrenzkampf um ein mehrheitlich ärmliches Auskommen in
Abhängigkeit von fremden Kalkulationen und von staatlicher
Betreuung fristen,
ebenfalls als höchsten Ehren- und Anspruchstitel hoch. Sie
kombinieren ihre Verachtung gegenüber den Rechten mit viel
Verständnis fürs Volk, das denen nachläuft. Und sie werben für
sich mit Parolen und Programmen in Sachen Krisenbewältigung,
Ausländer und Ausland, denen der Unterschied zu denen der
demokratisch exkommunizierten Rechten mitunter nur sehr schwer
anzusehen ist. ‚Rutschen‘ sie unversehens nach rechts, auf der
Jagd nach Wählerstimmen? Oder passt das irgendwie zu der
marktwirtschaftlich-demokratisch-weltpolitischen Räson, die sie
ganz ohne rechte Opposition verfolgen?
Veranstalter Arbeitskreis Gegenargumente.
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