Die europäische Einigung: Ein deutsches Weltmachtprojekt
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Beschreibung
vor 8 Jahren
Angesichts der Existenzkrise der Europäischen Union melden sich
hier – und in geringerem Maß auch in Nachbarländern – Mitglieder
der Zivilgesellschaft, die ihre Liebe zu Europa entdecken. Bürger
bekennen sich öffentlich zur „europäischen Idee“ und wollen sie
gegen Populismus und Nationalismus in den Nachbarländern und in
Deutschland verteidigen.
Für die Sache, die sie ins Herz schließen, treten sie gleich in
Form ihrer idealistischen Überhöhung, eben als schöne Idee, ein
und kümmern sich – gerade in ihrem Lob Europas – herzlich wenig
um dessen Wirklichkeit.
Wer auf die Reisefreiheit und die europaweite Wahl des
Studienortes verfällt, wenn er ein Argument für die Europäische
Union sucht, der bezeugt immerhin, dass es für Normalbürger gar
nicht so leicht ist, Grund und Zweck dieser Union auf sich zu
beziehen. Denn eines ist klar: Das Gute, das er für sich am
grenzenlosen Europa findet, hat ganz sicher nichts zu tun mit den
Zielen, für die dessen Macher es geschaffen haben. Ein
Staatenbund zur Ermöglichung von Auslandssemestern und
Urlaubsreisen ist die EU nicht.
Wer die Europäische Union dafür schätzt, dass sie den Staaten des
Kontinents eine 60-jährige Friedensperiode geschenkt hat, und
fürchtet, dass mit einem Scheitern der Union auch ihre
Friedensgarantie scheitert, der soll – anstatt sich in der Union
wohl zu fühlen – gefälligst über die europäischen Vaterländer
erschrecken. Wenn für die die Öffnung, Erschließung und
Einordnung der Nachbarn in eine gemeinsame Rechtsordnung
tatsächlich die Alternative zu deren gewaltsamer Unterwerfung
unter die eigene Hoheit ist und wenn Gewalt zwischen den Staaten
wieder droht, sobald der Weg der Integration verlassen wird, dann
sagt das auch etwas über die Idylle, die durch diese Integration
ins Werk gesetzt wird.
Diese Integration besteht im Übrigen nicht darin, dass etwas –
Krieg – nicht stattfand, sondern dass einiges stattfand: Ein
Binnenmarkt wurde geschaffen, auf dem Deutschland und ein paar
andere Länder sich die Kaufkraft des ganzen Kontinents aneignen
und immer mehr Wachstum und Geschäft bei sich konzentrieren,
während andere Länder Deindustrialisierung und Arbeitslosigkeit
ernten. Und eine Währung, die die Finanzkraft der europäischen
Zentralmacht gigantisch steigert, während andere Partnerstaaten
wegen ihrer Unterordnung unter die Bedingungen der harten Währung
in Dauerkrisen versinken und verarmen.
Wer dazu meint, der europäische Binnenmarkt hätte immerhin „aus
Nationalstaaten eine Gemeinschaft gemacht“ (Pulse of Europe),
soll sich mal fragen, wo der ganze unzufriedene Nationalismus
herkommt, gegen den er die europäische Idee nun retten will. Hat
der vielleicht darin seine Grundlage, dass die Gemeinschaft aus
Nationalstaaten besteht, die das europäische Projekt an ihrem
nationalen Nutzen messen?
Dieser Erfolgsweg des deutschen Staates und der deutschen
Wirtschaft seit 1956 steht im europäischen Superwahljahr 2017 auf
dem Spiel. Dass Merkel und Gabriel diesen Weg zu retten und
fortzusetzen versuchen, verwundert nicht. Normale Bürger, die für
die „europäische Idee“ auf die Straße gehen, haben weniger gute
Gründe für ihre Parteinahme. Sie sollten wenigstens wissen,
wohinter sie sich mit ihrem Idealismus und ihrem Engagement gegen
Nationalismus stellen: das gültige Programm des deutschen
Nationalismus.
Der Vortrag bei der Sozialistischen Gruppe ist hier.
Veranstalter: Sozialistische Gruppe
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