„Wo stehen wir?“ Ansprache von Prof. Dr. Christiane Woopen bei der Reformationsfeier 2021 in Köln

„Wo stehen wir?“ Ansprache von Prof. Dr. Christiane Woopen bei der Reformationsfeier 2021 in Köln

Ansprache von Prof. Dr. Christiane Woopen bei der Reformationsfeier 2021 in Köln
20 Minuten

Beschreibung

vor 2 Jahren
„Was trägt uns in Krisen?“, lautete die zentrale Frage bei der
zentralen Reformationsfeier des Evangelischen Kirchenverbands Köln
und Region in der Trinitatiskirche 2021. Und da stand natürlich der
persönliche und gesellschaftliche Umgang mit der Corona-Pandemie im
Mittelpunkt. Stadtsuperintendent Bernhard Seiger begrüßte die
zahlreichen Gäste im „evangelischen Dom. „Wo stehen wir?“ Die
Ansprache bei der Feier hielt Dr. Christiane Woopen, Professorin
für Medizin und Medizinethik. Bis vor einem Monat war Christiane
Woopen an der Universität zu Köln tätig und seit Oktober lehrt sie
an der Universität Bonn. Sie war Vorsitzende des Deutschen
Ethikrates. Und sie ist Vorsitzende des europäischen Ethikrates.
Frau Woopen hat in Bonn die erste Hertz-Professur inne. Das Thema:
Interdisziplinäre Erforschung des Lebens. Dazu gehört der Dialog
der Medizin mit Ökonomie, Kulturwissenschaften, Soziologie und
Theologie. Sie hatte ihrer Ansprache den Titel „Was trägt uns in
Krisen? Entdeckungen im Dialog“ gegeben. „Aussichtslosigkeit und
Unsicherheit, enttäuschte Hoffnung, Traurigkeit – alles Kennzeichen
für etwas, das wir Krise nennen. Das Gewohnte und Vertraute wird
infrage gestellt, das Normale wird zum Außergewöhnlichen, der
Boden, auf dem man steht, wackelt und bricht weg“, führte sie ein
und nannte vier Krisen, die die heutige Zeit prägen:
Corona-Pandemie, die europäische Flüchtlingskrise von 2015/16, die
globale Finanzkrise von 2006/07 und nicht zuletzt die ebenfalls
globale Klimakrise. „Manche halten das Krisenhafte sogar für DAS
konstitutive Charakteristikum der Spätmoderne, die durch den
Verlust traditioneller Verankerungen gekennzeichnet sei.“ Nun gehe
es darum, mit diesen Krisen umzugehen. „Kraft kann aus Gesprächen
und aus den Geschichten anderer entstehen, aus dem Sprechen mit
Gott, aus dem Sein in der Natur, aus Musik, aus der Nähe zum
Haustier, zu Familie und zu Freunden, ja selbst aus dem
Mit-sich-selbst-allein-Sein“, erklärte die Professorin. Lebendige
Beziehung. Woopen nannte zwei, die ihr besonders wichtig
erscheinen: Solidarität und Berührbarkeit. Für die Professorin ist
Solidarität die entscheidende Grundlage, um eine weltweite Krise
vom Ausmaß und der Komplexität von Corona bewältigen zu können. Zu
Beginn sei es um Solidarität mit den Älteren gegangen, im Moment
würden Ungeimpfte aufgerufen, sich impfen zu lassen. Auch das
Krankenhauspersonal erfahre Solidarität. „Solidarität ist eine
barmherzige Gerechtigkeit, oder wenn man das wie ich finde sehr
schöne, aber für manche altertümlich klingende Wort Barmherzigkeit
vermeiden möchte, eine wohltätige Gerechtigkeit. Solidarität beruht
auf einem Gefühl der Zusammengehörigkeit und fördert dies, und sie
umfasst die Bereitschaft zur Hilfe für diejenigen, die sie
benötigen, auch unter Inkaufnahme eigener Opfer“, fasste Woopen
zusammen. Solidarität sei emotional, institutionell, kulturell und
intellektuell ein Beziehungsgeschehen und ein Ausdruck von
Resonanz. Das gelte für zwei Menschen wie für den Umgang etwa mit
Impfstoffen innerhalb der Weltgemeinschaft. Berührbarkeit „Der
zweite Wert, der für resonante Beziehungen im Sinne Hartmut Rosas
eine geradezu unverzichtbare Voraussetzung ist, ist die
Berührbarkeit“, fuhr die Medizin-Ethikerin fort und erläuterte:
„Bin ich berührbar, so spricht das Wahrgenommene zu mir, dann kann
und werde ich darauf eine Antwort geben, auch wenn die Antwort
zunächst Ratlosigkeit sein kann, ich aber zumindest auf der Suche
nach meiner Stimme bin.“ Berührbar und empfänglich zu sein, habe
eine Voraussetzung. Man müsse für s

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