„Pulheimer Dialoge“: Spurensuche im Hinblick auf jüdisches Leben im Rheinland

„Pulheimer Dialoge“: Spurensuche im Hinblick auf jüdisches Leben im Rheinland

Martin Bock, Leiter der Kölner Melanchthon-Akademie, im Gespräch mit Angelika Schallenberg, Leiterin der Kulturabteilung der Stadt Pulheim
31 Minuten

Beschreibung

vor 2 Jahren
Jüdisches Leben in Deutschland blickt auf eine Geschichte von 1700
Jahren zurück. Und doch ist es bis in die Gegenwart hinein oft
nicht sichtbar geworden. Schmerzhaft sichtbar wird es immer dann,
wenn antisemitische Übergriffe zeigen, dass es den
jahrhundertewährenden Hass gegenüber Juden nach wie vor gibt, dass
Menschen jüdischen Glaubens bis heute vorsichtig sein müssen. Um
das jüdische Leben in Deutschland wahrnehmbarer zu machen, ist in
diesem Jahr, in dem es viele Aktionen und Kreativität zu „1700
Jahre jüdisches Leben in Köln und in Deutschland“ gibt, ein
ökumenisches Projekt der evangelischen und der katholischen Kirche
Köln unter dem Namen „321.koeln“ angestoßen worden. So heißt es auf
der Website der Initiative: Die beiden Kirchen möchten einen
Beitrag dazu leisten, in Kirche, Schule und Gesellschaft jüdisches
Leben wahrzunehmen, kennenzulernen und sich für eine gute
Nachbarschaft von nicht jüdischen Menschen mit Menschen jüdischen
Glaubens einzusetzen. Statement für das gemeinsame Leben von Juden
und Nichtjuden Das digitale Dialogprojekt ist beheimatet im
Kunstraum Synagoge Pulheim-Stommeln. Die Gespräche unter dem
Oberbergriff „Pulheimer Dialoge“ sollen zu einer Spurensuche im
Hinblick auf die Geschichte der Synagoge selbst, aber auch mit
Blick auf das Leben der Menschen jüdischen Glaubens im Rheinland
werden. So sagt Dr. Martin Bock, Leiter der Kölner
Melanchthon-Akademie, Ziel dieser Dialoge sei es auch, ein
„Statement für das gemeinsame Leben von Juden und Nichtjuden in
unserem Land zu setzen – als Zeichen gegen den wachsenden
Antisemitismus.“ Gespräche wird es geben mit Rabbiner Yechiel
Brukner von der Synagogen-Gemeinde Köln, mit einer Kölner
jüdischen Familie sowie mit Tamar Dreyfus, jüdische Pulheimer
Bürgerin und Mit-Autorin des Kinderbuches „Sag niemals, das ist
dein letzter Weg“. Außerdem gestalten Christiane Twiehaus, Leiterin
der Abteilung Jüdische Geschichte und Kultur im Museum „MiQua.
Jüdisches Museum im Archäologischen Quartier“ und Rabbinerin
Natalia Verzhbovska von der Jüdischen Liberalen Gemeinde in Köln
die Pulheimer Dialoge mit. Beeindruckende Installationen Den Anfang
macht Angelika Schallenberg, Leiterin der Kulturabteilung der Stadt
Pulheim, die mit Dr. Martin Bock auf die Geschichte der Synagoge
Stommeln zurückblickt und erläutert, was den Raum als Ort der Kunst
so besonders macht. Seit 1991 setzen sich international bekannte
Künstler mit dem Raum auseinander, lassen sich von der Stille und
der Spiritualität der Synagoge ansprechen und schaffen
beeindruckende Installationen zu ihren Gedanken. Besondere
Atmosphäre Das Gebäude als Kunstraum geht zurück auf den damaligen
Kulturdezernenten, Dr. Gerhard Dornseifer, der sich dafür
einsetzte, die Synagoge durch die Künstler in der Gegenwart zu
verankern. Denn eigentlich, so führt Angelika Schallenberg aus, sei
das Haus geprägt gewesen durch Abwesenheit. Schon seit Mitte der
1920er Jahre gab es kein reguläres jüdisches Gemeindeleben mehr in
Stommeln. Vielmehr wurde das Gebäude, das von der Synagogengemeinde
Köln gekauft worden war, schließlich zum Eigentum eines Landwirtes,
der es für seine Zwecke nutzte, den Davidstern hinter Putz verbarg
und offenbar so die Synagoge vor der Vernichtung durch die
Nationalsozialisten rettete. In den 1980er Jahren erfolgten eine
grundlegende Restaurierung und eine Wiedereinweihungsfeier, die
Jüdische Liberale Gemeinde beging hohe Feiertage in der Synagoge,
bis sie in Köln ein eigenes Haus nutzen konnte. Heute ist die
Synagoge durch ihre zurückgesetzte Lage zwar immer noch ein Stück
weit verborgen und nicht immer geht es in der Kunst darum, gegen
das Vergessen zu arbeiten, doch die besondere Atmosphäre spricht
die Kunstschaffenden an, so Angelika Schallenberg.

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