32. Luhmann Systemtheorie: Recht der Gesellschaft, S. 150, K. 03

32. Luhmann Systemtheorie: Recht der Gesellschaft, S. 150, K. 03

Welche Konsequenzen hat es, dass das Recht seine …
1 Stunde 27 Minuten
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Ulrike Sumfleth und Joachim Feltkamp sind Luhmani…

Beschreibung

vor 3 Jahren
Welche Konsequenzen hat es, dass das Recht seine Funktion in
normativer Form ausübt? Die wichtigste ist: Recht und Politik
differenzierten sich und wurden autonome Funktionssysteme. Da sie
jedoch aufeinander angewiesen sind, stellt sich die Frage,
inwiefern die Systeme „zusammenhängen“. Insbesondere der Begriff
Rechtsstaat verwirrt hier. Er verkettet in der Tat Recht mit
Politik. Die Autonomie der Systeme lässt sich jedoch gut erkennen,
wenn man sich fragt, welches symbolisch generalisierte
Kommunikationsmedium sie jeweils benutzen. Medien sind lose
gekoppelte Elemente, die vorübergehend eine feste Kopplung eingehen
können. Wird ein Text diskutiert, koppelt sich Kommunikation an
Kommunikation. Undiskutiert handelt es sich um lose Elemente.
Symbolisch generalisierte Kommunikationsmedien (SGK) sind
Strukturen, die die Erfolgswahrscheinlichkeit von Kommunikation
generell erhöhen, unabhängig von der Situation. Es handelt sich um
binäre Codes (Geld/kein Geld), die sich selbst im positiven Wert
lokalisieren (das Geld in Zahlungen). Das SGK der Politik ist Macht
bzw. keine Macht ausübende Kommunikation. Im Rechtssystem ist Macht
jedoch kein Faktor! Der Code ist Geltung/keine Geltung. Über- und
Unterlegenheit spielen keine Rolle. Im Gegenteil: Schon im alten
Athen sollte das Recht Arme gegen Reiche schützen. Im Mittelalter
waren Herrscher Gesetzgeber und Richter in einem. Man unterschied
zwischen Macht und Rechtsgeltung. Davon zeugen die Begriffe
gubernaculum (Herrschaftsgewalt) und iurisdictio
(Rechtszuständigkeit). So erkannte der König von England im 14. Jh.
in der Magna Charta Libertatum die Rechte seiner Untertanen an. Die
allmähliche Trennung von Kirchen- und weltlichem Recht trug dazu
bei, die gottgegebene Herrschaft als alleinige „Quelle“ des Rechts
zu hinterfragen. Auf diesen Prozess war das Naturrecht von Hobbes
(† 1679) die plausible Antwort. Das Recht könne nicht auf die
Willkür eines Herrschers zurückgehen. Es habe von Natur aus viele
Quellen, z.B. Traditionen, universale Prinzipien. Seine Theorie vom
Naturzustand besagt, dass es von Natur aus weder Herrschaftsrecht
noch Ungleichheit gibt. Fazit: Das Recht ist menschgemacht! Die
„subjektiven“ Naturrechte werden zur Bedingung für „objektives“
Recht. Hobbes denkt Institutionen konsequent vom freien und
gleichen Individuum aus. Das Individuum wird zum Ausgangspunkt für
die Lösung: staatliches Handeln. Der „souveräne Staat“ wird zur
Notlösung, um das Problem zu artikulieren, dass Gesetzgebung und
Rechtsprechung nicht eins sind. Ein Souverän muss das Gewaltmonopol
übernehmen, weil sonst Krieg Jeder gegen Jeden herrsche. Die
Differenz von Politik und Recht wurde dadurch neu definiert. Es
kommt zur Ausdifferenzierung eines politischen Systems. Dem
gegenüber steht ein Recht, das Jedem individuelle, subjektive
Rechte von Natur aus zubilligt. Auf dieser Grundlage wird die
Anerkennung von Vertragsfreiheit, Eigentum und Rechtsfähigkeit von
Korporationen möglich. Von da an braucht man subjektive Rechte
nicht mehr. Das Rechtssystem hat sich ausdifferenziert. Es normiert
nun selbst, was Recht ist. Kurz, in beiden Systemen geht es zwar um
Erwartungen, die sich auf das Verhalten anderer beziehen – jedoch
in völlig verschiedener Form. Der Unterschied zeigt sich auch bei
der Rechtsdurchsetzung. Hier ging man lange von Verhalten aus. Die
Systemtheorie verlagert den Fokus auf normative Erwartungen. Recht
ermöglicht kontrafaktische Erwartungssicherheit. Diese erzeugt es
mithilfe einer Erwartung an die Politik: dass Regierung,
Staatsanwälte usw. das Recht auch durchsetzen. Die Systeme sind
strukturell gekoppelt.

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