Die oberflächlichen anastomosierenden Venen des humanen Cortex und deren Bedeutung in der Neurochirurgie

Die oberflächlichen anastomosierenden Venen des humanen Cortex und deren Bedeutung in der Neurochirurgie

Beschreibung

vor 17 Jahren
Die Beschäftigung mit dem cerebralen Venensystem hat in der
Neurochirurgie erst in den vergangenen Jahren eine gewisse
Aufmerksamkeit erfahren. Durch die klinische Herausforderung bei
Patienten mit extramesiotemporaler Epilepsie und in häufigen Fällen
erforderlicher Kraniotomie zur Implantation von Gitterelektroden
hat sich die Arbeitsgruppe um Priv. Doz. Dr. P.A. Winkler
(Arbeitsgruppe für Epilepsiechirurgie und Labor für
Neurochirurgische Mikroanatomie der Neurochirurgischen Klinik) in
den vergangenen fünf Jahren mit der systematischen Beschreibung und
später mit der Visualisierung der dominanten anastomosierenden
cerebralen Venen beschäftigt. Bei akribischer Durchsicht der
existierender Literatur fiel auf, dass eine systematische
Beschreibung sowie numerische Verteilung von V. anastomotica
superior (V. Trolard) und V. anastomotica inferior (V. Labbé) nicht
vorlagen. Aus diesem Grunde hatte es sich die vorliegende Studie
zur Aufgabe gemacht, die bestehende Lücke in der gängigen Literatur
zu füllen und dem Neurochirurgen Daten in die Hand zu geben, die er
für die praktische Planung von Zugängen sinnvoll anwenden kann.
Eine erste Beschreibung von vier verschiedenen Typen der
hauptsächlichen anastomosierenden Großhirnvenen wurde von Oka 1985
aus der Arbeitsgruppe von Rhoton geliefert, wobei in dieser Arbeit
Häufigkeiten der einzelnen venösen Drainagetypen nicht angegeben
wurden. Es wurden an 21 Gehirnen (42 Hemisphären) das
Vorhandensein, Lage und Verlauf sowie die Distanzen von V. Trolard
und V. Labbé zu wichtigen cerebralen Landmarken bestimmt. Neben
interessanten anatomischen Varianten konnten fünf Typen der venösen
Großhirndrainage bezogen auf die Kaliberstärke von V. Trolard und
Labbé und ihre jeweilige Beziehung zum oberflächlichen sylvischen
Venensystem klassifiziert werden. Typ I V. Trolard ist die
dominante Vene. Die V. Labbé wurde nicht nachgewiesen oder zeigte
weder zu den Sylvischen Venen noch der V. Trolard eine Verbindung.
Typ II V. Labbé ist die dominante Vene. Die V. Trolard wurde nicht
nachgewiesen oder zeigte weder zu den Sylvischen Venen noch der V.
Labbé eine Verbindung. Typ III Die Sylvische Venengruppe ist
dominierend. Sowohl V. Labbé als auch V. Trolard waren nicht
vorhanden oder ohne Kontakt zur Sylvischen Venengruppe nur
rudimentär angelegt. Typ IV Alle drei anastomosierenden Venen sind
vorhanden, V. Trolard und V. Labbé sind dominierend. Die Sylvische
Venengruppe ist bei diesem Typ sehr schwach ausgeprägt, V. Trolard
und V. Labbé sind eindeutig vorhanden und kommunizieren indirekt
über die Sylvischen Venen. Typ V Direkt Verbindung von V. Trolard
und V. Labbé unter Umgehung der Sylvischen Venengruppe. Sowohl V.
Trolard als auch V. Labbé sind vorhanden, jedoch findet sich keine
Verbindung zwischen diesen Venen und der ebenfalls vorhandenen
Sylvischen Venengruppe. Es besteht dagegen eine direkte Verbindung
zwischen ihnen. Diese Klassifikation der Typen I - V könnte fortan
klinische Anwendung finden, wobei sowohl bei angiographischen
Untersuchungen durch das dabei erstellte Phlebogramm als auch bei
der offenen Inspektion des Situs auf Verteilung und Dominanz
fokussiert werden sollte. Die Kenntnis des im individuellen Fall
vorliegenden Drainagetypus soll in die Überlegungen bei der
Operationsplanung Eingang finden. Für den Bereich der
Epilepsiechirurgie wurde nach umfangreichen, von unserer
Arbeitsgruppe gelieferten mikroanatomischen und
computer-technischen Vorarbeiten die dreidimensionale
Visualisierung der wichtigsten Komponenten des cerebralen
Venensystems bereits realisiert und in den Behandlungsalgorithmus
implementiert. Neben der optimalen mentalen Vorbereitung des
Neurochirurgen auf die geplante Resektion hat die exakte
Visualisierung des Venensystems sehr hohen didaktischen Wert und
hat die Möglichkeiten einer differenzierten Betrachtungsweise im
Hinblick auf die Planung von ausgedehnten Focusresektionen sowie
von multilobären Topektomien in der Epilepsiechirurgie verbessert.

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