Sensibilisierungsparameter gegen Hymenopterengifte bei Patienten mit anaphylaktischer Stichreaktion in Abhängigkeit von Mastzellerkrankungen

Sensibilisierungsparameter gegen Hymenopterengifte bei Patienten mit anaphylaktischer Stichreaktion in Abhängigkeit von Mastzellerkrankungen

Beschreibung

vor 17 Jahren
Mastozytose und/oder erhöhte Mastzelltryptasekonzentrationen im
Serum sind ein Risikofaktor für besonders schwere
systemisch-allergische Stichereignisse bei Patienten mit
vorliegender Hymenopterengiftallergie. Es wurde mehrfach
publiziert, dass bei Patienten mit Mastozytose und Stichanaphylaxie
eine Hymenopterengiftallergie nicht nachweisbar war. Daher wurde
vermutet, dass diese Patienten eine „Pseudo-Allergie“ gegen
Hymennopterengifte haben und es bei erhöhter Mastzellzahl zu einem
toxischen Mediatorrelease kommt. Die Mastozytose ist mit einer
erhöhten Konzentration der Mastzelltryptasekonzentration im Serum
assoziiert. In der vorliegenden Arbeit wurden Patienten mit
Vorgeschichte einer Stichanaphylaxie mit der Frage untersucht, wie
häufig sich eine Allergie gegen das krankheitsursächliche
Hymenopterengift nachweisen ließ. Bei fehlender
Hymenopterengiftsensibilisierung wurde besonderes Augenmerk darauf
gelegt, ob dies mit erhöhter Mastzelltryptasekonzentration im Serum
und/oder Mastozytose (zusammenfassend als Mastzellerkrankung
bezeichnet) verbunden war. Es erfolgte eine retrospektive
konsekutive Erfassung einer Jahrgangskohorte von Patienten, die
sich zur Abklärung einer vermuteten Insektengiftallergie in der
Klinik und Poliklinik für Dermatologie und Allergologie
vorstellten. Dabei wurden 148 Patienten von 224 in die Auswertung
eingeschlossen, bei denen sich eine Insekten¬giftallergie bestätigt
hatte. Ausgeschlossen von der Auswertung wurden insgesamt 76
Patienten, da sich der Verdacht nicht bestätigen ließ oder sie die
erforderlichen Tests zur Diagnosesicherung nicht hatten durchführen
lassen. Ausgewertet wurden die anamnestischen Daten (Geschlecht,
atopische Anamnese, Alter, Schweregrad der anamnestischen
Stichreaktion, zeitlicher Abstand zum Stichereignis, Anzahl der
Stichreaktionen) und die Ergebnisse der Allergietestung
(Pricktestungen mit Hymenopterengift und häufigen Aeroallergenen),
sowie die Bluttests auf spezifische IgE-Antikörper gegen das
entsprechende Insektengift und die Mastzelltryptasekonzentration im
Serum. Die anamnestischen Stichreaktionen waren in 18 % der Fälle
leicht (Urtikaria, Quincke-Ödem), in 64 % mittelschwer und in 18 %
schwer (anaphylaktischer Schock). Die Mastzelltryptasekonzentration
im Serum hatte in unserer Studie eine 95ste Perzentile von 16,9
µg/l. Bei drei Patienten mit Insektengiftanaphylaxie wurde eine
kutane Mastozytose diagnostiziert. Eine Mastzellerkrankung lag bei
14 der 148 (9,5 %) untersuchten Patienten vor, davon hatten 13
Patienten (8,8 %) eine über 11,4 µg/l erhöhte Serumkonzentration
der Mastzelltryptase. Die untersuchten Patienten wurden anhand der
Anamnese und allergologischen Testergebnisse in vier Gruppen
eingeteilt. 29 von 148 Patienten hatten eine Bienengiftallergie, 94
Patienten eine Wespengiftallergie und 20 Patienten eine Bienen- und
Wespengiftallergie. Bei fünf Patienten (3 %) mit anaphylaktischer
Stichreaktion war eine Sensibilisierung gegen Hymenopterengift
nicht nachweisbar, wobei alle min¬destens eine mittelschwere
Reaktion (Schweregrad >2 nach Ring und Messmer) in der
Vorgeschichte hatten. Die Bienen- oder Wespengift-allergischen
Patienten reagierten alle im Hauttest gegen das
krankheitsursächliche Insektengift. Spezifische IgE-Antikörper
gegen das krankheitsursächliche Insektengift konnten im Falle der
Bienengift-allergischen Patienten in 86 % und bei den
Wespengift-allergischen Patienten in 87 % der Fälle nachgewiesen
werden. Bei den Patienten mit kutaner Mastozytose konnte für zwei
von drei Patienten kein Nachweis spezifischer IgE-Antikörper gegen
Hymenopterengift erbracht werden, hingegen war die Hauttestreaktion
bei allen Patienten positiv gegen das krankheitsursächliche
Insektengift. Alle drei Patienten hatten in der Vorgeschichte
jeweils eine schwere Stichreaktion. Bei den Patienten mit den über
20 µg/l erhöhten Mastzelltryptasekonzentrationen im Serum war in
drei von vier Fällen ein Nachweis spezifischer IgE-Antikörper
erbracht worden, hingegen war der Hauttest immer positiv für das
krankheitsursächliche Insektengift. Zusammenfassend zeigte sich in
dieser Auswertung kein Anhalt dafür, dass das Vorliegen einer
Mastozytose oder einer erhöhten Mastzelltryptasekonzentration im
Serum, bei gleichzeitigem Vorliegen einer Stichanaphylaxie,
assoziiert ist mit einem fehlenden Nachweis einer
Insektengiftsensibilisierung. Im Hinblick auf die
Mastzelltryptasekonzentration im Serum hatte eine größere Anzahl
von Patienten (8,8 %) einen über die 95ste Perzentile erhöhten
Wert. Somit scheint bei Insektengiftanaphylaxie häufiger eine
erhöhte Mastzelltryptasekonzentration im Serum vorhanden zu sein.
Es liegt bei Mastozytosepatienten mit schweren Stichreaktionen
offensichtlich keine „Pseudo-Allergie“ vor, sondern eine echte
Allergie. Es ist davon auszugehen, dass die veröffentlichten Fälle
einen „Publikations-Bias“ darstellen. Bei systematischen
Untersuchungen an einem größeren Kollektiv lässt sich ein
pauschaler Zusammenhang zwischen „Testnegativität“ bei
Hymenopterengiftallergie und Mastzellerkrankung nicht nachweisen.
Die Diagnostik einer Insektengiftallergie war bei der vorliegenden
Untersuchung im Falle einer Mastzellerkrankung (Mastozytose
und/oder erhöhte Mastozytosekonzentration) nicht regelhaft
erschwert. Gerade bei diesen Patienten ist eine
Hyposensibilisierungsbehandlung sehr bedeutsam und kann erst dann
eingeleitet werden, wenn ein Sensibilisierungsnachweis vorliegt.

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