EPoDia – Studie. Evaluation Präoperativer Diagnostik. Evaluation einer neuen Leitlinie zur präoperativen Diagnostik hinsichtlich medizinischer Effizienz und Wirtschaftlichkeit

EPoDia – Studie. Evaluation Präoperativer Diagnostik. Evaluation einer neuen Leitlinie zur präoperativen Diagnostik hinsichtlich medizinischer Effizienz und Wirtschaftlichkeit

Beschreibung

vor 17 Jahren
Einleitung Präoperative Routinediagnostik, wie ein 12-Kanal-EKG,
Röntgenthoraxübersichtsaufnahmen und Laboruntersuchungen, wird in
nahezu allen Bereichen der anästhesiologisch-operativen Versorgung
zur objektiven Einschätzung des zu erwartenden
anästhesiologisch-operativen Risikos eingesetzt. Die Vielzahl von
existierenden internationalen und nationalen, aber auch
abteilungsinternen Leit- und Richtlinien zur präoperativen
Diagnostik vor anästhesiologisch begleiteten Eingriffen sind selten
Evidenz-basiert und führen häufig zu ungeregelten Arbeitsabläufen,
einem zeitlichen und personellen Mehraufwand, hohen Kosten sowie
unnötiger Patientenbelastung. Zielsetzungen Die Implementierung
einer neu gestalteten „Leitlinie zur präoperativen Diagnostik“ wird
zur Beurteilung der Effizienz, der Umsetzung und der ökonomischen
Einsparpotentiale bei gleicher oder verbesserter medizinischer
Versorgungsqualität und Sicherheit evaluiert. Material und Methodik
Die vorliegende Studie vergleicht zwei Patientengruppen von
insgesamt 800 Patienten mit einer elektiven oder dringlichen
Operationsindikation (ausgenommen Notfalloperationen) einer
universitätsklinischen Station mit unfallchirurgischem Schwerpunkt
aus zwei Halbjahreszeiträumen der Jahre 2000 und 2001. Die
Patientengruppe 2000 wurde retrospektiv, das heißt vor Einführung
der „Leitlinie zur präoperativen Diagnostik“, die Patientengruppe
2001 in einem prospektiven Ansatz nach deren Einführung untersucht.
Die untersuchte “Leitlinie zur präoperativen Diagnostik” beinhaltet
auf die Anamnese gestützte sowie klinische Indikationen, die
Hinweise auf ein erhöhtes kardiopulmonales Risiko geben. Sie
berücksichtigt zudem das Alter sowie das geplante Narkoseverfahren
als Indikation für die Durchführung einer apparativen Diagnostik: -
EKG: m ≥ 45 Jahre, w ≥ 55 Jahre - Röntgenthorax und Basislabor
[Quick, apTT, Thrombozyten, Hb, Kalium, Kreatinin]: Patienten ≥ 65
Jahre - Gerinnungslabor: alle Patienten, die für eine
rückenmarksnahe Anästhesie in Frage kommen Mithilfe einer
speziellen, für diesen Zweck entwickelten Microsoft Access
2000-Datenbank wurden Daten der Protokolle der präoperativen
anästhesiologischen Visite, des Krankenhausinformationssystems
(Stammdaten, Laborwerte, Radiologiedaten), der Narkoseprotokolle
sowie der Protokolle aus der Aufwachraumeinheit erfasst und
ausgewertet. Wichtigste Resultate Mit Einführung der „Leitlinie zur
präoperativen Diagnostik“ konnte die Anzahl der Patienten, die eine
EKG-, Röntgenthorax- und Basislaboruntersuchung erhielten,
signifikant um 71,3% reduziert werden. Im Einzelnen kam es zu
differenzierten Veränderungen: Während EKG-Untersuchungen von 75,1%
auf 57,3% (minus 23,7%) und Röntgenthoraxuntersuchungen von 61,6%
auf 16,4% (minus 73,4%) gesenkt werden konnten, blieben
Basislaboruntersuchungen (94,5% auf 95%) und Gerinnungslabor (94,1%
auf 94,7%) unverändert. Infolge der vermehrten Durchführung
indizierter Untersuchungen nahm der Anteil pathologischer Befunde
bei EKG-Untersuchungen von 20,1% auf 28,6% (plus 42,3%) und bei
Röntgenthoraxuntersuchungen von 14,2% auf 93% (plus 554,9%) zu. Es
erfolgte ebenfalls ein Anstieg des Anteils pathologischer Befunde
bei den Basislaboruntersuchungen: Hämoglobin: von 14,4% auf 20%
(plus 38,9%); Kalium: von 0,7% auf 1,1% (plus 57%); Kreatinin: von
2,4% auf 4,2% (plus 75%); Quick: von 5,9% auf 6,6 (plus 11,9%);
apTT: von 11% auf 12% (plus 9,1%); Thrombozyten: von 4,4% auf 6%
(plus 36,4%). Kardiopulmonale Risikopatienten zeigten im Vergleich
zu kardiopulmonal unauffälligen Patienten bei allen präoperativen
Diagnostikverfahren signifikant häufiger pathologische
Untersuchungsergebnisse. Die Inzidenz intra- bzw. postoperativer
Auffälligkeiten waren bei diesen Patienten statistisch unverändert
(G 2000: 48,8% bzw. G 2001: 56,4%; p=0,221). Bei EKG-Untersuchungen
kardiopulmonal unauffälliger Patienten wurden weder vor noch nach
Einführung der Leitlinie pathologische Befunde erhoben. Die Rate
der kardiopulmonal unauffälligen Patienten, die mindestens einen
pathologischen Wert bei Basislaboruntersuchungen aufwiesen, erhöhte
sich ebenfalls nicht signifikant. Zwar hatte sich die Häufigkeit
pathologischer Röntgenthoraxbefunde signifikant erhöht, dies führte
jedoch bei keinem der sechs betroffenen Patienten zu einer
erkennbaren Änderung des perioperativen Managements, noch trat eine
intra- bzw. postoperative Auffälligkeit bei diesen Patienten auf.
Insgesamt hatte die mit der Einführung der Leitlinie verbundene
Reduktion präoperativer Routineuntersuchungen keine signifikanten
Veränderungen der perioperativen Auffälligkeiten bzw.
Komplikationen zur Folge. Schlussfolgerung Die Ergebnisse dieser
Studie belegen, dass präoperative Routineuntersuchungen bei der
Identifizierung von Patienten mit erhöhtem perioperativen Risiko
nicht effizient sind. Ein anamnestischer bzw. klinischer
kardiopulmonaler Risikofaktor als Indikation für eine apparative
präoperative Diagnostik stellte sich hingegen als sinnvoll und
notwendig heraus. Der Umfang der präoperativen Diagnostik sollte
sich daher zukünftig bedarfsorientiert nach den durch gründliche
Anamnese und körperliche Untersuchung erhobenen Befunden richten.
Eine Verschlechterung der Versorgungsqualität ist hierdurch nicht
zu befürchten. Zudem können durch bedarfsgerechte Untersuchungen
unnötige Risiken und Verletzungen bei gesunden Patienten vermieden
werden. Da der Arzt Risiko und Erfolgsaussicht einer Behandlung
sorgfältig gegeneinander abzuwägen hat und auf Risikominimierung
bedacht sein muss, sind präoperative Untersuchungen bei Patienten
nur dann vorzunehmen, wenn eine relevante Wahrscheinlichkeit eines
pathologischen Befundes besteht, der selbst wiederum mit einer
Änderung im Patientenmanagement einhergeht. Eine Beschränkung
präoperativer Routineuntersuchungen auf Patienten mit perioperativ
erhöhtem Risiko unter Verzicht auf eine Altersindikation kann
zusätzlich zu einer Kosteneinsparung führen.

Kommentare (0)

Lade Inhalte...

Abonnenten

15
15
:
: