Screening zu Komorbidität von Depression in der Primärversorgung: Validität zweier Screeninginstrumente zur Komorbiditätsdiagnostik (Angst- und somatoforme Störungen)

Screening zu Komorbidität von Depression in der Primärversorgung: Validität zweier Screeninginstrumente zur Komorbiditätsdiagnostik (Angst- und somatoforme Störungen)

Beschreibung

vor 17 Jahren
Ca. 60% aller depressiven Patienten leiden an einer Komorbidität
mit Angst- und/oder somatoformen Störungen, wodurch sich die
Belastungen der Erkrankung in der Regel wesentlich erhöhen.
Komorbid vorliegende Störungen werden jedoch häufig
unter-diagnostiziert, was sich negativ auf den Erkrankungsverlauf
und die Nutzung des Gesundheitssystems auswirkt. Eine Möglichkeit,
das diagnostische Defizit komorbider Störungen in der
Primärversorgung zu verringern, besteht im Einsatz von
Screeninginstrumenten. Das Hauptziel der vorliegenden Untersuchung
bestand in einer Überprüfung der Validität der Screeningfragebögen
General Health Questionnaire (GHQ-12) und Well-Being-Index (WHO-5).
Es wurde ebenfalls exploriert, inwieweit sich in beiden Fragebögen
Items oder Itemkombinationen finden lassen, die eine valide
Diagnose komorbid zu Depression vorliegender Angst- und/oder
somatoformer Störungen erlauben. Des weiteren wurden die Häufigkeit
der drei einzelnen Störungsbilder, ihre Komorbiditätsraten sowie
verschiedene Zusammenhangsmaße für die drei untersuchten
Störungsbilder ermittelt. Als Goldstandard wurde das Diagnostische
Expertensystem für Psychische Störungen (DIA-X) eingesetzt. Die
Datenerhebung wurde in Kooperation mit insgesamt 23 Hausarztpraxen
der Stadt Nürnberg durchgeführt. Das diagnostische Interview
erfolgte telefonisch. Insgesamt umfasste die Stichprobe 394
Patienten. Im Zusammenhang mit der Untersuchung der Validität
wurden multinomiale Regressionsanalysen durchgeführt, ROC-Kurven
erstellt und die dazugehörigen Sensitivitäts-, Spezifitäts- und
AUC-Werte ermittelt. Sowohl für depressive (Lebenszeit: 41.6%;
aktuell: 22.8%), Angst- (35%; 15.7%) und somatoforme Störungen
(50.3%; 25.4%) zeigten sich hohe Prävalenzen. Auch die
Komorbiditätsraten lagen mit 32.4% (14.9%) für depressive Patienten
bezogen auf die Gesamtstichprobe und 80% bzw. 65.5% beschränkt auf
die Gruppe der depressiven Patienten sehr hoch. Odds Ratios von 8.5
für das gemeinsame Auftreten aktueller depressiver mit
Angststörungen sowie 4.5 für depressive und somatoforme Störungen
zeigen enge Zusammenhänge zwischen den Störungen. Insgesamt kommen
alle drei Störungen häufiger gemeinsam vor als in
Zweierkombinationen oder einzeln. Sowohl die Validitätskennwerte
des GHQ-12 als auch die des WHO-5 erwiesen sich als mittelmäßig zur
Diagnostik von Angst- und somatoformen Störungen, mit etwas
besseren Werten für den GHQ-12. Bei der Suche nach einzelnen Items
oder Itemkombinationen konnte in 74% der Fälle mittels des
WHO-5-Items 5 richtig zwischen reiner Depression und Depression
komorbid mit Angststörungen unterschieden werden. Die
Unterscheidung der übrigen Gruppen lag lediglich im Bereich der
Zufallswahrscheinlichkeit von 50%. Eine valide Differenzierung der
Gruppen anhand der GHQ-12 und WHO-5-Summenwerte war ebenfalls nicht
möglich. Angesichts der erzielten Ergebnisse wird ein alleiniger
Einsatz des WHO-5 oder des GHQ-12 zur Komorbiditätsdiagnostik von
Angst- und somatoformen Störungen bei Depression nicht empfohlen.
Nachdem gut validierte andere Instrumente (z.B. PHQ oder Prime-MD)
vorliegen, um mehrere psychische Störungen in der Primärversorgung
zu screenen, stellt die routinemäßige Verwendung dieser
weitergefassten Instrumente eventuell eine effektivere Alternative
dar. Insgesamt besteht von daher weiterer Forschungsbedarf
hinsichtlich der langfristigen Effekte von Screening mit weiter
gefassten Instrumenten.

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